Die Ausstellung „Temporär aber Temporär“ beginnt im Badezimmer: Ein Ort der Stille, der Erinnerung, des Aufatmens und des Entfliehens. Erst seit dem frühen 20. Jahrhundert stellt das Badezimmer, wie wir es heute kennen, einen festen Bestandteil eines Haushaltes dar. Zwar geht die Bedeutung von Reinigungs- und Waschzeremonien bis in die Antike zurück, erhalten in den unterschiedlichen Weltreligionen mitunter fundamentale Bedeutung, doch rückt die historische Bade- und Hygienekultur vielmehr den sozialen Moment in den Vordergrund, den das Badezimmer der Gegenwart versucht zu umgehen. Es soll groß und geräumig sein, ist meist weiß und kühl gefliest, hat – ganz funktional – ein Fenster und schafft einen kontemplativen Ruheort, in dem das Intime und Private Raum findet und frei sein kann. Hannah Arendt beschrieb in ihrem philosophischen Hauptwerk Vita activa oder Vom tätigen Leben eben jene privaten Räume als den wohlmöglich einzigsten Ort, „an den wir uns von der Welt zurückziehen können, nicht nur von dem, was in ihr ständig vorgeht, sondern von ihrer Öffentlichkeit, von dem Gesehen- und Gehörtwerden“. Interessanterweise scheint das gegenwärtige Badezimmer bereits das Maximum der Bedürfnisse an Sicherheit und Hygiene unserer westlich geprägten Gesellschaft abzudecken, ein sichergeglaubter Safe Space zu werden – und droht damit zum Angriffspunkt für eine neue, unsichtbare Öffentlichkeit zu werden. Risse und kleine Hohlkörper in der Decke, dünne, provisorische Wände sowie Ritzen, Schlüssell.cher und Spiegel brechen mit dem Privaten und stellen unsere wahrgeglaubte Freiheit in Frage. Was passiert mit uns, wenn das vermeintlich Sichere auf einmal zur Gefahr – das Unsichtbare sichtbar wird?

All jene Fragen und Gedanken haben sich auch die beiden Künstlerinnen Nara Bak und Donja Nasseri gestellt. Um sich dem Thema ehrlich und direkt, unterbewusst und doch konfrontativ zu begegnen, haben sie kurzerhand ein Badezimmer zu ihrem temporären Lebensort erklärt. Eine Nacht in einem Hotelbadezimmer in Bochum, damit vielleicht auch interessanter Ortsbezug zu den speziell für die Galerieräume der galerie januar entwickelten Werke, das immer wieder zwischen Vertrautem und Fremden wechselt. Die entstandenen Arbeiten, die sie über drei Etagen entdecken können, sind somit die Resultate einer intensiven und persönlichen Auseinandersetzung mit ambivalenten Konzepten von Sicherheit und einer höchst subjektiven Erfahrung im Raum. Dabei ziehen sich Elemente wie Zeit, Identität, Gewohnheit und Erinnerung wie transparente Linien durch die Galerieräume. Stets überlagert dabei das Persönliche das Unbekannte oder Andere, doch schaffen die sensiblen Aufnahmen es dennoch stets aufeinander zuzugehen, sich zu überlagern, etwas Neues zu erzeugen oder im Bruch miteinander einander zu ergänzen.


Öffnungszeiten:
Donnerstag: 17:00 - 19:00 Uhr
und nach Vereinbarung.

Die Ausstellung ist zusätzlich zu den üblichen Donnerstagsterminen ebenfalls am 12., 15., 16. und 17. Mai von 17 bis 19 Uhr sowie am 14. Mai von 14:00 - 17:00 Uhr geöffnet.

Weitere Informationen direkt unter: galerie-januar.de

Installationsansicht Nara Bak & Donja Nasseri: Temporär aber Temporär, Foto: Emmanuel Giagtzoglou
05.05. - 22.06.2023

Nara Bak & Donja Nasseri: Temporär aber Temporär

galerie januar e.V. – Verein zur Förderung junger Kunst

Eislebener Straße 9
44892 Bochum