Blickachsen 14
(Christian K. Scheffel Gründer und Kurator der Blickachsen)
2025 ist wieder ein Blickachsen-Jahr! Zum vierzehnten Mal lädt die Skulpturenbiennale nun schon Kunstinteressierte aus dem In- und Ausland dazu ein, zeitgenössische Kunst im Dialog mit der Natur zu erleben. Den Beginn der Reihe markierte eine Ausstellung im Bad Homburger Kurpark, deren Konzept die Lennéschen Blickachsen des Parks als Leitgedanken aufnahm. Dass sich diese Grundidee bis heute aufs Beste bewährt und die Biennale auf hohem Niveau so viele Einblicke in die Vielfalt und Bandbreite der dreidimensionalen Kunst ermöglichen kann, freut mich sehr.
Die Ausstellungsfläche der Blickachsen hat sich seit 1997 in rasantem Tempo zuerst in Bad Homburg vom Kurpark bis in den Obergarten des Schlosses und 2009 schließlich bis in den Schlosspark ausgeweitet, um dann zunehmend weitere Orte in der Region mit einzubeziehen. Für die vergangene Blickachsen-Ausstellung haben wir bewusst entschieden, uns räumlich wieder auf Bad Homburg und die beiden wunderbaren Parks inmitten der Stadt zu konzentrieren – und das positive Echo vonseiten des Publikums hierauf war enorm. So laden auch die vierzehnten Blickachsen wieder dazu ein, sich in den so weiträumigen und abwechslungsreichen Bad Homburger Parklandschaften auf die Kunst und die Natur einzulassen: im Lennéschen Kurpark und im über Jahrhunderte gestalteten Schlosspark. Zusätzlich wird erstmals auch der Gustavsgarten mit einbezogen, der – wie der Schlosspark – einst zur bemerkenswerten Landgräflichen Gartenlandschaft Bad Homburg gehörte.
Zum bewährten Konzept der Blickachsen als lebendiger Plattform für dreidimensionale Kunst gehört auch die Zusammenarbeit mit wechselnden Partnermuseen. Ich freue mich ganz besonders, dass wir für die diesjährige Ausstellung das Sprengel Museum Hannover als Partnerinstitution und Carina Plath als Co-Kuratorin gewinnen konnten. Ich danke Reinhard Spieler, dem Direktor dieses fantastischen Museums, ebenso wie Carina Plath, der verantwortlichen Kuratorin für Malerei und Skulptur am Sprengel Museum Hannover, sehr für ihre Zusagen. Ich freue mich nicht nur über die inspirierende kuratorische Zusammenarbeit mit Carina Plath, sondern auch über das vielseitige und spannende künstlerische Programm der vierzehnten Blickachsen.
Gemeinsam haben wir für die Ausstellung 26 Künstlerinnen und Künstler aus acht verschiedenen Ländern eingeladen, und das Spektrum der kreativen Ausdrucksformen spannt auch diesmal wieder einen großen Bogen. Es gibt viel zu entdecken!
Die Ausstellung kann den ganzen Sommer über frei zugänglich in den Parks erkundet werden. Meinen ausdrücklichen und herzlichen Dank spreche ich an dieser Stelle den Förderern der Blickachsen 14 aus, deren großzügige Unterstützung die Realisierung des Projekts erst ermöglicht. Auch den zahlreichen Mitwirkenden, die zum Gelingen der Ausstellung beigetragen haben und noch beitragen, danke ich herzlich. Und ich freue mich, dass die Kinderkunstschule Bad Homburg in diesem Jahr nun schon die siebten „Kinder-Blickachsen“ ausrichtet, die ich Ihnen gerne ans Herz legen möchte.
Nun wünsche ich allen Besucherinnen und Besuchern der Blickachsen 14 bei ihren Rundgängen durch die Parks überraschende, herausfordernde und vor allem anregende Begegnungen mit der Kunst.
Blickachsen 14: Die Liste der beteiligten Künstlerinnen und Künstler
Kunstschaffende aus acht Ländern nehmen an den vierzehnten Blickachsen in den weitläufigen historischen Parks von Bad Homburg teil. Das künstlerische Programm für die Ausstellung hat Blickachsen-Gründer Christian K. Scheffel gemeinsam mit Carina Plath zusammengestellt, der verantwortlichen Kuratorin für Malerei und Skulptur am Sprengel Museum Hannover, dem diesjährigen Partnermuseum.
Die Teilnahmeliste der Blickachsen 14 enthält annähernd zu gleichen Teilen Vertreterinnen und Vertreter der dreidimensionalen Kunst und eröffnet ein ebenso abwechslungsreiches wie spannendes Spektrum internationaler Skulptur und Installationskunst:
Paweł Althamer, Joscha Bender, Alexandra Bircken, Julius von Bismarck, Monica Bonvicini, Martin Boyce, Richard Deacon, Simone Fattal, Kasia Fudakowski, Asta Gröting, Georg Herold, Olaf Holzapfel, Judith Hopf, Franka Hörnschemeyer, David Horvitz, Elizabeth Jaeger, Hans Josephsohn, Gary Kuehn, Maria Loboda, Christiane Möbus, Thea Moeller, Manfred Pernice, Thomas Schütte, Grace Schwindt, Manolo Valdés, Georg-Friedrich Wolf.
Die Ausstellungsareale der Blickachsen 14
Insgesamt 35 Werke dieser 26 Künstlerinnen und Künstler werden mit Bedacht in den historischen Parkanlagen positioniert, sodass sie miteinander und mit ihrer Umgebung kommunizieren und von Mai bis Oktober im Wechsel der Licht- und Vegetationsverhältnisse unterschiedlich erlebt werden können. So richten auch die Blickachsen 14 den Fokus auf das Zusammenspiel von Kunst, Natur und öffentlichem Raum – und laden den ganzen Sommer über zu anregenden Kunstspaziergängen in drei historische Parks von Bad Homburg ein: in den Kurpark, den Schlosspark und erstmalig bei den Blickachsen auch in den Gustavsgarten.
Der Bad Homburger Kurpark, Mitte des 19. Jahrhunderts von Peter Joseph Lenné entworfen, ist auf über 40 Hektar Fläche eine der größten und schönsten Kurparkanlagen Deutschlands – und zugleich der einzige Park, in dem Lennés Gestaltungsideen unverändert sichtbar sind. Die historische Anlage im Stil eines naturnahen englischen Landschaftsgartens ist zudem ein lebendiger Ort des gesellschaftlichen Lebens.
Und auch der über Jahrhunderte gestaltete Schlosspark Bad Homburgs gilt als herausragendes Gartenkunstwerk. Seine Lust-, Landschafts- und Nutzgärten verschiedener Epochen verschmelzen – zusammen mit dem großen Schlossteich – beispielhaft zu einer auch topografisch abwechslungsreichen Einheit.
