Katharina Grosse ist vor allem für ihre radikale, raumgreifende In-situ-Malerei bekannt, in der sie über Architekturen, Innenräume und ganze Landschaften hinwegmalt und so intensive, haptische Environments schafft. Ihre kühnen, großformatigen Werke bieten eine unmittelbare körperliche Erfahrung, welche die Betrachter*innen zu einem neuen Verständnis unserer Beziehung zu Orten und zueinander aufrüttelt. Vom 5. Juni bis 14. September präsentieren die Deichtorhallen Hamburg die Installation »Wunderbild«, eines der Hauptwerke der Künstlerin, zusammen mit einer neuen, speziell für die Ausstellung konzipierten Arbeit. Ergänzt wird die Ausstellung durch ausgewählte Leinwandarbeiten und nie zuvor gezeigte Zeichnungen und Skizzenbücher. Eine Weltpremiere ist auch der Making-of-Film, der exklusive Einblicke in die künstlerische Arbeit Katharina Grosses gewährt.
Wunderbild
Mit »Wunderbild« verwandelt Katharina Grosse die 3.000 qm große Halle für aktuelle Kunst in ein raumgreifendes Kunstwerk, das Malerei, Skulptur und Architektur verbindet. Mit einer Länge von über 60 Metern präsentiert sich das »Wunderbild« als imposante Enfilade von Gemälden auf losen Stoffbahnen, die an zwei Seiten von der Decke herabhängen. Ursprünglich für den Messepalast der Nationalgalerie Prag entwickelt, hat die Künstlerin die monumentale Installation in Hamburg neu inszeniert und um eine eigens für die Ausstellung entwickelte Soundkomposition von Stefan Schneider ergänzt. Auf diese Weise erschafft sie ein einzigartiges immersives Farb- und Klangerlebnis.
Das »Wunderbild« stellt einen Wendepunkt in der Karriere der Künstlerin dar. Zum ersten Mal arbeitet Katharina Grosse auf einer derart großen Fläche mit Schablonen. Die so entstehenden Leerstellen innerhalb der komplex geschichteten Malerei wirken wie Fenster zu imaginären Räumen und verleihen der Arbeit einen architektonischen Charakter. Es entsteht ein Wechselspiel zwischen den vor- und zurückspringenden besprayten und nicht besprayten Passagen, das Raum für eigene Interpretationen bietet und das Werk in einen lebendigen Reflexionsraum verwandelt.
»Als Kind habe ich immer ein Spiel mit mir gespielt: Ich musste morgens, bevor ich aufstand, mit einem unsichtbaren Pinsel alle Schatten an der Wand, auf der Fensterbank oder der Lampe weg malen. Ich war wie besessen davon. Die Welt zu betrachten ist für mich schon immer damit verbunden gewesen, gleichzeitig etwas in ihr, mit ihr oder auf ihr zu tun«, erzählt Katharina Grosse.
»Das ‘Wunderbild’ ist mit Abstand Katharina Grosses größtes portables Gemälde. Es gibt weltweit nur wenige Institutionen, die überhaupt die räumlichen Möglichkeiten haben, es zu zeigen. Deshalb freuen wir uns sehr, diese spektakuläre Installation diesen Sommer in den Deichtorhallen einem möglichst breiten Publikum zugänglich zu machen. Katharina Grosse kreiert ein Ausstellungserlebnis, das alle anspricht – von den größten bis zu den kleinsten Besucher*innen, ob kunst-nah oder -fern«, freut sich Dirk Luckow, Intendant der Deichtorhallen Hamburg.
Neue Arbeit
Ein weiterer Höhepunkt ist die Erdarbeit im hinteren Teil der Halle – eine neue, speziell für die Ausstellung in den Deichtorhallen entwickelte Arbeit. Dafür verwandelt Katharina Grosse den Ausstellungsraum in eine begehbare Hügellandschaft, in der die Erde zur Leinwand wird und so einen spannungsvollen Kontrast zu den großflächigen, hängenden Stoffbahnen des »Wunderbildes« schafft. Die Malerei erstreckt sich nahezu über die gesamte Bodenfläche und setzt sich nahtlos auf organischen Erdhügeln fort. Ein schmaler Pfad führt durch das Bild auf unebenem Terrain und erlaubt den Besucher*innen, das Werk mit allen Sinnen zu erfahren.
Leinwandarbeiten, Film und Archivmaterial
Neben dem »Wunderbild« und der Erdarbeit werden sechs großformatige bis zu 9 Meter breite Studio Paintings aus den Jahren von 2005 bis 2024 sowie erstmals auch Archivmaterial, bestehend aus Skizzenbüchern und Zeichnungen, präsentiert. Ein noch nie gezeigter Dokumentarfilm der Regisseurin Claudia Müller begleitet Katharina Grosse bei ihrer Arbeit in ihrem Atelier in Brandenburg und gewährt faszinierende Einblicke in den Entstehungsprozess ihrer Studio Paintings sowie die mentale und körperliche Dimension, die hinter ihnen steckt.
Über die Künstlerin
Seit mehr als 25 Jahren ist Katharina Grosse (geb. 1961 in Freiburg/Breisgau, Deutschland) international in der Kunstwelt präsent. Bekannt ist sie vor allem wegen ihrer überwältigenden Malerei-Installationen, die u.a. im MoMA PS1, New York, Museum of Fine Arts, Boston, Hamburger Bahnhof, Berlin oder Centre Pompidou, Metz gezeigt hat. Katharina Grosses Malerei ist radikal und grenzenlos, sowohl in ihren Dimensionen, ihrer Zeitlichkeit, als auch in ihrer Materialität. Ihre Arbeiten erforschen die Präsenz von Farbe und Realität und gehen der Frage nach, was es bedeutet, Kunst ganz unmittelbar zu erfahren und die Malerei physisch spürbar zu machen. In diesem Zusammenspiel fordert Grosse das Publikum dazu auf, den eigenen Blick neu zu justieren – und vertraute Seh- und Denkgewohnheiten bewusst zu hinterfragen.