Die Kunsthalle zu Kiel zeigt vom 8. Oktober 2022 bis 5. März 2023 die Ausstellung 1+1=3 Die Kunstwelten der Mary Bauermeister. Mit rund 60 Exponaten von Mitte der 1950er bis in die 1970er Jahre bietet die Ausstellung nun erstmals in diesem Umfang in Deutschland Einblicke in das verzweigte wie eigenwillige künstlerische Schaffen von Mary Bauermeister. Hochkarätige Schlüsselwerke veranschaulichen ihren Einfluss auf die Kunstszene dieser Zeit. Bereits damals erklärt die heute 88-Jährige die mathematisch falsche Addition „1+1=3“ zu ihrer Signatur. Diese steht bis heute für die Offenheit einer Künstlerin, die sich dem vermeintlich Logischen widersetzt und das Überraschende sowie den Zufall künstlerisch fruchtbar macht.

Die Ausstellung beleuchtet in chronologischer Gliederung die künstlerische Genese Mary Bauermeisters von der Malerei zur Objektkunst: Von abstrakten Punktstrukturbildern, über frühe Experimente zu Beginn der 1960er Jahre mit vermeintlich kunstfernen Materialien wie Steinen, Holz, Sand oder Bienenwaben bis hin zu ihren spektakulären Linsenkästen. Der Komponist Simon Stockhausen hat eigens für einen Raum der Ausstellung eine Klanginstallation geschaffen.

Mary Bauermeister wird am 7. September 1934 in Frankfurt am Main geboren. Die ersten Lebensjahre verbringt Bauermeister in Kiel, Ende der 1930er Jahre zieht sie mit ihrer Familie in die Nähe von Köln. 1955 beginnt sie ihr Studium an der Hochschule für Gestaltung in Ulm, anschließend wechselt sie nach Saarbrücken an die Hochschule für Kunst und Handwerk. Ende 1956 kehrt Bauermeister nach Köln zurück, richtet sich als freie Künstlerin ein Atelier ein und bestreitet ihren Lebensunterhalt von nun an mit dem Verkauf ihrer Kunst. Wenig später entstehen die ersten Punktstrukturbilder auf Leinwand und sie entwickelt die Technik für ihre Wabenbilder.

Anfang der 1960er Jahre mietet Bauermeister eine Dachgeschosswohnung in der Lintgasse 28 in Köln, in der legendäre Ausstellungen, Performances und Aktionen mit internationalen Gästen wie John Cage, David Tudor oder Nam June Paik stattfinden. Zu dieser Zeit beginnt auch die langjährige Beziehung mit dem Komponisten Karlheinz Stockhausen. Einige Jahre später, 1962, erhält das Paar im Stedelijk Museum Amsterdam die Möglichkeit, eine Ausstellung von aktuellen Werken Bauermeisters mit Kompositionen elektroakustischer Musik unter der Leitung von Stockhausen zu verbinden. Das Konzept, Kunst und Musik in einen fruchtbaren Austausch zu bringen, erweist sich als äußerst erfolgreich und verschafft Mary Bauermeister den künstlerischen Durchbruch. Kurze Zeit später findet sie in New York ihre neue Wahlheimat. Längst steht nicht mehr die Malerei im Fokus der Künstlerin. Zusehends dominieren Material- und Objektcollagen wie Steinarbeiten und Lichttücher ihre Arbeit. In New York entsteht auch das erste Exemplar der Linsenkästen. Bei diesen Objekten handelt es sich um ebenso komplex wie raffiniert aufgebaute Werke, in denen die Künstlerin Glas, optische Linsen mit zeichnerischen Elementen und schriftlichen Botschaften kombiniert. Die Linsenkästen avancieren schnell zu ihrer bekanntesten Werkgruppe. Die New Yorker Kunstwelt zeigt sich begeistert. In zahlreichen Ausstellungen sind ihre Werke vertreten – viele Privatsammlungen und Museen in den USA kaufen ihre Werke an.

Anfang der 1970er Jahre kehrt Mary Bauermeister nach Deutschland zurück und bezieht das bereits 1968 in Rösrath erbaute eigene Wohnhaus. Ihre Kunst verändert sich in den Folgejahren. Sie beginnt sich verstärkt mit der künstlerischen Gestaltung von Gärten auseinanderzusetzen und übernimmt einige Aufträge für Großbauvorhaben. Eine Zeitlang wird es ruhiger um die Künstlerin, bis ihr Werk in den 2000er Jahren wieder mehr in den Blick rückt. Heute sind ihre Arbeiten unter anderem im Besitz des Museum of Modern Art, des Whitney Museum, des Guggenheim Museum (alle in New York), des Hirshhorn Museum in Washington, des Stedelijk Museum und des Museum Ludwig in Köln. 2011 veröffentlicht sie ihr autobiografisches Buch Ich hänge im Triolengitter - Mein Leben mit Karlheinz Stockhausen.

Im Juni 2020 wird Bauermeister das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland für ihr künstlerisches Schaffen verliehen. Im November 2021 erhält sie den Kunstpreis des Landes NordrheinWestfalen. 

Zur Ausstellung erscheint im Verlag der Buchhandlung Walther und Franz König, Köln ein Katalog mit einem Gespräch zwischen Mary Bauermeister und Hans Ulrich Obrist sowie Beiträgen von Anette Hüsch, Hauke Ohls und Regina Göckede.

In Kooperation mit Die Pumpe e.V. wird der Dokumentarfilm Mary Bauermeister: Eins und eins ist drei (Deutschland 2020, Regie: Carmen Belaschk, Länge: 102 Minuten) an drei Terminen im Kommunalen Kino in der Pumpe in Kiel aufgeführt.