Erstmals bei den Blickachsen wird in diesem Jahr auch der Gustavsgarten als Ausstellungsareal mit einbezogen. Hier sind auf der Grünfläche neben der Villa Wertheimber, dem Sitz des Stadtarchivs, drei Skulpturen von Richard Deacon zu sehen, der auch im Kurpark vertreten sein wird. Der verträumte Gustavsgarten ist Teil des in seiner Anordnung einmaligen Gesamtkunstwerks der Landgräflichen Gartenlandschaft Bad Homburg, die sich vom Schlosspark aus entlang der Tannenwaldallee bis zum Landschaftspark Elisabethenschneise erstreckte und mit Ausnahme der unmittelbar an den Schlosspark angrenzenden Gärten noch heute erhalten ist.
Ausstellungsareale: Kurpark, Schlosspark und Gustavsgarten Bad Homburg / Eintritt: frei.
Öffentliche Führungen: Regelmäßige Führungen im Kurpark (Treffpunkt: Schmuckplatz): donnerstags, 18.30-20 Uhr / sonntags und feiertags, 11-12.30 Uhr / Regelmäßige Führungen im Schlosspark (Treffpunkt: große Zeder im Schlossgarten): sonntags und feiertags, 15-16.30 Uhr (außer am 31.8.).
Hauptförderer: Deutsche Leasing AG, Fresenius SE & Co. KGaA, Freunde der Blickachsen, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Kulturfonds Frankfurt RheinMain gGmbH, Stefan Quandt.
Weitere Förderer: François-Blanc-Spielbank GmbH, Frankfurter Volksbank Rhein/Main, KanAm Grund Group, Willy A. Löw AG, Messer SE & Co. KGaA, Stiftung Historischer Kurpark Bad Homburg v.d.Höhe
Weitere Informationen direkt unter: blickachsen.de
Pawel Althamer (Polen) *1967 in Warschau
1 Astronauts, 2023, Aluminiumguss, weiß patiniert, Ex. 1/3, 3-teilig, 40 x 210 x 120 cm; 55 x 190 x 123 cm; 90 x 175 x 95 cm
In seinen Skulpturen und Performances zentriert Paweł Althamer stets den menschlichen Körper und seine Bedeutung in der Kunstwelt. Mit partizipativen Formaten verwischt er die Grenzen zwischen Individuum und Kollektiv, Künstler und Privatperson, irritiert institutionelle Strukturen und erschließt spekulative Räume. Als Projektionsfläche für Gedankenspiele dient Althamer auch das Weltall, das ihn seit den 1990er-Jahren beschäftigt. Für die Installation „Astronauts“ modellierte er drei liegende Figuren in Raumanzügen, die durch seltsame Details wie klobige Brillen oder kuriose Ausformungen an ihren Kopfbedeckungen verfremdet sind. Die Anzüge basieren auf Kleidungsstücken von einem Warschauer Flohmarkt, den vor allem ukrainische Geflüchtete besuchen. Ihre zerfurchte Struktur erinnert an die Mondoberfläche; die Körperhaltungen der Figuren zitieren Brueghels „Schlaraffenland“. Althamer verleiht somit den inneren Widersprüchen in der Figur des Astronauten Ausdruck - zwischen technologiebasiertem Fortschrittsglauben und der Realität von militärischer Konkurrenz, Kriegsführung und Flucht.
Paweł Althamer studierte in Zeiten des politischen Umbruchs an der Warschauer Akademie der Schönen Künste. Seitdem präsentierte er seine Arbeiten international in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen, darunter im Rahmen der Documenta X 1997 und der Skulptur Projekte Münster 2007.
Joscha Bender (Deutschland) *1991 in Darmstadt
2 Löwe, 2024, Bronze, patiniert, Ex. 2/3, 80 x 320 x 70 cm Leihgabe Barbara und Dr. Hans-Werner Dildei Kunst & Kulturstiftung, Oberursel
3 Unkraut vergeht nicht, 2025, Anröchter Kalksandstein, farbig gefasst, 180 x 60 x 40 cm
Das Werk von Joscha Bender lotet die Möglichkeiten der gegenständlichen Skulptur aus – mal verspielt, mal kraftvoll. Seinen oft bunten Figuren, die er häufig direkt aus dem Steinblock herausarbeitet, verleiht er dabei eine charmante Leichtigkeit. Im Rahmen der Blickachsen 14 präsentiert Bender im Kurpark einen bronzenen Löwen. Sein massiver, muskulöser Körper ist geduckt, der Kopf genauso wie die linke vordere Pranke nach vorne gereckt. Anders als seine Artverwandten auf öffentlichen Monumenten ist der Löwe von Joscha Bender damit nicht in einer repräsentativen Haltung gezeigt, sondern macht sich klein. Es ist unklar, ob er sich an ein Beutetier heranpirscht oder sich heimlich aus seiner angestammten Position wegstiehlt. Umso höher reckt sich dagegen der Löwenzahn in der Skulptur „Unkraut vergeht nicht”, die Bender aus hellem, blau-grünen Sandstein gehauen und leuchtend farbig gefasst hat. Das übergroße, ja beinahe monströse Gewächs scheint seinem Namensverwandten, dem „König der Tiere“, den Rang ablaufen zu wollen. Auch der Titel unterstreicht die unerwartete Kraft des wenig Beachteten.
Joscha Bender studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Gunnar Krabbe und Thomas Grünfeld. Seine Skulpturen präsentierte er bereits in mehreren Ausstellungen im deutschsprachigen Raum.
Alexandra Bircken (Deutschland) *1967 in Köln
4 Slip of the Tongue, 2020, Aluminiumguss, Edelstahl, Beton, 600 x 150 x 134 cm; Sammlung Becker, Köln
Der weibliche Körper spielt eine herausragende Rolle im Œuvre von Alexandra Bircken. Indem sie sich ihm in seinen Einzelteilen nähert oder ihn durch Hüllen umschreibt, bricht sie Idealvorstellungen von und gesellschaftliche Ansprüche an den (Frauen-)Körper auf. So zeigt auch „Slip of the Tongue“ ein isoliertes Organ: Auf einem zylindrischen Betonsockel ruht eine mehrere Meter hohe, leuchtend rote Zunge, deren Spitze durch ein metallisch blitzendes Piercing geziert wird. Wie ein Objekt serviert, lehnt sie rückseitig gegen eine sich nach unten verjüngende, schwarz-glänzende Stange, die an ein Essstäbchen erinnert. Der Titel „Slip of the Tongue“ ist mehrdeutig: Er verweist durch die englischsprachige Redewendung für „Versprecher auf die Zunge als Sprachorgan, scheint hier aber auch die physische Herauslösung der Zunge und ihr drohendes Herabgleiten von ihrem Sockel zu benennen. Ohne den zugehörigen Körper verliert die Zunge ihren Zweck – zu schmecken, zu fühlen, vor allem aber zu sprechen. Sie wird hier stattdessen als eine wortwitzige Reflexion über Körper und Sprache übergroß in den Raum gestellt.
