„Hauptstraße“ ist der in Deutschland mit Abstand am häufigsten verwendete Straßenname – insgesamt ist er ganze 6.451 Mal vergeben. Doch was verbindet all diese Straßen jenseits ihres Namens? Für sein Fotoprojekt, das bis zum 13. Oktober 2025 im Altonaer Museum zu sehen ist, ist André Lützen quer durch die Republik, in alle 16 Bundesländer, gereist und hat ausschließlich Hauptstraßen und ihre typischen Merkmale fotografiert.

Hauptstraßen sind Lebensadern von Städten und Dörfern. Hier finden sich alteingesessene Geschäfte neben leerstehenden Ladenlokalen, Imbissbuden neben Apotheken, Tankstellen neben Spielhallen. Hauptstraßen sind Verkehrsachsen und Treffpunkte zugleich – Orte des Kommens und Gehens, voller Dynamik und Widersprüche. Lützen hat in seinen Fotografien die gesamte Vielfalt dieser Straßen festgehalten: das Verbindende und das Trennende, das Skurrile und das Alltägliche, das Vergängliche und das Beständige. Seine Bilder zeigen nicht nur Fassaden, sondern auch die subtile Choreografie des urbanen Lebens. In den Schaufenstern, Straßenschildern und Werbetafeln spiegelt sich eine vielschichtige Form der Selbstdarstellung wider – mal nüchtern, mal überbordend, mal unfreiwillig komisch.

Die fotografische Auseinandersetzung mit den Hauptstraßen ist in Lützens Bildern mehr als eine dokumentarische Bestandsaufnahme. Sie bietet einen künstlerischen Blick auf das, was oft übersehen wird: die Ästhetik des Alltäglichen, die Poesie der gebauten Umgebung und die Spuren, die Menschen im öffentlichen Raum hinterlassen. Entstanden ist eine visuelle Reise durch Deutschland – ein Roadmovie in Bildern, das Sehgewohnheiten hinterfragt und zum Nachdenken über den öffentlichen Raum einlädt. Neben den großformatigen Fotografien zeigt André Lützen Bilder aus Super-8 Filmen, die er aus Nachlässen gesammelt hat. Diese privaten Filmaufnahmen gewähren intime Einblicke in vergangene Alltage und ergänzen die kulissenhafte Erzählung um eine weitere emotionale Ebene.

André Lützen, geboren 1963 in Hamburg, studierte „Visuelle Kommunikation“ an der Hochschule für bildende Künste Hamburg und am International Center of Photography New York. Seine Arbeiten wurden vielfach ausgezeichnet und u.a. im Haus der Photographie/Deichtorhallen Hamburg, in den Krefelder Kunstmuseen, in der Hamburger Kunsthalle, in der Noorderlicht Photo Gallery Groningen, auf der Kochi Muziris Biennale in Indien auf dem New York Photo Festival und auf der Photo Espana gezeigt. André Lützen unterrichtete Fotografie an der MuthesiusHochschule in Kiel und der Folkwang Hochschule in Essen. Er arbeitet regelmäßig als Dozent für die Deichtorhallen Hamburg und das Haus der Photographie, sowie für das Goethe Institut. Sein Schwerpunkt ist die persönliche Dokumentarfotografie. Seine Bilder sind in mehreren Monographien erschienen: Generation Boul Fale (2001), Loch im Kopf (2005), Before Elvis there was nothing (2008), Public Private Hanoi (2010), Zhili Byli (2014), Inside Out Kochi (2016), Up-River Book (2018) und Khartoum (2023)

Eine Ausstellung im Altonaer Museum in Kooperation mit der Alfred Toepfer Stiftung F. V. S. 

06780 Zörbig-Löbersdorf, André Lützen
04.06. - 13.10.2025

Hauptstraße Deutschland. Fotografien von André Lützen

Altonaer Museum

Museumstraße 23
22765 Hamburg