Tong Yanrunan ist berühmt für seine Porträts. In aller Regel finden seine Porträtsitzungen im Atelier oder auch in Museen in direktem non-verbalem Austausch statt. Aufgrund der noch aktuellen Pandemie-Situation verzichtet das Osthaus Museum auf die geplanten Porträtsitzungen, die zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden können. Es werden ca. 80 kleinformatige Porträts zu sehen sein, denen – auf Wunsch des Künstlers – Gemälde aus der eigenen Sammlung gegenübergestellt werden. Diese sind: 

- Max Beckmann, Dame mit Hut, 1941 
- Alexej von Jawlensky, Barbarenfürstin, um 1912 
- Heinrich Maria Davringhausen, Mann im blauen Rock, 1915 
- Wilhelm Morgner, Selbstbildnis (XVI), 1912 
- Heinrich Nauen, Porträt Christian Rohlfs, 1919 

Durch diese Gegenüberstellung von Bildnissen der Westkunst mit Porträts von Tong Yanrunan werden sowohl Unterschiede in der kompositionellen Auffassung wie auch im Verständnis eines Menschenbildes evident. 

Bei den Porträtsitzungen von Tong Yanrunan kommunizieren Maler und Modell in aller Regel nicht miteinander. Der Maler nimmt sich, so hat es Dieter Ronte beschrieben, etwa eineinhalb Stunden Zeit, um ein Porträt fertigzustellen. Die ganze Sitzung wird gefilmt, um ein Dokument des stattgefundenen Ereignisses zu erhalten. Die Porträtierten dürfen den Hintergrund aussuchen, dann beginnt eine konzentrierte Sitzung ohne sich auszutauschen. Tong Yanrunan porträtiert nicht in einer klassischen Weise, in dem er das Bild zunächst zeichnerisch gestaltet, sondern à la prima, die Acrylfarben werden direkt auf die Leinwand aufgetragen, größere Korrekturen sind nicht möglich, am Ende der Sitzung wird das Bild dem Modell gezeigt. Alle bisher Porträtierten waren sich in aller Regel darüber einig, dass sie von einem souverän arbeitenden Meister der Malerei dargestellt sind. Diese Sitzungen kamen für viele von ihnen einer Meditation gleich. 

Tong Yanrunan arbeitet in jener modernen Art und Weise, wie sie Van Gogh vorgegeben hatte. Es geht nicht so sehr darum, detailhaft zu arbeiten, das würde eine andere Zeitschiene erforderlich machen, es geht darum, die wesentlichen Merkmale eines Menschen auf ein Bild zu bannen, in einer Weise, die eine Porträtähnlichkeit ebenso mit sich bringt, wie eine allgemeine Darstellung. Das Transzendieren, das Überschreiten in eine formelle wie intellektuelle Ebene, gehört zu den großen Fertigkeiten Tong Yanrunans. So ist der malerische Akt auch zu verstehen. Der Maler erarbeitet sich sein Bild in induktiver Weise, er setzt einen Strich nach dem anderen, das Bild vervollkommnet sich quasi von selbst. Nicht jede Partie eines Gesichtes wird in gleicher Weise betont. Die Strichführung ist expressiv zu nennen, was bedeutet, dass der Maler eine dargestellte Person jenseits einer exakten Darstellung überträgt. 


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 12:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: esmh.de

01.10. - 15.11.2020

Tong Yanrunan: Face to Face

Osthaus Museum Hagen

Museumsplatz 1
58095 Hagen