Mit ihren als ›Support-Structures‹ bezeichneten Installationen verändert Céline Condorelli die Art, in der wir Institutionen wahrnehmen und nutzen.

Das Projekt besteht aus einem modularen Stufensystem aus sechs Einheiten, das sowohl im Eingangsbereich als auch im Ausstellungsraum des Kunstvereins auf unterschiedliche Weise eingesetzt und gebraucht werden kann. Die Mobilität der Einheiten gewährleistet die räumliche und anwendungsbezogene Flexibilität. Sie bietet zahlreiche Szenarien für die gemeinsame Nutzung durch Besucher:innen und/oder Mitarbeiter:innen des Kunstvereins.

›Revision –part II‹ verwandelt den Ausstellungsraum in einen Kommunikations- und Lernraum, innerhalb dessen kollektive Formen des Zuschauerverhaltens, des Austauschs und der Auseinandersetzung entstehen, und eine Bandbreite unterschiedlicher Begegnungen zwischen wenigen bis hin zu vielen Personen stattfinden. 

Jede der sechs Einheiten kann als Tisch oder Sitzbank genutzt, sowie mit anderen Einheiten verbunden werden, um ein Auditorium oder einen Aufführungsraum zu kreieren. ›Revision –part II‹ spielt dabei mit historischen wie auch aktuellen Kontexten des Lernens, bei denen das Arrangement der Elemente und deren individuelle Aneignung durch den Gebrauch selbst Teil des Lernvorgangs sind.

Das Projekt erforscht die Beziehung zwischen Ausstellungswesen und Kunstvermittlung, zwischen Ausstellung und Pädagogik, indem es sich mit dem Kunstverein als Lernort beschäftigt. Die Arbeit wird durch eine fortlaufende Kooperation mit den kunstgeschichtlichen, soziologischen und pädagogischen Fakultäten der Universität Heidelberg aktiviert — Letztere vertreten durch Mitglieder des Vorstands des Kunstvereins. ›Revision –part II‹ wird ein Ausgangspunkt für die Entwicklung disziplinübergreifender Ideen und Konzepte sein.

Ursprünglich wurde ›Revision –part II‹ von Condorelli als räumlicher Kontext für eine provisorische und alternative Kunstakademie entworfen. Einem Ort, an dem Individuen zu Studierenden werden und mit verschiedenen Modellen und Praktiken des Lernens konfrontiert sind. 

Während die einzelnen Elemente der Installation mehr oder weniger stabil scheinen, und eine formale und physische Kohärenz schaffen, ist das Verhältnis zwischen diesen mobil und veränderlich. Das führt dazu, dass sich der Status der Elemente im Zuge ihrer Bewegung und Aneignung durch die Nutzer:innen verändert. Die Situationen, die sich daraus ergeben, bewirken, dass ein optisch einheitlicher Gegenstand dennoch als Skulptur, als Büro, als Lernraum, als Archiv usw. eingesetzt werden kann.

Die Objekte und deren wechselnde Aufstellung werden nicht als Antworten auf Fragen betrachtet, sondern bilden jeweils adaptierte oder zum Teil konstruierte Handlungsräume, innerhalb derer eine Problemstellung verhandelt und bearbeitet werden kann.

Pädagogische Wende und ›Revision –part II‹:
Eine ganze Reihe von Kunstprojekten, die das Pädagogische innerhalb ihrer Programmatik in den Vordergrund stellten, führten in den Nullerjahren zum sogenannten ›Educational Turn‹*. Der Begriff bezeichnet die Verschiebung von Bildungsinhalten und pädagogischen Aspekten von einer sekundären Tätigkeit hin zu einer Tätigkeit, die den Bereich der Ausstellung selbst betrifft. Bildungsangebote gehörten zwar schon immer zu den Programmen von Ausstellungshäusern, aber eher in untergeordneter Rolle. Diese Sicht auf die Rolle der Pädagogik veränderte sich programmatisch mit dem ›Educational Turn‹. In zahlreichen Kunstinstitution, aber auch im Rahmen von Biennalen und temporären Projekten entstanden vermehrt Formate, die das Diskursive zum zentralen Anliegen machten und Bildungsprozesse zu einem primären Material für die künstlerische Produktion werden ließen. 

›Revision –part II‹ von Céline Condorelli im Heidelberger Kunstverein kann als ein solches Projekt betrachtet werden respektive trägt dieser Entwicklung Rechnung. Das Projekt wird durch verschiedene öffnende Maßnahmen in und um den Kunstverein flankiert. Dazu gehören etwa der ab Juni freie Eintritt zu den Ausstellungen.

 Zur Künstlerin:  
Céline Condorelli (geb. 1974) lebt und arbeitet zwischen London und Mailand. Ihre Arbeit umfasst Architektur, Möbeldesign, Kunst und Ausstellungsdesign. 

Derzeit arbeitet sie als Professorin an der NABA (Nuova Accademia di Belle Arti) Mailand und ist eine der Gründungsdirektor:innen von Eastside Projects (Birmingham, UK).

Als Autorin und Herausgeberin ist sie außerdem für die Publikationen ›The Company She Keeps‹ und ›Support Structures‹ bekannt. 

Bedeutende Ausstellungen und Projekte u. A.: ›After Work‹(South London Gallery, 2022); ›The Stories We Tell Ourselves‹(Kunstverein München, 2021); ›Every Step in the Right Direction‹(Singapore Biennial, 2019); ›Art Encounters Biennial‹ (Timisoara, 2019); ›Céline Condorelli‹ (Kunsthaus Pasquart, Biel, 2019).

2017 wurde Condorelli für den Max Mara Art Prize for Women nominiert.

* Vergleiche hierzu beispielsweise Paul O’Neill & Mick Wilson, Curating and the Educational Turn (Open Editions/de Appel, 2010).


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 11:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: hdkv.de

Foto: Lys Y. Seng
12.06.2022 - 31.12.2024

Céline Condorelli: Revision -part II

Heidelberger Kunstverein

Hauptstraße 97
69117 Heidelberg