Alexandra Bircken begann nach einem Designstudium am Central Saint Martins College in London ab Anfang der 2000er, sich skulpturalen Arbeiten zu widmen. Seither präsentierte sie ihre Arbeiten international in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen. Zudem lehrte Bircken von 2018 bis 2023 als Professorin an der Akademie der bildenden Künste München und im Anschluss an der Kunstakademie Düsseldorf
Julius von Bismarck (Deutschland) *1983 Breisach am Rhein
5 Beetle on A Horse, 2024, verkohltes Holz, 444 x 233 x 125 cm
Mehrdeutigkeit, Humor und die Hinterfragung vermeintlicher Selbstverständlichkeiten und Naturzustände ziehen sich als roter Faden durch das Werk Julius von Bismarcks. In „Beetle on A Horse“ verbindet er die kunsthistorische Tradition des Reiterstandbilds mit einer unterschwelligen Kritik an Umweltzerstörung. Hoch über den Köpfen der Vorbeigehenden thront auf einem Pferd statt eines majestätischen Reiters ein Borkenkäfer in Rüstung. Das Insekt findet durch Klimawandel und Monokulturen ideale Bedingungen in europäischen Wäldern und richtet dort verheerende Schäden an. Indem von Bismarck es in die Position europäischer Eroberer und Fürsten setzt, weist er geschickt auf deren historische Rolle in der Ausbeutung natürlicher Ressourcen hin, die erst die Grundlage für die Ausbreitung des Käfers bereitet. Die Oberfläche der Skulptur erinnert aus der Ferne an patinierte Bronze. Bei näherer Betrachtung wird erkennbar, dass sie aus verkohltem Holz besteht, und somit auch durch ihre Materialbeschaffenheit auf Zerstörung verweist.
Julius von Bismarck studierte an der UdK Berlin. Neben zahlreichen Teilnahmen an Gruppenausstellungen im In- und Ausland zeigte er seine Arbeiten in Einzelausstellungen in Europa und den USA. Seine Werke sind in namhaften Sammlungen vertreten.
Monica Bonvicini (Italien) *1965 in Venedig
6 Tree of Anger, 2021, Aluminiumblech, bedruckt und geprägt, Schnallen und Halterungen aus Edelstahl, Stahlband, Gummi, 7-teilig, je 60 x 40 x 4 cm
Monica Bonvicini hinterfragt in ihren skulpturalen und installativen Arbeiten die Verflechtungen von Architektur und Geschlechterrollen. Sie zeigt, wie gebaute Räume menschliches Verhalten und soziale Strukturen spiegeln und prägen – oft im Zusammenhang mit Gewalt und negativen Emotionen. Vor diesem Hintergrund ist „Tree of Anger“ zu lesen. Die titelgebende Wut tritt den Betrachtenden auf roten Aluminiumplatten entgegen, formuliert in offen feindlichen Aussagen und Beleidigungen. Neben direkten Anklagen stehen subtilere Sätze wie: „This is unrequited love, you stay home with it“ – ein Verweis auf emotionale (Un-)Abhängigkeit und die Zuschreibung häuslicher Gefühle an Frauen. Der Titel der Installation spielt auf Audre Lordes Gedicht „Who Said It Was Simple“ an, die Texte stammen überwiegend aus Kurzgeschichten von Diane Williams. So eröffnet das Werk vielschichtige feministische Lesarten.
Monica Bonvicini studierte an der Hochschule der Künste Berlin und am California Institute of the Arts. Ihre raumgreifenden Werke wurden in Einzelausstellungen in angesehenen Institutionen im In- und Ausland, in zahlreichen Gruppenausstellungen und renommierten Biennalen präsentert. Sie lehrt als Professorin für Bildhauerei an der UdK Berlin.
Martin Boyce (Großbritannien) *1967 in Hamilton, Schottland
7 Warm Dry Stone and Palm Leaves, 2010, Edelstahl, bemalt, 197 x 370 x 190 cm
Vertikal gedrehte Parkbänke sind so aufgestellt, dass sie einem Paravent ähneln. Um sie herum liegt ein gelber Gartenschlauch, als sei er achtlos zurückgelassen worden. Die Skulptur „Warm Dry Stone and Palm Leaves” besteht aus alltäglichen Objekten, die der Künstler Martin Boyce transformiert. Dafür greift er auf Elemente seines charakteristischen Formenvokabulars zurück: eine Sammlung historischer Designzitate und architektonischer Versatzstücke. Der Titel der Arbeit ist einer Beschreibung eines verlassenen Zoos entlehnt: „Warmer, trockener Stein und Palmenblätter, keine Elefanten, keine Giraffen, keine Pinguine, keine bunten Vögel…”. Sie ruft so einen längst verschwundenen oder vielleicht nie dagewesenen Ort auf. Die Arbeit ist exemplarisch für Boyces langfristiges Interesse an der Transformation alltäglicher Formen und Räume. Immer wieder erschafft er Orte zwischen Erinnerung und Fiktion, in denen Designgeschichte, persönliche Erzählungen und urbane Relikte poetisch ineinandergreifen.
Martin Boyce studierte an der Glasgow School of Art und am California Institute for the Arts. 2011 wurde er mit dem Turner Prize ausgezeichnet. Boyce vertrat Schottland 2009 auf der 53. Biennale von Venedig und nahm 2007 an den Skulptur Projekten Münster teil.
Richard Deacon (Großbritannien) *1949 in Bangor, Wales
8 Cut & Fold #3, 2023, Edelstahl, 128 x 180 x 126 cm
9 Cut & Fold #5, 2022, Edelstahl, 194 x 157 x 105,5 cm
10 Infinity #14, 2001, Edelstahl, 162 x 200 x 120 cm
11 Twofold Way CD (Black), 2021, Edelstahl, 2-teilig, Installation: 160 x 145 x 240 cm
Seit fünfzig Jahren setzt sich Richard Deacon in seinem bildhauerischen Werk auf vielschichtige Weise mit den Charakteristika seiner Materialien auseinander. Er „fabriziert” Variationen durchlässiger skulpturaler Konstrukte, die stets dem Wechselspiel von Form und Hohlraum Ausdruck verleihen und dabei offen für das Assoziationsspiel der Betrachtenden sind. Zwei der vier bei Blickachsen 14 präsentierten Arbeiten tragen Titel, die direkt den künstlerischen Prozess beschreiben: Für „Cut & Fold #3“ und „Cut & Fold #5“ schneidet und faltet Deacon Platten aus rostfreiem Stahl und fügt sie zu geometrisch-prismatischen Formen zusammen. Auch „Twofold Way CD” ist in ähnlichem Vorgehen hergestellt. Die abgerundeten Stahlplatten von „Infinity #14“, durchbrochen von jeweils zwei oder drei Löchern, lenken den Blick dagegen besonders auf die vielfältigen Möglichkeiten der Oberflächenbearbeitung: In den regelmäßigen Vertiefungen reflektiert gleißend die Sonne, die durch die schräge Aufstellung der Platten direkt auf sie trifft.
