„Ferne Spiegel“ ist die erste Einzelausstellung der Malerin Sibylle Springer (*1975) in der Kunsthalle Bremen und präsentiert überwiegend neue Arbeiten. In der Ausstellung richtet Springer den Blick auf Frauen der Gegenwart und Vergangenheit. Ihre Gemälde und Textilarbeiten machen zum einen fast vergessene oder weitgehend unbekannte Künstlerinnen sichtbar. Gleichzeitig reflektieren sie die Selbstdarstellung von Künstlerinnen und Popikonen wie Madonna und Mariah Carey in den öffentlichen Medien und auf den Sozialen Medien.

Die Malerei von Sibylle Springer macht neugierig – und verunsichert zugleich. Unter den vermeintlich klar erkennbaren Bildmotiven verbirgt sich oft eine zweite Bedeutungsebene, die sich erst durch genaueres Hinsehen erschließt. Springer bringt Verborgenes ans Licht und thematisiert Unbequemes, wobei sie häufig die westliche Kunstgeschichte zitiert.

Im Zentrum von „Ferne Spiegel“ steht die Wahrnehmung und Inszenierung von Frauen in unserer Gesellschaft. Daraus ergeben sich Fragen nach Sichtbarkeit und Repräsentation, nach Rollenzuschreibungen, Vergänglichkeit und Identität. Dabei bezieht sich Springer sowohl auf historische als auch auf zeitgenössische Künstlerinnen.

Ihre Werke spannen einen Bogen von den Selbstinszenierungen aktueller Künstlerinnen auf Plattformen wie Instagram bis hin zu heute weitgehend unbekannten Malerinnen vergangener Jahrhunderte – etwa den Schwestern Barbara und Margaretha Dietzsch oder der niederländischen Stilllebenkünstlerin Rachel Ruysch.

Indem Springer ihre Bildmotive in neue Kontexte überträgt, macht sie blinde Flecken der Kunstgeschichte sichtbar und verweist auf deren Nachwirkungen bis heute. Ihre Arbeiten werfen dabei grundlegende Fragen auf: Wen hat die Kunstgeschichtsschreibung vergessen – und warum? Welche Erzählungen wurden verdrängt? Und wie prägen diese Auslassungen noch immer unseren Blick auf Geschichte und Gegenwart?

Diese und weitere Fragen spiegeln sich nicht nur in Springers Motiven, sondern auch in ihrer Malweise und im Umgang mit dem Material. Leinwand und Farbe dienen ihr nicht bloß als Träger des Bildmotivs, denn malerische Technik und inhaltliche Ebene greifen stets ineinander. Das zeigt sich auch in ihren textilen Arbeiten, einem neueren Aspekt ihrer künstlerischen Praxis: Hier sind es Wolle und Garn, die ihre Positionen zum Leben erwecken und in einen alltagsnahen Kontext übertragen.

„Ferne Spiegel“ versteht sich als Blick in die Vergangenheit und als Reflexion der Gegenwart – und zugleich als Einladung, geübte Sehgewohnheiten zu hinterfragen.

Es werden rund 100 Arbeiten gezeigt, die Malerei, Zeichnungen und Textilarbeiten umfassen. Die Arbeiten wurden überwiegend noch nie gezeigt. Ergänzend werden sechs Papierarbeiten von Barbara Regina Dietzsch aus der Sammlung der Kunsthalle präsentiert.

Eine Ausstellung des Förderkreises für Gegenwartskunst im Kunstverein Bremen.