Als Vignali, Bauer in den Hügeln des Apennin, alt und krank geworden, gefesselt an sein Haus, nicht mehr mit Bäumen, Sträuchern, Weinstöcken auf seinen Feldern arbeiten konnte, fiel sein Blick auf einen Klotz vor seinen Füßen. Er meinte ein Gesicht darin zu sehen. Mit dem Messer legte er Augen, Nase, Mund frei, Kinn und Stirn, und daraus wurde ein Kopf. Er schälte weitere Köpfe aus weiterem Holz der frisch gefällten Ulme heraus, und schließ- lich malte er die Köpfe - bald auch Bäume, Blüten, Vögel, Schlangen, Felder, sein Haus, sich selbst. Dabei vergaß er die Schmerzen und die Trauer über seine nachlassenden körperliche Kräfte. Wenn er malte, stand er wieder fest auf dem Boden seines Lebens.

Die Frauen der Maisin an der Südostküste von Papua-Neuguinea waren immer gut aufgehoben in den Gebräuchen, die sie von ihren Müttern kennen. Auf Rindenbast vom Wuwusi-Baum schlagen sie so lange ein, bis er nach und nach seine Fläche aus- dehnt und fast so geschmeidig wird wie ein Stoff. Mit Farben, die sie aus Erden, Wurzeln, Blättern rühren und kochen, schaffen sie mit schwarzen Linien und roten Flächen Figurationen, die wir als Muster, als Ornament betrachten mögen, die für sie Zeichen sind für Herkunft, Dasein, Geisterwelt.

Dr. Alban Ada von Stockhausen, der im Heidel- berger Völkerkundemuseum solche Tapa genannten Kunstwerke hütet, wird zur Vernissage darüber sprechen. Genauso wie über die Panggal der Männer der Kwoma, die in den Washkukbergen am Oberlauf des Sepik im Regenwald von Papua-Neuguinea Blattscheiden von Sagopalmen bemalen, die sie in ihre Männerhäuser stellen.

In Büchern lesen wir, dass das Urbild des Baumes in der Mitte des Kosmos steht und Himmel und Erde verbindet. Weder Vignali, noch die Maisin, noch die Kwoma lesen und schreiben, ihre Bildwerke aber, zeitlos, alt wie neu, beeindrucken uns, haben magische Kraft.

Wieder durften wir Schätze aus dem Nachlass von Dr. Volker Schneider zu Tage fördern und danken Dorit Schneider für ihr Entgegenkommen und ihre unermüdliche Hilfe. 

Pellegrino Vignali, Haus und Bäume
01.08. - 30.10.2025

Baumbilder von Pellegrino Vignali, den Maisin und den Kwoma

Museum Haus Cajeth

Haspelgasse 12
69117 Heidelberg