Richard Deacon zählt zu den bedeutendsten zeitgenössischen Bildhauern aus Großbritannien. Er erhielt große institutionelle Einzelausstellungen sowie zahlreiche Aufträge für Kunstwerke im öffentlichen Raum. Er war bereits 2013 bei den Blickachsen 9 mit einem Werk vertreten und nahm u.a. an documenta IX 1992 und an den Skulptur Projekten Münster 1997 teil. Er unterrichtete als Professor für Bildhauerei an der École Nationale Superieure des Beaux-Arts in Paris und an der Kunstakademie Düsseldorf.
Simone Fattal (Libanon/ USA) *1942 in Damaskus, Syrien
12 Door, 2024, Bronze, patiniert, Auflage von 6, Ex. 1 AP, 120 x 75,3 x 118 cm
In ihren Skulpturen und Keramiken, aber auch in Gemälden, Zeichnungen und Collagen verhandelt Simone Fattal die Geschichte des Nahen Ostens und ihre anhaltende Wirkmächtigkeit in der globalen Gegenwart. Besonders setzt sie sich dabei mit ihren eigenen Erfahrungen von politischer Instabilität, Krieg und Flucht auseinander. In den rauen, zerklüfteten Oberflächen ihrer Skulpturen scheinen Verletzlichkeit und Entbehrung sichtbar zu werden. So auch in der Arbeit „Door“, die im Rahmen der Blickachsen 14 präsentiert wird: Die beiden Segmente aus bemalter Bronze erinnern an brüchige Wände. Zusammengehalten werden sie anscheinend nur von langen Nägeln, die unregelmäßig und wie mit brachialer Gewalt durch sie gerammt sind. Die ungleichmäßige Oberfläche ruft zudem organische Assoziationen – etwa zu menschlicher Haut – auf. So verdichten sich die ästhetischen Merkmale der Skulptur zu einem berührenden und subtil verstörenden Gesamteindruck.
Simone Fattal studierte in Beirut und Paris Philosophie, begann Ende der Sechziger ihre Karriere als Malerin. Bald folgt die bildhauerische Erweiterung ihres Werks. In den beinahe sechs Jahrzehnten ihres künstlerischen Schaffens hat sich Fattal als eine der wichtigsten Künstlerinnen der Levante etabliert. Global wurden ihr Einzelausstellungen gewidmet, zudem nahm sie an zahllosen namhaften Gruppenausstellungsformaten teil. 2024 erhielt sie den Großen Kunstpreis Berlin.
Kasia Fudakowski (Großbritannien) *1985 in London
13 Climate Changing Room I-V (Panels 30-34), 2020 (Continuouslessness, 2017 - fortlaufend), lackierter Stahl, hergestellt von Eyyup Teymur und Serhut Öztemir in Istanbul, mit Produktionsunterstützung durch Hande Alpaslan, 5-teilig, 200 x 110 x 2 cm (3x); 260 x 110 x 2 cm (2x)
Kasia Fudakowskis Werk „Climate Changing Room“ verbindet in einem Wortspiel die englischen Begriffe für „Klimawandel” und „Umkleidekabine”. Der Raumteiler aus grün lackierten Stahlbögen bietet – anders als der Titel erwarten lässt – nur minimalen Sichtschutz. Einzig bewegliche Blätter innerhalb der Metallrahmen versprechen die Möglichkeit, kleine Teile der Körper zu verdecken, die sich in diesem Umkleideraum entblößen. Sie spielen sowohl auf die sprichwörtliche als auch die kunsthistorische Bedeutung des Feigenblattes an. Diese spielerisch-humorvolle Anmutung steht dabei in scharfem Kontrast zum düsteren Unterton des Verweises auf die globale Erwärmung. Die fünf Elemente von „Climate Changing Room“ sind Teil der Langzeitarbeit „Continouslessness“, die auf einem modularen System miteinander verbindbarer Elemente basiert. Sie nimmt eine zentrale Position im künstlerischen Schaffen Fudakowskis ein, das neben Skulptur und Installation auch Wort, Film und Performance umfasst. Auch gewitzte Strategien zur Verkehrung verfestigter Strukturen und vermeintlicher Selbstverständlichkeiten ins Komische und Absurde sind ein wiederkehrendes Merkmal im Œuvre der Künstlerin.
Kasia Fudakowski studierte an der Ruskin School of Drawing and Fine Art in Oxford. Ihre Arbeiten präsentierte sie in Einzelund Gruppenausstellungen europaweit sowie in Mexico und in Japan.
Asta Gröting (Deutschland) *1961 in Herford
14 Deep Sea Odyssey, 1982/2025, Epoxidharz, Moos, Klebstoff, einmalige Auflage von 3, Ex. AP 1/2, 178 x 186 x 38 cm
Asta Grötings „Deep Sea Odyssey“, eine Jakobsmuschel aus hellem Epoxidharz, ist so groß, dass ein Mensch darin Platz finden könnte. Die Oberfläche der Muschel scheint stark verwittert und von Moos oder Algen überzogen zu sein. Der Titel erinnert an große Abenteuer- und Heldengeschichten von Homer bis Jules Verne. Vielleicht passt dazu auch, dass die Jakobsmuschel als Pilgersymbol gilt – man möchte denken, dass hier die Muschel, von Strömungen durch das Meer getragen, selbst eine Reise unternommen habe. Gröting setzt in ihren dreidimensionalen Werken häufig Abformungstechniken ein und thematisiert damit das Verhältnis von Vor- und Abbild. So scheint sich „Deep Sea Odyssey“ auf die frühe Arbeit „Muschel“ zu beziehen, die Silikon-Negativform einer ähnlich großen Muschelschale, deren Werktitel sie offenbar ganz sachlich bezeichnet. Was auf den ersten Blick direkt und einfach erscheint, wirft doch Fragen auf – was wurde hier abgeformt, und wie wurde die Urform durch den künstlerischen Eingriff verändert?
Asta Gröting studierte an der Kunstakademie Düsseldorf. Ihren Werken wurden landesweit sowie international institutionelle Einzelausstellungen gewidmet. Sie präsentierte ihre Arbeiten im Rahmen renommierter Ausstellungsformate, darunter die 22. Sao Paulo Biennale 1994, die 8. und 14. Sydney Biennale (1990, 2004), und die 44. Biennale von Venedig 1990. Sie lehrt als Professorin an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig.
