Mit der Ausstellung „Flachware und Papiertorten. Neuerwerbungen und Infografiken zur Sammlung Grafik und Plakat“ öffnet das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MK&G) seine Türen und Schränke und gibt Einblick in die aktuelle Sammlungspraxis. Gezeigt werden rund 120 Neuerwerbungen – eine breit gefächerte Auswahl von Protestplakaten und Plattencovern bis zu wichtigen historischen Arbeiten, darunter Werke von Nadine Chahine, Dies Irae, Jenny Holzer, Barbara Lüdde und Stefan Marx. Gerahmt werden sie von eigens für die Ausstellung entwickelten Infografiken, die die Sammlung auf humorvolle Weise greifbar machen: Besucher*innen erfahren, dass die Sammlung Grafik und Plakat mit rund 400.000 Objekten der größte Sammlungsbereich des Museums ist, wie viele Fußballfelder er füllen würde, welches Werk das flauschigste ist und welche Plakate die weitesten Reisen hinter sich haben. Die Infografiken dienen auch der Selbstkritik, denn das MK&G verpflichtet sich zur diversitätssensiblen Sammlungserweiterung und setzt sich mit Fragen zum Anteil weiblicher oder postmigrantischer Gestalter*innen auseinander. Darüber hinaus können die Museumsgäste ihre eigenen Sammelvorlieben teilen und sogar Vorschläge für kommende Ankäufe machen.

FLACHWARE & PAPIERTORTEN
Als „Flachware“ werden im Museum zweidimensionale Objekte bezeichnet, meist aus Papier wie Plakate, Drucke, Zeichnungen, Fotografien, Flyer, Postkarten und Briefmarken. „Papiertorten“ bezieht sich auf die gezeigten Tortendiagramme, in denen die Neuzugänge kritisch analysiert werden, unter anderem mit Blick auf Genderverhältnisse und Entstehungsorte.

SAMMELN TRANSPARENT MACHEN
Die Neuerwerbungen verdeutlichen auch die progressive Sammlungsstrategie des MK&G: Die bestehende Sammlung von Filmplakaten wird um typografisch und kompositorisch beeindruckende Arbeiten aus Ägypten und dem Iran ergänzt. Es konnten etliche bedeutende Arbeiten von Gestalterinnen wie Jacqueline Casey, Marie Vieira und Tomoko Miho erworben werden. Mit einer umfangreichen Sammlung feministischer Zines (unabhängige, selbstverlegte Publikationen) wird bislang ein in Museen unübliches Sammelgebiet erschlossen. Protestplakate, Adbusting (kritische Verfremdung von Werbung) und Corona-Masken dokumentieren die Auseinandersetzung von Gestalter*innen mit aktuellen und politischen Themen. Mit den typografischen Arbeiten von Chris Campe, den Entwurfszeichnungen des renommierten Produktdesigners Peter Maly und den mit Tusche gezeichneten Plakaten von Barbara Lüdde bleibt die Verbindung zum Standort Hamburg erhalten. 
Ein wandfüllendes Flowchart macht nachvollziehbar, wie ein Objekt zum Sammlungsobjekt wird. Nach welchen Kriterien wird gesammelt und wer entscheidet über die Aufnahme? Und wie geht es nach der Entscheidung weiter? 
Das MK&G gehört zu den ersten Gestaltungsmuseen, die eine Sammlungsstrategie erarbeitet und veröffentlicht haben. Diese wird in der Ausstellung transparent gemacht und in reflektierten Kommentaren der Sammlungsleiterin Julia Meer kritisch hinterfragt. 

GESTALTER*INNEN DER AUSSTELLUNG
Virgil Abloh, Abolfazi Hemmati Ahouei, Mohamed ’Abd al-Aziz, Betül Atlı, Peter Biľak, Louise Bourgeois, Wiebke Bolduan, Chris Campe, Jacqueline S. Casey, Doris Casse-Schlüter, Nadine Chahine, Frederika Sophia Cohen, Muḥammad-Riḍā Dādgar, Jutta Damm-Fiedler, DIES IRAE, Wilhelmina Drupsteen, Michał Dyakowski, Ahmed Fouad, Anke Feuchtenberger, Kathrin Freudenberg, Gassour, Mkrtchyan,V. Gorochov, Guerrilla Girls, Ibrāhīm Ḥaqīqī, Gosia Herba, Jenny Holzer, Areum Hwang, Anja Kaiser, Büro Klass, Golnar Kat-Rahmani, Jolanta Karczewska-Zagórska, Bahram Khaef, Kharroi, Hania Kmieć, Barbara Kruger, Dafi Kühne, Lu Lin, Barbara Lüdde, Peter Maly, Germaine Marx, Stefan Marx, Farshid Mesghali, Tomoko Miho, Dore Mönkemeyer-Cortý, Murtaz̤á Mumayyiz, Stephanie Müller, Nadine Nebel, Inka Petersen, Raymond Pettibon, Semyon Borisovich Raev,Harvey Redding, Rimini Berlin, Maria Robertowna, Dolly Rudeman, Marcus Schäfer, Viktor Fokovich Schewtschenko, Hannah Schulz, Jan Schwochow, Seline Seidler, Lorna Simpson, Nancy Spero, Annik Troxler, Paula Troxler, Evgenia Tsanana, A.A. Umurkulov, Stamatis Vassiliou, VERY, Mary Vieria, Marie-Luise Zachariae, Noureddin Zarrinkelk

Die Ausstellung ist in Kooperation mit Jona Piehl, Kommunikationsdesignerin und Professorin an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (HTW), entstanden.