Am 5. Mai eröffnet Space Synthesis, die erste Einzelausstellung des Künstlers und Komponisten Jan St. Werner, in der Staatlichen Kunsthalle Baden-Baden. Mit Space Synthesis verwandelt St. Werner, bekannt als Mitglied des Duos Mouse on Mars, die Kunsthalle in einen Klangraum, in ein großes Instrument. Die Ausstellung nimmt eine dynamische Untersuchung des menschlichen Klangdenkens vor, indem sie davon ausgeht, dass jede Person Klänge unterschiedlich wahrnimmt. Zwischen verschiedenen Schallquellen und Schall reflektierenden Oberflächen entsteht eine sich in Größe und Form kontinuierlich verändernde Bühne. Klänge, Schatten, Wände, Performer*innen und Zuhörer*innen werden Teil eines beweglichen, multiperspektivischen Szenarios.

Klang wird meist als Repräsentationsmedium verstanden, als Darstellung oder Interpretation einer Quelle. In Space Synthesis ist Klang jedoch eine Methode der Erkundung und die Kunsthalle ihr Gegenstand. Unterstützt von Licht, Bewegungen, Ablenkungen und Interventionen entsteht ein Parcours durch die Ausstellung, auf dem jeder Raum einen eigenen Abschnitt einer Komposition darstellt, die durch die Bewegungen jedes einzelnen Besuchers und jeder einzelnen Besucherin verändert wird.

Space Synthesis begreift Raum nicht als statisches Objekt, sondern als eine Vielzahl von Perspektiven, die ineinander verschränkt sind und aufeinander reagieren. Der vorsichtige Einsatz von Licht schafft eine immaterielle Architektur, die in den Raum eingreift, sich aber auch selbst dynamisch verändern kann. Auf diese Weise befindet sich der Raum ständig in Bewegung, im Dialog mit den Besucher*innen. Durch Eingriffe in die bauliche Struktur der Kunsthalle entstehen Resonanzen, die das Gebäude zum Sprechen bringen.

Klänge vermischen und kombinieren sich, jede Frequenz im Raum erzeugt neue Frequenzen, jedes Echo löst neue Echos aus – je nachdem, wo im Raum sich der oder die Zuhörer*in befindet. An bestimmten Stellen sind architektonische Elemente angebracht, die diffundierend wirken und den Raum auf unsichtbare, aber hörbare Weise teilen.

Dialog und Austausch spielen bei Werners Untersuchung der Beziehung von Klang und Raum eine zentrale Rolle. Erst sie ermöglichen es, Raum, Klang, Sinne und nicht zuletzt uns selbst neu zu denken. Space Synthesis ist damit auch eine Praxis, die sich gegen die Vorstellung von Geschichte als feststehendem Wissen wendet, das sich oft in Monumenten und starren Strukturen manifestiert. Gegen das singuläre monumentale Denken und statische Historien setzt diese Praxis Multiperspektivität und eine dynamische Interdependenz der Sinne.

Für Jan St. Werner ist diese Herangehensweise eine konsequente Fortsetzung seiner langjährigen Arbeit als Musiker und Komponist. Seine erste Einzelausstellung ist nicht als Retrospektive angelegt, sondern wurde speziell für die Räume der Kunsthalle konzipiert. Die Kuratorin Ça?la Ilk setzt damit ein kuratorisches Konzept fort, das sie etablierte, als sie die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden 2020 gemeinsam mit Misal Adnan Y?ld?z übernahm. Anstatt Kunst lediglich auszustellen, wird die Kunsthalle dabei zu einem lebendigen Gesamtwerk, in dem Kunst und Architektur transdisziplinär verschmelzen. Ilk nimmt damit eine lange Tradition der Kunsthalle Baden-Baden wieder auf, die, etwa in Ausstellungen von Künstlern wie Donald Judd oder Dan Flavin Ende der 1980er-Jahre, gewohnte Ausstellungskonzepte immer wieder zugunsten einer Auseinandersetzung mit dem Gebäude auflöste.

Space Synthesis ist Teil von Jan St. Werners zweijähriger Verbindung zur Kunsthalle Baden-Baden als Hauskünstler. Mit der Position des Hauskünstlers oder der Hauskünstlerin etabliert die Kunsthalle ein Instrument aus dem Theater in einer Kunstinstitution, um eine nachhaltige Produktionsgrundlage zu gewährleisten. Die Kunsthalle Baden-Baden bietet vier Künstler*innen in Form einer zweijährigen Anstellung die Möglichkeit zu künstlerischer Forschung, Engagement und Produktion in langfristiger Beziehung zur Stadt durch den öffentlichen Raum.

An vier Wochenenden wird die Ausstellung durch ein umfangreiches parakuratorisches Programm mit Performances und Vorträgen zahlreicher Künstler*innen und Theoretiker*innen erweitert.

Begleitend zur Ausstellung erscheinen eine LP und ein Katalog.