Georg Herold (Deutschland) *1947 in Jena
15 beef early, 2012, Aluminium, lackiert, 115 x 510 x 65 cm
16 Mont Parnass, 2012, Bronze, patiniert, 362 x 239 x 82 cm
Georg Herold ist bekannt für seine Werke, die auf ironische und oft konfrontative Weise sowohl das alltägliche Leben als auch die hohe Kunst kommentieren. Bereits seit den 1970er-Jahren verwendet er für seine Skulpturen häufig Dachlatten, an denen er schätzt, dass sie „rational, emotional, psychisch und physisch erlebbar” seien. Für die Werkgruppe, zu der auch „beef early“ und „Mont Parnass“ gehören, baut Herold aus diesen Latten Figuren, die teils mit Stoff bespannt und lackiert werden. In den im Bad Homburger Kurpark ausgestellten Versionen wurden diese fragilen Konstruktionen in Bronze und Aluminium abgegossen – das Aluminium ist wie die Vorlage aus Holz und Textil lackiert, während die Bronze ihre Materialität offen zeigt. „beef early“ erinnert mit ihrer sich rekelnden Pose an die Tradition des liegenden weiblichen Aktes von Tizian bis Manet, könnte aber ebenso aus einem Fitnessstudio stammen. Der Titel von „Mont Parnass“ spielt auf den mythischen Sitz der Musen an, die Figur zeigt allerdings weniger kreatives Aufstreben als sportlichen Ehrgeiz, indem sie ein Bein wie bei einer Yogaübung hoch in die Luft reckt.
Georg Herold studierte nach seiner Flucht aus der DDR in München und Hamburg, unter anderem bei Sigmar Polke. Seine Werke präsentierte er in zahlreichen institutionellen Ausstellungen im In- und Ausland. Er lehrte viele Jahre lang als Professor an der Frankfurter Städelschule und an der Kunstakademie Düsseldorf.
Olaf Holzapfel (Deutschland) *1967 in Dresden
17 Kapelle für Bad Homburger Parkphilosophien, 2025, Fachwerk aus Douglasie und Fichte; Schilf, Roggenstroh, Weidengeflecht, 250 x 290 x 350 cm
Olaf Holzapfel setzt bei der Entwicklung und Herstellung seiner Installationen und Objekte traditionelle Handwerkstechniken und lokale Werkstoffe ein. So kreiert er künstlerische Räume, die durch ihre klaren Formen und zugänglichen Strukturen Handlungs- und Erlebensspielräume außerhalb festgefahrener Normalitäten eröffnen. Für die Blickachsen 14 entwirft Holzapfel einen Rückzugsraum in der Stadtnatur, der von den Wohnstätten philosophischer Einsiedler (von Diogenes über Hieronymus bis Thoreau) inspiriert ist. Das Konzept der „Kapelle“ ist den „follies” des 18. Jahrhunderts entlehnt: kuriosen Gebäuden, die zuerst fürstliche Landschaftsgärten zierten und der Sehnsucht frühindustrieller Eliten nach vergangenen Zeiten und fernen Ländern Ausdruck verleihen. Das aus Fachwerk zusammengesetzte, mit Schilf gedeckte und mit Weidengeflecht verdichtete Konstrukt lädt die Besuchenden dazu ein, zu verweilen und den eigenen Gedanken freien Lauf zu lassen, oder aber mit anderen gemeinsam Platz zu nehmen.
Olaf Holzapfel studierte an der HfbK Dresden, von wo aus er zu Aufenthalten in Ahmedabad, Indien und New York aufbrach. Neben Teilnahmen an Gruppenausstellungen weltweit präsentierte er Einzelausstellungen in Frankreich, Belgien, Chile, Israel und im dt. Sprachraum, zuletzt anlässlich seiner Auszeichnung mit dem Zurich Art Prize (2024).
Judith Hopf (Deutschland) *1969 in Karlsruhe
18 Phone User 4 (outdoor), 2021-2022, Beton, Ex. 1/3, 173 x 44 x 58 cm 19 tire outdoor, 2025, Beton, Stahl, Ex. 1/3, 103 x 103 x 30 cm
Judith Hopf greift in ihrem breit gefächerten Werk, das von Skulptur über Film bis zur Zeichnung unterschiedlichste Medien umfasst, häufig Formen aus unserer industriellen und technologischen Umgebung auf. Dabei befragt sie die gesellschaftliche Lenkung, Verteilung und Nutzung – auch sozialer – Energien. Die Betonfigur „Phone User 4“ etwa führt eine Pose vor Augen, die gerade an schönen Tagen und an touristischen Reisezielen tausendfach zu beobachten ist. Hopf kehrt die übliche Dynamik um: Hier zielt das Kunstwerk mit der Handykamera zurück auf den Betrachter. Die zweite im Kurpark präsentierte Arbeit „tire outdoor“ setzt dem luftgefüllten Reifen ein Monument, einem trivialen Gegenstand, ohne den jedoch zeitgenössische Menschen- und Warenströme, ja die Konsumgesellschaft an sich, undenkbar wären. Die Schräglage des Betonreifens suggeriert einerseits rasante Bewegung, andererseits den Verlust von Energie und Geschwindigkeit im Moment kurz vor dem Umkippen. Diese Ambivalenz wirft Fragen auf: Warum und wofür wird all die Energie verwendet – zum allgemeinen Wohl oder vielleicht doch zum Nachteil?
Judith Hopf studierte an den Kunsthochschulen in Bremen und Berlin. Sie wurde international bereits zu zahlreichen Einzelund Gruppenausstellungen eingeladen, darunter etwa die documenta 13 (2012). Sie nahm bereits an den Blickachsen 13 (2023) teil. Seit 2008 lehrt sie als Professorin für Freie Kunst an der Städelschule in Frankfurt am Main
Franka Hörnschemeyer (Deutschland) *1958 in Osnabrück
20 Equation (f), 2024, Schalelemente aus Stahl und Holz, Installation: 396 x 295 x 245 cm (Würfel: 175 x 175 x 175 cm)
Was hält eine Konstruktion im Gleichgewicht – materiell wie konzeptuell? Die skulpturale Arbeit „Equation (f)“ von Franka Hörnschemeyer stellt diese Frage in den Raum. Auf einem Quader aus rotem Gitter balanciert ein annähernd gleich großer Quader aus wiederverwendeten Schalelementen. Der Titel, der eine Gleichung andeutet, lädt zur gedanklichen Vermessung des Spannungsverhältnisses von Stabilität und Labilität ein. Als „Raumanalytikerin“ setzt Franka Hörnschemeyer industrielle Materialien ein, wie sie im Wohnungs- oder Messebau verwendet werden. Diese Materialien sind in ihrer ursprünglichen Bestimmung rein funktional und schaffen austauschbare und temporäre Räume. Hörnschemeyer entreißt sie diesem Kontext und entwickelt so ein Œuvre, das Architektur nicht nur als physisches, sondern auch als soziales Konstrukt untersucht und aufzeigt, wie sie Lebensrealitäten formt.
Franka Hörnschemeyer studierte an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg. Sie präsentierte ihre Arbeiten deutschland- und europaweit in musealen Einzelausstellungen und erhielt zahlreiche Aufträge für Kunst im öffentlichen Raum – besonders prominent ist ihre Arbeit “BFD - bündig fluchtend dicht” (1998/2001) für den Deutschen Bundestag. Hörnschemeyer ist Professorin für Skulptur an der Kunstakademie Düsseldorf.
