Um 1800 erlebte Berlin eine kulturelle und gesellschaftliche Blütezeit von bis dahin ungekanntem Ausmaß, die bis heute nachhallt. In einer umfangreichen Sonderausstellung mit rund 100 Leihgaben widmet sich die Stiftung Schloss Neuhardenberg dieser herausragenden Epoche kultureller Erneuerung.
Schadow, Langhans, Gilly, Chamisso, Varnhagen, Humboldt, Schinkel: Um das Jahr 1800 brachte Berlin außergewöhnliche kulturelle Errungenschaften hervor, die in ihrer Innovationskraft und Bedeutung weit über die Grenzen der Stadt und ihre Zeit hinaus Anerkennung fanden. Trotz widriger politischer Umstände gingen ihre Schöpfer in Architektur, Bildhauerei, Literatur, Musik, Philosophie und anderen Disziplinen völlig neue Wege und ließen die Stadt, die bis dahin eher Provinz als Metropole war, zu einem Zentrum geistiger und künstlerischer Erneuerung von internationalem Rang werden. Heute wird dieser Aufbruch zwischen 1786 und 1815 als Berliner Klassik bezeichnet. Eine Besonderheit Berlins im Vergleich zu anderen geistigen Zentren der Zeit ist, dass die kulturelle Entwicklung vor allem durch einen intensiven Gesprächsaustausch verschiedener Gruppen zustande kam. In den Berliner Salons, in Vereinen, Clubs, Logen und Gesellschaften oder im Theater kam man miteinander in den Austausch, unabhängig von weiterhin herrschenden Standes-, Religions- oder Geschlechtergrenzen.
In einer umfangreichen Sonderausstellung widmet sich die Stiftung Schloss Neuhardenberg diesem Phänomen der Kulturgeschichte, in dessen Geist auch das klassizistische Ensemble Neuhardenberg errichtet wurde. Dazu versammelt sie rund 100 Leihgaben von 19 Leihgebern, darunter öffentliche Häuser wie die Staatsbibliothek zu Berlin, das MusikinstrumentenMuseum des Staatlichen Instituts für Musikforschung, die Gipsformerei der Staatlichen Museen zu Berlin, das Landesdenkmalamt und das Stadtmuseum Berlin, aber auch Exponate aus bedeutenden Privatsammlungen.
„Es ist beeindruckend, wie um 1800 aus dem gemeinsamen Austausch künstlerische Höchstleistungen erwuchsen“, resümiert Dr. Heike Kramer, Generalbevollmächtigte der Stiftung Schloss Neuhardenberg: „Gerade diese Offenheit für den Dialog macht die Berliner Klassik für unsere Gegenwart so relevant. Nur wenn wir miteinander im Gespräch bleiben, sind Aufbrüche wie damals in Berlin auch heute noch möglich.“
Unter den Leihgaben sind auch bisher nicht öffentlich gezeigte Entdeckungen, darunter ein bislang unbekanntes Porträt des jungen Karl Friedrich Schinkel (1781 - 1841), gemalt um 1811 von Ernst Friedrich Bussler, sowie ein Karl Friedrich Schinkel zugeschriebener Sekretär der Jahre 1805 - 1815 aus dem Besitz von Lucie von Hardenberg. Dieser Sekretär steht in seiner architektonischen Strenge unverkennbar in der Tradition der an der französischen Revolutionsarchitektur orientierten Berliner klassizistischen Bauweise eines Heinrich Gentz (1766 - 1811) oder Friedrich Gilly (1772 - 1800), dessen Schüler Schinkel war.
Um diesen Austausch darzustellen, werden in der Ausstellung Personenpaare vorgestellt, die in ihrer jeweiligen Disziplin Großes geleistet haben: Neben den genannten Architekten Friedrich Gilly und Karl Friedrich Schinkel sind dies Johann Gottfried Schadow (1764 - 1850) und Carl Gotthard Langhans (1732 - 1808), Rahel Varnhagen (1771 - 1833) und Henriette Herz (1764 - 1847), Gottfried Mieth (um 1761 - 1830) und Carl August Mencke (1776 - 1841), Carl Friedrich Fasch (1736 - 1800) und Carl Friedrich Zelter (1758 - 1832) sowie die Dichter Adelbert von Chamisso (1781 - 1838) und Karl Philipp Moritz (1756 - 1793). In einer Audiostation sind Auszüge aus zwei wichtigen Werken dieser beiden Autoren – eingelesen von Katharina Thalbach – zu hören: Chamissos Peter Schlemihls wundersame Geschichte, das, in Kunersdorf unweit von Neuhardenberg geschrieben, Fragen der Identität und Herkunft behandelt, sowie Anton Reiser. Ein psychologischer Roman von Karl Philipp Moritz, ein bahnbrechendes Schlüsselwerk der Zeit.
Die Ausstellung nimmt darüber hinaus unmittelbare Bezüge der Epoche zu Neuhardenberg in den Blick: Karl Friedrich Schinkel entwarf die Kirche, das Schloss sowie Teile des Ortes Neuhardenberg in ihrer bis heute erhaltenen klassizistischen Form, Friedrich Gilly das Vorwerk Bärwinkel. Carl Gotthard Langhans entwarf wohl den Gartensaal von Schloss Neuhardenberg, Rahel Varnhagen begleitete den Staatskanzler Karl August von Hardenberg zum Wiener Kongress und Carl Friedrich Zelter initiierte den Bau einer Orgel für Schinkels neue Kirche im Ort.
Öffnungszeiten:
Mittwoch - Sonntag (Feiertage): 11:00 - 18:00 Uhr
Montag - Dienstag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: schlossneuhardenberg.de