Die Liebieghaus Skulpturensammlung widmet sich 2023 einer der aufregendsten Verbindungen in der Geschichte der Menschheit – jener zwischen Kunst und Technik. Es ist eine globale Erzählung voller Mythen und Visionen, geheimnisvoller Fabeln, fiktiver und realer Innovationen und herausragender Meisterwerke. Die Ausstellung mit dem Titel „Maschinenraum der Götter. Wie unsere Zukunft erfunden wurde“ berichtet von der Geschichte der Wissenschaften in den antiken, arabischen und asiatischen Kulturen und ihrem Einfluss auf die Entwicklung der Kunst. In der Antike sind Technologie und Kunst eng miteinander verwoben. Der griechische Begriff techne steht für alle „Künste“ – ob Ingenieurs- oder Baukunst. Es geht vornehmlich um das Wissen und das Forschen des menschlichen Geistes. Wissenschaftliche Forschung wird gefördert, um den Menschen zivilisatorisch und kulturell weiterzubringen. Ob die Pyramiden des altägyptischen Masterminds Imhotep, die vom griechischen Autor Heron beschriebenen mechanischen Automaten und animierten Skulpturen oder Experimente mit der ersten Camera Obscura durch den arabischen Mathematiker Alhazen, sie alle stehen beispielhaft dafür, wie wissenschaftliches und künstlerisches Arbeiten zusammengehen.

In Frankfurt werden 97 bedeutende Werke aus internationalen Museumssammlungen wie etwa aus dem Museo Archeologico Nazionale in Neapel, dem Metropolitan Museum of Art in New York, den Musei Capitolini in Rom, dem Kunsthistorischen Museum in Wien sowie aus dem Bestand der Liebieghaus Skulpturensammlung präsentiert – darunter etwa die Statuette des Imhotep (Ägypten, 332–30 v. Chr.), die Statue der Athena (römisch, 1. Jh. n. Chr.), die Statue des Atlas (sog. Atlas Farnese) (römisch, 2. Jh. n. Chr. mit neuzeitlichen Ergänzungen), der Kopf eines Buddha (Kambodscha, Angkhor Wat, Ende 12. – Anfang 13. Jh.), ein Universalastrolabium (von A?mad ibn as-Sarr??, Syrien, 1328–1329), die Maria Immaculata (von Matthias Steinl, Wien, 1688) oder der Apollo Kithara (von Jeff Koons, 2019–2022). Eine multimediale Ausstellungsarchitektur verwandelt das gesamte Liebieghaus in ein Museum, in dem Kunst und Wissenschaft aus über fünf Jahrtausenden lebendig werden.

Die Konzeption der Ausstellung ist eingebunden in ein Netzwerk aus Künstlern und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen. So werden etwa im Liebieghaus die spektakulären Ergebnisse der französischen Grabungen an der Domus Aurea (64 n. Chr.) gezeigt, der extravaganten römischen Palastanlage des Nero mit ihrem großen und luxuriösen Bankettsaal, der durch einen wiederentdeckten gewaltigen Mechanismus wie eine Art Drehbühne unter einem künstlichen Sternenhimmel angetrieben wurde. Ebenso werden die von Heron (1. Jh. v. oder 1. Jh. n. Chr.) detailliert geschilderten mechanischen Wunderwerke in der Ausstellung präsentiert. Hierzu zählt das vollautomatische Theater, das einen tragischen Sagenstoff in mehreren Aufzügen mit Licht- und Geräuscheffekten vorführte oder das düsengetriebene Figurenkarussell, das offensichtlich mit filmähnlichen visuellen Effekten arbeitete. Zwei außerordentlich detailreich gearbeitete Bronzestatuen eines Kindes, das ein Rebhuhn jagt, können versuchsweise als Elemente eines solchen kinematografischen Wunderrades rekonstruiert werden.
Als Weltpremiere darf der Beitrag des Mathematikers Tony Freeth zum Mechanismus von Antikythera gelten. Die Erforschung des hochkomplexen, von griechischen Wissenschaftlern gefertigten astronomischen Apparats (3.–1. Jh. v. Chr.) wurde in den letzten Monaten abgeschlossen, und wird nun aufwendig medial aufbereitet in der Ausstellung präsentiert.

Dank der Leistungen des Frankfurter Forschungsinstituts zur Geschichte der arabisch-islamischen Wissenschaften unter der Leitung von Fuat Sezgin können verschiedene Modelle und Nachbauten wissenschaftlicher Instrumente aus dem goldenen Zeitalter des Islam ausgestellt werden. Eine weitere Premiere stellt das Werk Apollo Kithara (2019–2022) des Künstlers Jeff Koons dar, das zum einen ganz bewusst einzelne Aspekte der Forschungsarbeiten der Liebieghaus Skulpturensammlung zur antiken Statuenpolychromie aufgreift. Zum anderen bietet es auch eine zeitgenössische Antwort auf die Sehnsucht der Antike und des arabisch-islamischen Kulturraums, der Skulptur durch roboterhafte Bewegung Leben einzuhauchen.