David Horvitz (USA) * in Kalifornien
21 All the Crows of Bad Homburg, 2025
Mit philosophischem Scharfsinn befasst sich David Horvitz in seinem künstlerischen Schaffen mit Netzwerken, Sprach- und Zeitsystemen. Sein Œuvre, das sich der Kategorisierung entzieht, umfasst Fotografien und Künstlerbücher ebenso wie Installation, Mail Art oder Fluxus-inspirierte Aktionen. Horvitz nutzt bevorzugt lokale Gegebenheiten, die er in seinen Werken aneignet, indem er etwa für die Installation „Imagined Clouds“ alle in örtlichen Geschäften verfügbaren Arten von Wasserflaschen kauft, die Etiketten entfernt und sie im Ausstellungsraum platziert. Zu den Blickachsen 14 trägt Horvitz eine neue und ortsspezifische Arbeit bei: Mit „All the Crows of Bad Homburg“ erklärt der Künstler für die Dauer der Ausstellung alle Krähen vor Ort zu lebendigen Skulpturen. In einer handgeschriebenen Notiz, die auf einer Tafel im Kurpark abgedruckt wurde, lädt er die Besuchenden ein, die Verwandlung der Krähen in Kunstwerke in der eigenen Wahrnehmung zu vollziehen. Horvitz erzeugt so den Rahmen für eine ungewöhnliche Erfahrung – Vögel als Kunst zu betrachten und Skulpturen fliegen zu sehen.
David Horvitz studierte an der University of California, der Waseda Universität in Tokyo und am Bard College in New York. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen international präsentiert und sind in renommierten Sammlungen in Europa und Amerika vertreten.
Elizabeth Jaeger (USA) *1988 in San Francisco, Kalifornien
22 Distant Thunder, 2025, Bronze, Ex. 1/5, 56 x 44 x 22 cm
Im schattigen Grün des Schlossparks liegt ein Hund - eigentlich keine Besonderheit. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass es sich nicht um ein lebendiges Wesen, sondern um eine Bronzefigur handelt, geschaffen von der Künstlerin Elizabeth Jaeger. Der Hund ist lebensnah gestaltet und erweckt durch den aufmerksamen Blick und das lauschend gespitzte linke Ohr einen animierten Eindruck. Jaeger beschäftigt sich bereits seit vielen Jahren mit Hunden als Gefährten für ihre menschlichen Besitzer, die diese besser kennen und verstehen als sie sich selbst. Insgesamt schafft sie zumeist in Keramikund Metallarbeiten Einblicke in die selten beachteten Parallelrealitäten von Tieren, Blumen und Haushaltsgegenständen. So macht sie auf zarte und fragile Weise auf nicht-menschliche Perspektiven und wenig wahrgenommene Aspekte dessen aufmerksam, was uns im Alltag umgibt.
Elizabeth Jaeger studierte am Art Institute of Chicago, der École nationale supérieure des arts in Nancy und am Lewis and Clark College in Portland. Die Künstlerin lebt und arbeitet in New York und hielt sich als Teilnehmerin von Residenzprogrammen unter anderem bei Callie’s in Berlin auf. Sie zeigte ihre Arbeiten bislang in Einzelausstellungen in den USA, China, Frankreich und Deutschland, und nahm international an zahlreichen Gruppenausstellungen teil.
Hans Josephsohn (Schweiz) *1920 in Königsberg (heute Kaliningrad), †2012 in Zürich
23 Ohne Titel (Liegende), 1995-2000, Messingguss / cast brass, Ex. / ed 1/6, 61 x 218 x 68 cm Privatsammlung Frankfurt am Main
Im Zentrum der beinahe sieben Jahrzehnte umspannenden bildhauerischen Praxis von Hans Josephsohn steht die menschliche Figur. So zeigt auch die bei den Blickachsen 14 ausgestellte Messingplastik einen einzelnen Körper. Dessen voluminöse, abgerundete Formen sind auf einem rechteckigen Podest positioniert, mit dem sie verschmelzen zu wollen scheinen. Obwohl die Details reduziert sind, ist im Werk gerade noch eine liegende Frau zu erkennen. Die Oberfläche zeigt deutlich die Bearbeitungsspuren, die die Hände des Künstlers bei der Erschaffung des Modells hinterlassen haben, und lässt zugleich an natürlich verwittertes Gestein denken. Die „Liegende“ weist somit essenzielle Merkmale des Werks von Hans Josephsohn auf, das eine klassisch-moderne Sensibilität mit Zitaten aus der europäischen Kunstgeschichte verbindet und trotz der Tendenz zur Abstraktion immer an der Figürlichkeit festhält.
Hans Josephsohn erlernte in Zürich unter Otto Müller die Bildhauerei. Beginnend in den 1940er-Jahren entwickelte er seine eigenständige künstlerische Praxis und präsentierte seine Arbeiten vor allem in der Schweiz. Seit der Jahrtausendwende erhält Josephsohn verstärkt internationale Beachtung und wird vielfach ausgestellt, so etwa bei der 55. Venedig-Biennale 2013. 2004 eröffnete das Kesselhaus in Zürich, das der Verwaltung und Präsentation von Josephsohns Œuvre gewidmet ist.
Gary Kuehn (USA) *1939 in Plainfield, New Jersey
24 Pole Piece, 1970/2025, Stahl / steel, 367 x 63 x 10 cm
Mit seinen Werken, die die Grenzen zwischen Skulptur, Objekt und Gemälde verwischen, hat sich Gary Kuehn seit den späten 1960er-Jahren als ein wichtiger Vertreter der Strömungen der Process Art und des Post-Minimalism etabliert. Besonders von Interesse ist dabei für ihn laut eigener Aussage immer die “expressive Qualität von Materialien und Prozeduren”, die er seinen Werken einschreibt. Deutlich wird diese Qualität auch in „Pole Piece“, einem hoch aufragenden, abgeknickten Stahlrohr. Kuehn konterkariert die Härte und Stabilität des Stahls durch das wie kraftlos herabhängende obere Segment des Rohres. Es erscheint wie ein leerer und zerbrochener Fahnenmast, der als Symbol für den Verlust nationaler Integrität und Stärke gelesen werden kann. Während das Werk sich zu seinem Entstehungszeitpunkt besonders auf den Vietnamkrieg und seine Auswirkungen in den USA bezog, fügt es sich auch in den derzeitigen global-politischen Kontext ein und erhält so neue Aktualität.
Gary Kuehn studierte an der Drew University und Rutgers University. Im Jahr 1969 nahm er an der von Harald Szeemann kuratierten, wegweisenden Ausstellung “Live in Your Head: When Attitudes Become Form” teil, 1977 an der Documenta VI. Es folgten zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen und Aufträge für Werke im öffentlichen Raum international. Kuehn lehrte als Professor langjährig an der Rutgers University sowie unter anderem an der HbK Braunschweig.
