Mit der Ausstellung European Realities. Realismusbewegungen der 1920er und 1930er Jahre in Europa, die am 26. April 2025 im Museum Gunzenhauser eröffnet wird, richtet sich der Blick erstmals über den tradierten Horizont der »Neuen Sachlichkeit« hinaus auf die vielfältigen Realismusbewegungen, die zeitgleich nahezu überall in Europa sichtbar waren. Die Ausstellung widmet sich einer Zeit voller gesellschaftlicher und kultureller Umbrüche, in der ein großer Wunsch nach Veränderung auf ein verbreitetes Bedürfnis nach Struktur und Ordnung trifft. Sie präsentiert Kunst aus verschiedenen europäischen Sammlungen und vereint erstmals Werke aus Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Ungarn. Diese ausgeprägte europäische Perspektive schlägt im Kulturhauptstadtjahr eine Brücke zwischen dem Sammlungsschwerpunkt der Neuen Sachlichkeit im Museum Gunzenhauser und der wirtschaftlichen Blütezeit, welche die Stadt Chemnitz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs prägte.
Eine Ausstellung der Kunstsammlungen Chemnitz – Museum Gunzenhauser in Kooperation mit Museum MORE, Gorssel.
Mit der Ausstellung European Realities. Realismusbewegungen der 1920er und 1930er Jahre in Europa, die am 26. April 2025 im Museum Gunzenhauser eröffnet wird, richtet sich der Blick erstmals über den tradierten Horizont der »Neuen Sachlichkeit« hinaus auf die vielfältigen Realismusbewegungen, die zeitgleich nahezu überall in Europa sichtbar waren. Die Ausstellung widmet sich einer Zeit voller gesellschaftlicher und kultureller Umbrüche, in der ein großer Wunsch nach Veränderung auf ein verbreitetes Bedürfnis nach Struktur und Ordnung trifft. Die 290 Kunstwerke auf drei Etagen des Museums berichten von der Modernisierung der Industrie, einem wirtschaftlichen Aufschwung und von kultureller Blüte, von wissenschaftlichem und technischem Fortschritt, von Großstadt und Nachtleben, Emanzipation und Diversität, aber auch von Armut, Hunger und Elend. Mit all seinen verschiedenen Facetten wurde der Zeitgeist der 1920er und 1930er Jahre eindrucksvoll in Gemälden, Druckgrafiken und Zeichnungen eingefangen. European Realities bringt erstmals die vielfältigen europäischen Realismusbewegungen der Zwischenkriegszeit zusammen.
Für die Hinwendung zu einer realistischen Kunst sind die Folgen des Ersten Weltkriegs entscheidend. In nahezu ganz Europa bedeutet der »Große Krieg« einen epochalen Einschnitt. Nach Schätzungen beträgt die Zahl der Todesopfer und jene der unmittelbar darauffolgenden Influenza-Pandemie insgesamt über 50 Millionen; Verwundete gibt es über 20 Millionen. Der Krieg traumatisiert die Menschen und vernichtet Imperien. Er verändert die politische Landkarte des Kontinents und beschleunigt die Etablierung parlamentarisch-demokratischer Verfassungen. Mit dem Zerfall vormals bestehender Großmächte entstehen die Weimarer Republik, Estland, Finnland, das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen bzw. ab 1921 Jugoslawien, Lettland, Litauen, Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn und Österreich. Damit einher geht in vielen Ländern die Einführung des Wahlrechts für Frauen und ihre Berechtigung, an Akademien zu studieren. Die Modernisierungen erfassen die europäischen Städte; technische und soziale Entwicklungen setzen sich durch, etwa das Radio und die Möglichkeit, an Freizeitangeboten zu partizipieren, ob in Kinos, Cafés oder beim Sport, der zum Massenphänomen wird.
Mit der Gründung neuer Nationalstaaten suchen auch die lokalen Kunstszenen nach einem neuen Stil, in dem sich die politischen und gesellschaftlichen Antagonismen der Zeit widerspiegeln. Der Blick richtet sich dabei auf aktuelle Entwicklungen in den großen europäischen Zentren. Man bannt nun die Wirklichkeit in gegenwartsnahe und gegenstandsbetonte Bilder. Es tauchen realistische Strömungen auf, die sich vom Expressionismus abwenden und bis in die 1930er Jahre reichen, als sich die politische Situation infolge der Etablierung totalitärer Regime erneut verschärft und Europa zutiefst von den Folgen der Inflation, Weltwirtschaftskrise und dem Erstarken autoritärer und nationalistischer Tendenzen getroffen wird.
Der Realismus der 1920er und 1930er Jahre hat nicht nur viele Namen und seine Wurzeln in verschiedenen Ländern, er besitzt ebenso viele Gesichter. Ohne Zweifel kommt jedoch all diesen – in ihren Grundtendenzen verwandten – künstlerischen Bewegungen die restaurative Stimmung zugute, die in den europäischen Ländern seinerzeit einem weit verbreiteten und tief empfundenen Bedürfnis entspricht. Gemeinsam ist den Bewegungen in Europa das Verlangen nach einer »Rückkehr zur Ordnung«, zu einer Kunst, die hinter der Abbildung von Wirklichkeit die existenziellen Ängste und gefährdeten Ideale des 20. Jahrhunderts sichtbar werden lässt. Künstler:innen besinnen sich auf klassische Traditionen in ihrer eigenen nationalen Geschichte, gleichzeitig versuchen sie, Vergangenes mit gegenwärtigen Realitäten zu verbinden. European Realities vereint die Hauptprotagonist:innen dieser Zeit. Darüber hinaus wird ein besonderes Augenmerk auf die europäischen Verbreitungswege der realistischen Strömungen gelegt: die Zirkulation von Ideen und innereuropäische Künstler:innennetzwerke. Damit stellt die Ausstellung nicht nur bereits arrivierte Positionen in den Fokus, sondern bindet bisher weniger bekannte bedeutende Persönlichkeiten aus Europa ein und legt Länder und Grenzen übergreifende Netzwerke offen.
Die Ausstellung präsentiert Werke aus verschiedenen europäischen Sammlungen und vereint erstmals Werke aus Bulgarien, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kroatien, Lettland, Litauen, Niederlande, Österreich, Polen, Schweden, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik und Ungarn. Diese ausgeprägte europäische Perspektive schlägt im Kulturhauptstadtjahr eine Brücke zwischen dem Sammlungsschwerpunkt der Neuen Sachlichkeit im Museum Gunzenhauser und der wirtschaftlichen Blütezeit, welche die Stadt Chemnitz vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs prägte.
Öffnungszeiten:
Dienstag: 11:00 - 18:00 Uhr
Mittwoch: 14:00 - 21:00 Uhr
Donnerstag - Sonntag: 11:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: kunstsammlungen-chemnitz.de