Eine Liebe über den Tod hinaus | Kalender des Jahres 1935 mit tagebuchartigen Einträgen der Tänzerin und Choreographin Dore Hoyer. Eingelegt ein Privatfoto aus dem Jahr 1935, das Dore Hoyer und den Komponisten Peter Cieslak zeigt, der 1932 erste Kompositionen für Tänze von Dore Hoyer erstellt. Peter Cieslak scheidet am 5. April 1935 aus eigenem Willen aus dem Leben. Die Erinnerung daran wird Dore Hoyer zeitlebens nicht verlassen. Deutsches Tanzarchiv Köln – Bestand 001 Dore Hoyer 

Die Seele eines Archivs sind seine Dinge. In einem Archiv der Tanzkunst sind es die Dinge, die sich allein qua ihrer Existenz ganz augenscheinlich der Flüchtigkeit des Tanzes widersetzen. Sie tragen in sich kleine und große Geschichten vom Tanz, aus denen sich wiederum Tanzgeschichte zusammensetzt. Und sie sind dazu geeignet, uns immer wieder aufs Neue von der Faszination der Tanzkunst zu überzeugen.

Mit über 500 Nachlässen, Vorlässen und personenbezogenen Sammlungen verfügt das Deutsche Tanzarchiv Köln über einen der bedeutendsten Archiv- und Wissensbestände zur Geschichte und Gegenwart der Tanzkunst im deutschsprachigen Raum. Hunderte von Archivkartons beherbergen in klimatisierten Depots im Kölner Mediapark einen einzigartigen Schatz an Dokumenten und Materialien, die Tanzschaffende aller Professionen im Laufe ihres Lebens zusammengetragen und hinterlassen haben.

Tag für Tag faszinieren diese Zeugnisse gelebten Lebens Studierende und Wissenschaftler aus aller Welt. Als historische Quellen sind diese Dokumente wesentlicher Bestandteil von Ausbildung, Lehre und Forschung zum Thema Tanz.  

A Day in the Life – I read the news today oh boy | About a lucky man who made the grade | And though the news was rather sad | Well I just had to laugh | I saw the photograph…  The Beatles | 1. Juni 1967 

In seiner neuen Jahresausstellung erzählt das Deutsche Tanzarchiv Köln anhand ausgewählter und eher ungewöhnlicher Objekte aus seiner Sammlung Geschichten aus der Geschichte des Tanzes. Episoden eines Lebens für den Tanz, die von der Euphorie des Aufbruchs ebenso geprägt sind wie vom Triumph des Gelingens oder der Ernüchterung in der Krise, im Scheitern. Gleichzeitig entfalten diese Geschichten auf ihre Art auch ein subjektiv-historisches Panorama der Tanzkunst im 20. Jahrhundert aus der Perspektive seiner prominenten und weniger prominenten Akteure.

Zwölf Präsentationen gleich wie Zeitkapseln schlagen Bogen in die Gegenwart
Zeitkapseln gleich bieten die zwölf Präsentationen im Tanzmuseum den Besucherinnen und Besuchern die Möglichkeit, durch die Zeit zu reisen, sich gefangen nehmen zu lassen von Dingen, die man in einer historischen Ausstellung über Tanz nicht unbedingt vermuten würde: vom Tageskalender einer Choreographin, der neben den wöchentlichen Lebenshaltungskosten auch kurze tagebuchartige Vermerke enthält über ein Telegramm mit einer Bitte um Teilnahme an einer kurzfristig angesetzten Probe bis hin zum gezeichneten Selbstportrait eines Kindertanzstars oder einem Programmzettel mit handschriftlichen Notizen eines Zuschauers. All diesen Objekten ist eigen, dass sie auf ihre Art einen Bogen in die Gegenwart schlagen, dass sie aus ihrer Existenz heraus Antworten auf die grundlegende Frage geben – Was liegt zwischen Beginn und Ende eines der Tanzkunst gewidmeten Lebens?

Erinnerungen und Objekte veranschaulichen, wie sie über Raum und Zeit zusammengefunden haben – aller Flüchtigkeit und Vergänglichkeit zum Trotz. Und so wird der Besucher im Laufe seines Gangs durch die Ausstellung im Tanzmuseum selbst zum Erzählenden, der ausgehend von den Dingen eines Archivs die Fäden einer möglichen Erzählung aufnimmt und weiterspinnt – Möglichkeitsräume erkundend. Um am Ende vielleicht vor dem Diktum des Schriftstellers Thomas Bernhard zu kapitulieren: „Alle leben mindestens drei Leben, ein tatsächliches, ein eingebildetes und ein nicht wahrgenommenes.“