Maria Loboda (Polen) *1979 in Krakau
25 The Year of Living Dangerously, 2020-2022, Mixed Media, mehrteilige Installation mit variablen Maßen
In ihren Skulpturen und Installationen untersucht Maria Loboda kulturelle Codes und historisch geformte Bedeutungen von Objekten. In einer „zeitgenössisch-archäologischen” Herangehensweise enthebt sie Gegenstände aus sedimentierten Kontexten und setzt sie in neue Perspektiven – so auch in „The Year of Living Dangerously“. Für diese Installation versammelt Loboda verkleinerte Nachbildungen von Werken der Künstler Jean Arp, Constantin Brancusi, Jean Dubuffet, Barbara Hepworth und Jeff Koons. Sie alle stehen für wichtige Entwicklungen der Skulptur im 20. Jahrhundert, doch hier scheinen sie achtlos am Teichufer zu liegen. Der Kontrast zwischen dem ideellen Wert der Werke und ihrer Platzierung eröffnet die Frage: Was bedeutet die „Gefahr“ im Titel – wurden die Skulpturen bei einer Naturkatastrophe aus einem Museum oder Depot geschwemmt? So lädt Lobodas Arbeit dazu ein, über die Verletzlichkeit von Kunst und ihre Bedeutung in einer unsicheren Welt nachzudenken.
Loboda studierte an der Städelschule. Neben Einzelausstellungen in großen europäischen Institutionen hat sie international an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen, darunter u.a. an der 58. Biennale von Venedig (2019), an der Taipei Biennale (2014) und an der documenta 13 (2012).
Christiane Möbus (Deutschland) *1947 in Celle
26 Regen und Traufe, 1987, Eisen, verzinkt, 28 x 181,5 x 181,5 cm
Christiane Möbus’ Werke verbinden konzeptuelle Strenge und ästhetische Zugänglichkeit. Die Künstlerin verwendet in ihren Skulpturen oft gefundene Materialien und Elemente, die untereinander und mit den von der Künstlerin gewählten Titeln zusammenwirken, um dichte, poetische Bedeutungen zu weben. Für die Titel bezieht sich Möbus auf Märchen und Sagen ebenso wie auf geläufige Metaphern und Redewendungen. Dies ist auch bei „Regen und Traufe“ der Fall. Die beiden flachen, metallenen Schalen, aus denen die Skulptur besteht, fügen sich zu einem eleganten Gebilde zusammen. Dieses füllt sich bei entsprechendem Wetter mit Regenwasser, das durch die kleinen Löcher, die auf beiden Seiten in die Schalen eingelassen sind, langsam abfließt. Wie sich die Redewendung “vom Regen in die Traufe”, die einen Übergang von einem Übel zu einem noch schlimmeren beschreibt, derweil zum Werk verhält, bleibt offen. „Regen und Traufe“ bietet somit Raum für die persönlichen Projektionen und Interpretationen der Betrachtenden.
Nach ihrem Studium an der HbK Braunschweig hielt sich Christiane Möbus Anfang der Siebziger in New York auf und nahm an mehreren wegweisenden Ausstellungen in den USA teil. Ihre Arbeiten präsentierte sie in Einzelausstellungen im dt. Sprachraum und Gruppenausstellungen europaweit. Von 1990 bis 2014 hatte Möbus eine Professur an der UdK Berlin inne.
Thea Moeller (Deutschland) *1985 in Hannover
27 Sign, 2025, Stahl, verzinkt, teilweise lackiert, 360 x 350 x 30 cm; Förderung durch die Sektion IV – Kunst und Kultur, Bundesministerium für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport, Österreich
Thea Moeller bedient sich in ihrem bildhauerischen Schaffen industrieller Materialien und einer Formensprache, die aus urbanen Landschaften und deren vernachlässigten Ecken stammt. Sie greift auf Strategien der Assemblage zurück und setzt für ihre Skulpturen und Installationen teils vorgefertigte, teils wiederverwendete Versatzstücke zusammen. Die resultierenden Objekte wirken unabgeschlossen, ebenso rätselhaft wie von unbeabsichtigten, städtischen „Alltagsassemblagen” her vertraut. Auch das Werk „Sign“, das Moeller für die Blickachsen 14 entwickelte, folgt diesem Ansatz. Es erinnert an Werbeschilder für Motels und Restaurants entlang amerikanischer Highways und wirkt wie ein Relikt, ist jedoch in Wirklichkeit von der Künstlerin sorgfältig angefertigt. Ohne ein Produkt oder Angebot, das beworben werden könnte, und mitten im Kurpark regt „Sign“ zum Abstand nehmen und Nachdenken an. Es macht auf unseren Umgang mit gebauten Umgebungen aufmerksam, der im Alltag selbstverständlich, beiläufig und unter der Oberfläche bleibt.
Thea Möller studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Sie präsentierte ihre Werke bislang in Einzelausstellungen in Österreich, Deutschland, den USA und Dänemark. Weiterhin nahm Moeller, die gelegentlich auch lehrend sowie als Kuratorin tätig ist, europaweit und darüber hinaus - in den USA sowie in Georgien - an Gruppenausstellungen teil.
Manfred Pernice (Deutschland) *1963 in Hildesheim
28 Parkdose, 2000, Beton, Holz, 410 x 230 x 230 cm
In seiner bildhauerischen Praxis verwendet Manfred Pernice bescheidene Alltagsmaterialien aus Bau und Handwerk wie Pressspan, Tischlerplatten, Kacheln, Eisenstäbe und Beton. Die daraus geformten Skulpturen ergänzt er häufig durch Objekte, Texte und Zeichnungen und verleiht so seinen Werken ortsspezifische Bezüge. Von Anfang an spielen in Pernices Schaffen Behältnisse, vor allem Dosen, eine besondere Rolle – in diesem Zusammenhang steht auch die im Rahmen der Blickachsen 14 präsentierte „Parkdose“. Deren künstlerische Bestimmung scheint es zu sein, die Kluft zwischen MidCentury-Kiosk und Kunstobjekt zu überwinden – der graue Beton lässt an brutalistische Architektur denken. Zu deren Ethos passt auch die Idee, ein Verkaufshäuschen formal dem anzugleichen, was dort vermeintlich erstanden werden kann. Im Kurpark steht die nüchterne Gestaltung der „Parkdose“ im spannungsreichen Kontrast zur grünen Umgebung und zur klassizistischen Gartenarchitektur Lennés.
Manfred Pernice studierte an der HbK Braunschweig und der HdK Berlin. Seinem Werk wurden international in zahlreichen Institutionen Einzelausstellungen gewidmet. Darüber hinaus nahm er vielfach an renommierten internationalen Formanten wie etwa der Venedig Biennale, der documenta und den Skulptur Projekten Münster teil. 2004-2009 lehrte Pernice als Professor an der Akademie der bildenden Künste Wien, seit 2012 ist er Professor an der UdK Berlin.
