Die interdisziplinäre Ausstellung Into the deep. Minen der Zukunft des Zeppelin Museums verfolgt den Anspruch, in allen Bereichen klimaneutral zu sein. Gefördert im Fonds Zero der Kulturstiftung des Bundes wird sie nicht nur kreiswirtschaftlich produziert, präsentiert und vermittelt, sondern bezieht sich auch inhaltlich auf den Umgang mit endlichen Ressourcen und deren Extraktionspraktiken. Angelehnt an den Standort des Museums und die Industriegeschichte Friedrichshafens wirft die Ausstellung einen kritischen Blick auf den Rohstoff Aluminium, das Metall des Fliegens, auf die vielschichtigen Zusammenhänge des Rohstoffabbaus beim Deep Sea und Deep Space Mining sowie deren aktivistische Gegenpositionen.

Der Abbau von Rohstoffen entwickelt sich zu einem zunehmenden ökologischen, ökonomischen, politischen und sozialen Problem mit globalen Auswirkungen. Extensive Abbaupraktiken und ihre Folgen sind vielerorts bereits dramatisch sichtbar, dennoch wird der Kampf um Ressourcen an neuen Standorten fortgeführt: Die Minen der Zukunft liegen nicht mehr unter der Erde, sondern in der Tiefsee oder im Weltraum. Into the deep. Minen der Zukunft bringt fünf künstlerische Arbeiten von Ignacio Acosta, Bureau d’études, Armin Linke, Kristina Õllek und Bethany Rigby mit 25 Objekten der Techniksammlung des Museums, darunter zwei zentrale Großexponate, in einer interdisziplinären Ausstellung zusammen. Eingebettet in eine Recyclingarchitektur, die die Wiederverwendung von endlichen Rohstoffen für die Besucher*innen erlebbar macht, plädiert die Ausstellung dafür, lokale Ressourcen stärker in einen Materialkreislauf einzubinden und regt an, den eigenen Umgang mit ihnen zu hinterfragen. Die Balance zwischen nachhaltiger und ästhetisch überzeugender Präsentation und dem Schutz von Kulturgütern ist eine zentrale Aufgabe des Projekts. Kuratiert wird die interdisziplinäre Ausstellung von Jürgen Bleibler (Abteilung Technik), Claudia Emmert (Direktorin) und Ina Neddermeyer (Abteilung Kunst) des Zeppelin Museums.

A L U M I N I U M
Der Einstieg in die Ausstellung erfolgt durch Exponate der eigenen Sammlung, mit der das Zeppelin Museum die Frage nach der Etablierung von Aluminium als Werkstoff des Luftschiffbaus und seiner Impulswirkung für die Materialforschung stellt. Neben einem Nachbau der vorderen Gondel des ersten Luftschiffs LZ 1 des Grafen von Zeppelin ist der SHW-Wagen mit Aluminiumkarosserie, ein Kleinwagen der Firma Schwäbische Hüttenwerke GmbH aus dem Jahr 1925, den das Deutsche Museum München langfristig an das Zeppelin Museum verliehen hat, zu sehen. Ein Bauxitbrocken wird zum Symbol der bis heute andauernden Kritik an der Aluminiumindustrie: Der weltweite Abbau des Gesteins und die sehr energieaufwändige Gewinnung von Aluminium daraus verursachen neben Umweltschäden auch das Abfallprodukt Rotschlamm. Mit der Frage, welche Ersatzwerkstoffe nutzbar wären, tauchen die Besucher*innen tiefer in die Ausstellungsthematik ein. Nach Verlassen des tunnelartigen, dunklen Einstiegs, der an einen Bergbauschacht erinnert, öffnet sich der Blick auf die tiefblaue Ästhetik des Meeresbodens.

DEEP SEA MINING
Mit dem Rohstoffabbau in der Tiefsee, dem Deep Sea Mining, und seinen nicht absehbaren Folgen für das Ökosystem, befasst sich die Künstlerin Kristina Õllek in ihrer Videoinstallation Nautilus New Era. Wie aufwändig der Meeresboden für den Abbau von Ressourcen durchgepflügt wird und wie massiv dieser Eingriff in das fragile Ökosystem ist, erfahren Besucher*innen auch auditiv über das ins Mark dringende Dröhnen der schürfenden Maschinen. Zur Umsetzung ihrer Installation durchforstete Õllek die Museumsdepots, um Materialien für ihre Installation zu finden und diese umzunutzen. Armin Linke beschäftigt sich mit der Zukunft der Ozeane und den widersprüchlichen Interessen ihrer wissenschaftlichen Erforschung, ihres kommerziellen Abbaus und ihres Schutzes. In der Ausstellung wird die umfangreiche Installation Prospecting Ocean zu sehen sein, für die er Meereswissenschaftler*innen und Expert*innen der Internationalen Meeresbehörde in Jamaika interviewte, den Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York während der Internationalen Konferenz zur Zukunft der Ozeane besuchte und sich mit Umweltaktivist*innen in Papua-Neuguinea traf.

D E E P S P A C E M I N I N G
Die Ausstellung verlässt den Meeresgrund und bewegt sich in den Weltraum, zum Deep Space Mining. Die Installation Mining the Skies von Bethany Rigby aus Gesteins- und Mineralproben setzt sich kritisch mit extraterrestrischer Bergbauforschung, vor allem dem Asteroidenbergbau, auseinander. So reflektiert Rigby potenzielle Standorte, Ressourcen, den Einsatz von Bakterien zum Abbau seltener Erden und bereits existierende Gesetze für Miningaktivitäten im Weltall. Auch das Kollektiv Bureau d ’études nimmt mit seiner groß angelegten Wandkarte Astropolitique Bezug zum Asteroidenabbau und visualisiert die sozialen und ökologischen Katastrophen, die mit dem Abbau seltener Ressourcen verbunden sind und bringt verborgene Realitäten des kapitalistischen Systems und kolonialer Logik an die Oberfläche.

AKTIVISMUS
Die neu für die Ausstellung entstandene Videoinstallation von Ignacio Acosta verbindet zwei extreme Regionen, die stark von der globalen Erwärmung betroffen sind und eine Schlüsselrolle bei der Umstellung auf grüne Energie spielen: Im arktischen Kiruna (Schweden) befindet sich die größte Eisenmine der Welt und wichtige Vorkommen an Seltenen Erden, in der Atacama-Wüste (Chile) wird Kupfer und Lithium abgebaut. Die Videoinstallation greift das Ausmaß dieser Miningaktivitäten auf, indem sie unterirdische Bohrungen und Weltraumbeobachtungen mit territorialen Kämpfen um Wasser, biologische Vielfalt und Identitätsverlust verbindet. Sie beleuchtet die Arbeit indigener Aktivist*innen, die für den Schutz ihres Landes kämpfen, und fragt nach der Rolle von Heilung für die Zukunft des Umweltaktivismus.

DIGITALE PLATTFORM
Die Ausstellung Into the deep. Minen der Zukunft ist eingebettet in das bundesweite, interdisziplinäre Kooperationsprojekt Mining. Abbau der Zukunft, mit dem das Zeppelin Museum auch nach gesellschaftlicher Wirksamkeit strebt. So hat es elf weitere Partner*innen aus Kultur und Wissenschaft dafür gewonnen, auf einer innovativen digitalen Plattform, die gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO und der agenturfuerkrankemedien Berlin entwickelt wird, einen differenzierten und kritischen Blick auf den Abbau von Rohstoffen zu werfen.