Die Kunsthalle zeigt vom 26. November 2022 bis 28. Mai 2023 eine Auswahl von Lovis Corinths grafischen Blättern aus eigenem Bestand. Mit rund 50 Arbeiten werden klassische Themen wie Landschaft und Porträt ebenso beleuchtet wie mythologische und biblische Szenen. Auch ist eine Auswahl an Grafiken zu literarischen Werken wie Goethes Schauspiel Götz von Berlichingen zu sehen. Eine besondere Bedeutung in Corinths Werk haben die Darstellungen seiner Familie. Wie nur wenige Künstler*innen seiner Zeit präsentiert er in seiner Arbeit ausführlich sein Ehe- und Familienleben und widmet diesem sogar eine eigene Grafikserie mit dem Titel Bei den Corinthern. Doch nicht nur seine Familie ist ein häufig wiederkehrendes Motiv. Auch das Selbstporträt spielt für Corinth eine wesentliche Rolle. Sein erstes gemaltes Selbstbildnis entsteht 1888. Er nutzt fortan das Selbstporträt bis an sein Lebensende als Möglichkeit zur Selbstanalyse.

Die Ausstellung ist chronologisch in die Bereiche Porträts, Aktdarstellungen, mythologische und biblische Motive, Landschaften sowie literarische Vorlagen gegliedert. Auch das berühmte Skizzenbuch aus der Zeit in Paris (1884-1887) ist Teil der Grafischen Sammlung der Kunsthalle und wird in der Ausstellung zu sehen sein. Es zeigt Corinths Anfänge als akademisch geschulter Künstler des späten 19. Jahrhunderts. In der Grafik ist Corinths Entwicklung besonders gut nachzuvollziehen. Er schätzt die Technik der Kaltnadelradierung, die seiner kraftvollen, manchmal brachialen Arbeitsweise entgegenkommt. Es entstehen Werke in einer expressiven, damals völlig neuartigen Arbeitsweise. Die Ausstellung zeigt entlang meisterhafter Grafiken aus dieser Phase, warum Corinth als Brückenfigur zwischen Tradition und Moderne verstanden wird.

Lovis (eigentlich Franz Heinrich Louis) Corinth wird am 21. Juli 1858 als Sohn des Gerbers Heinrich Corinth und dessen Frau Wilhelmine im ostpreußischen Tapiau geboren. Von 1876 bis 1880 studiert Corinth an der Königsberger Kunstakademie und anschließend bis 1884 an der Münchner Akademie, an der er in die naturalistische Malerei und die konservative Historienmalerei eingeführt wird. An der Pariser Academie Julien, die er bis 1887 besucht, erhält er eine Ausbildung in der Akt- und Figurenmalerei. Nach kurzen Aufenthalten in Königsberg und Berlin kehrt Corinth nach München zurück und tritt 1892 der Münchener Secession bei. Der Ausschluss folgt jedoch nur ein Jahr später, als er u.a. mit Wilhelm Trübner und Max Slevogt die Freie Vereinigung gründet, um ihre Ausstellungssituation zu verbessern.

Um 1900 pendelt Corinth zwischen Berlin und München und erzielt dort mit Druckgrafiken und Zeichnungen erste Ausstellungserfolge. Bestärkt durch den Landschaftsmaler und Freund Walter Leistikow zieht Corinth 1901 nach Berlin, wird Mitglied der Berliner Secession und gründet dort eine Malschule für Frauen. Seine erste Schülerin ist Charlotte Berend, die 1903 zu seiner Ehefrau und zukünftig für zahlreiche Portraäts Modell stehen wird.

1911 wird Corinth Vorsitzender der Berliner Secession. Noch im gleichen Jahr erleidet er einen Schlaganfall, der ihn halbseitig lähmt. Bereits ein Jahr später beginnt er wieder zu malen. Lovis Corinth gilt neben Max Liebermann und Max Slevogt als einer der Hauptvertreter des deutschen Impressionismus, doch tendieren seine späteren Werke in zunehmendem Maße zu einem expressionistischen Stil.

Ab 1919 zieht sich Corinth immer mehr aus der Großstadt zurück und verbringt mit seiner Familie viel Zeit im oberbayerischen Urfeld am Walchensee, wo seine Ehefrau, die Künstlerin Charlotte Berend- Corinth, ein Haus errichten lässt. Dort entstehen die Walchensee- Bilder, die sein Spätwerk prägen. Er stirbt am 17. Juli 1925 an einer Lungenentzündung während einer Reise nach Amsterdam.