Thomas Schütte (Deutschland) *1954 in Oldenburg
29 Tribute to Moondog, 2024, patinierte Bronze, Stahl, Ex. AP, 220 x 90 x 100 cm
30 Tribute to Moondog, 2024, patinierte Bronze, Stahl, Ex. AP, 220 x 90 x 100 cm
31 Nuclear Temple, 2012, Stahl, 300 x 273 x 273 cm
Das gekonnte Spiel mit der Aneignung und Verfremdung bekannter Formen zeichnet das bildhauerische Werk von Thomas Schütte aus. Langfristig beschäftigt ihn die Auseinandersetzung mit Architektur, Geschichte und Erinnerungskultur - so auch in den Werken, die bei den Blickachsen 14 präsentiert werden: Die beiden identischen Skulpturen „Tribute to Moondog“ sind eine Hommage an den gleichnamigen exzentrischen Musiker und Komponisten, der 1999 in Münster verstarb. Die Arbeit durchbricht die Konvention der Gedenkbüste, indem der Dargestellte nicht physiognomisch, sondern psychologisch-emotional abgebildet wird. Der Hundekopf, der an den Künstlernamen erinnert, ist gleichzeitig eine Überarbeitung von Schüttes älterer Skulptur „Hund III“ (2004). Die Stahlskulptur „Nuclear Temple“ wird vom Künstler selbst als „Architekturmodell” klassifiziert. Es erinnert tatsächlich an ein geschrumpftes Gebäude, dessen Erscheinung zwischen einem Tempel und dem Körper einer verwitterten Bombe changiert.
Thomas Schütte studierte an der Kunstakademie Düsseldorf. Ihm wurden weltweit Ausstellungen in prestigeträchtigen Institutionen gewidmet, darunter zuletzt eine Retrospektive im MoMa, New York sowie eine Schau im Palazzo Grassi/Punta della Dogana in Venedig. Schütte nahm vielfach an großen internationalen Ausstellungen teil und wurde 2005 bei der 51. Venedig-Biennale mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet. Er präsentierte bereits im Rahmen der vergangenen 13. Edition der Blickachsen (2023) eines seiner Werke.
Grace Schwindt (Deutschland) *1979 in Offenbach am Main
32 Arched Figure, 2022, patinierte Bronze, Steinguss, Ex. 1/3, 215 x 86 x 330 cm
Grace Schwindt verwebt in ihrer künstlerischen Praxis die Medien Film, Performance, Skulptur und Zeichnung. Die Künstlerin beschäftigt sich besonders damit, wie Körper - im Wechselspiel mit Sprache und Objekten – Geschichtsnarrative und Erinnerungsstrukturen prägen und im Gegenzug von diesen geprägt werden. Darüber hinaus versucht sie sichtbar zu machen, wie Körper in unserer Gesellschaft diszipliniert, gestaltet und verformt werden. Auch in der Skulptur „Arched Figure“, einer Mischtechnik aus Bronze und Steinguss, steht der menschliche Körper im Zentrum. Die Füße und Beine sind klar konturiert, während sich der zurückgebeugte Oberkörper ab der Hüfte zunehmend von anatomischer Genauigkeit entfernt. Der Torso löst sich in eine amorphe Masse auf, die scheinbar schwerelos rücklings zu Boden stürzt. So schafft Schwindt das Bild einer fragilen Balance zwischen kontrollierter Verrenkung und drohendem Kontrollverlust, in dem sich eine spannungsreiche Ambivalenz von Kraft und Verletzlichkeit manifestiert.
Grace Schwindt studierte an der University of Westminster und der Slade School of Fine Arts in London. Ihre Werke wurden international in Galerien und Museen, aber auch in Theatern und anderen Institutionen aus dem Bereich der darstellenden Kunst präsentiert
Manolo Valdés (Spanien) *1942 in Valencia
33 Reina Mariana, 2012, Bronze, Ex. 6/8, 173 x 130 x 90 cm
Die Auseinandersetzung mit Ikonen der Kunstgeschichte, insbesondere den Gemälden des spanischen Barockmalers Diego Velázquez, spielt eine zentrale Rolle im Werk von Manolo Valdés. Bereits während seiner Zeit als Teil der Künstlergruppe Equipo Crónica kombinierte er die Pop-Art-Strategie der Verwendung weithin bekannter Bilder mit sozialpolitischer Kritik, insbesondere am Franco-Regime. Später schärft Valdés seinen individuellen Ausdruck und lässt einzelne Figuren wie jene aus Velázquez’ Porträt der Königin Mariana von Österreich (1652/53) dreidimensional aus der Bildfläche hervortreten. So entsteht die Skulptur „Reina Mariana“, die bei den Blickachsen 14 zu sehen ist: Valdés modelliert die Form der Königin aus Holzlatten und gießt sie anschließend in Bronze. Trotz der somit abstrahierten Oberfläche bleibt die charakteristische Silhouette mit ausladendem Rock und aufgetürmter Haarpracht sofort erkennbar.
Manolo Valdés zählt sowohl als Mitbegründer von Equipo Crónica als auch als eigenständiger Künstler zu den wichtigsten Protagonisten der spanischen Kunst des 20. Jahrhunderts. Seine Gemälde und Skulpturen wurden weltweit in Einzelausstellungen gezeigt. Er vertrat Spanien 1999 bei der Biennale in Venedig, und seine von Velázquez inspirierten Bronzeskulpturen wurden in Städten wie New York, Düsseldorf und Venedig ausgestellt.
Georg-Friedrich Wolf (Deutschland) *1962 in Freiburg im Breisgau
34 Fingerprint VI, 2019, Stahl, roh oxidiert, Ex. 2/7, 440 x 157 x 157 cm 35 The Missing Piece, 2013, Stahl, roh oxidiert, Ex. 2/7, 350 x 350 x 8 cm
Das bevorzugte Material von Georg Friedrich Wolf ist Stahl. In großformatigen Skulpturen und Werkzyklen setzt er sich unermüdlich mit dessen Eigenschaften sowie Möglichkeiten der Formgebung und Oberflächengestaltung auseinander. Damit erweitert Wolf stets das Register der Ausdrucksmöglichkeiten, die ihm sein Werkmaterial eröffnet. Bei den Blickachsen 14 zeigt er mit „The Missing Piece“ eine Schlüsselarbeit seines bisherigen Schaffens. Auf der Rasenfläche im Kurpark liegt ein monumentales Puzzlequadrat aus massiven Stahlplatten – ein Puzzlestück jedoch fehlt. Die leere Stelle ist kein Fehler, sondern Absicht: Für den Künstler ist die Lücke ein „Lebensprinzip”, ein Möglichkeitsraum, in dem wir denken, fühlen und uns der Welt annähern können. Diese Idee greift auch die zweite Arbeit, „Fingerprint IV“, auf. In die über vier Meter hoch aufragenden Stahlplatten sind Leerstellen für Puzzlestücke eingefügt, von denen keines dem anderen gleicht.
Georg Friedrich Wolf absolvierte zunächst eine Ausbildung zum Schlosser und legte anschließend die Meisterprüfung als Stahlbauer ab. Diese technische Expertise, kombiniert mit einem regen Interesse an kanonischen Werken der Kunst- und Literaturgeschichte (und darüber hinaus) bilden die Grundlage seines künstlerischen Schaffens. Wolf präsentierte seine Werke in Ausstellungen im In- und Ausland und erhielt mehrfach Aufträge für Kunstwerke in öffentlichen Räumen.