All dressed up and nowhere to go ist die umfassende Einzelausstellung des in Guadeloupe geborenen französischen Künstlers Jimmy Robert (*1975).

Posieren, Tanzen, Kleiden, Voguing oder Cruising: Jimmy Roberts Arbeiten setzen sich mit verschiedenen Formen der Bewegung auseinander – sei es in der Kunst, der queeren Kultur oder im öffentlichen Raum. Bewegung ist nicht neutral, sondern sagt auch immer etwas über die Person aus. Sie wird geleitet, vereinheitlicht und so zu einem gesellschaftlichen Erkennungsmerkmal. Auch die Kunsthalle gibt als öffentliches Gebäude durch ihre Architektur verschiedene Bewegungen vor: Dem Flanieren in der Parkanlage aus dem 19. Jahrhundert über die Steintreppe und hinein in den Jugendstilbau folgen im Inneren der Aufstieg zu den Ausstellungsräumen über die repräsentative Marmortreppe in den Hauptsaal sowie das Wandeln durch die Raumfolge des White Cubes.

Hier beginnt die Ausstellung mit einer installativen Neuproduktion, die Jimmy Robert in Kollaboration mit dem Studio Diogo Passarinho entworfen hat. Durch große Spiegelwände setzt sie zunächst den/die Betrachter*in in den Mittelpunkt. Die labyrinthische Architektur formuliert eine Bühne samt Backstagebereich, eine Garderobe, einen neuen Raum und ein Trompe-l’œil. Sie vermittelt eine intime Leere im Ausstellungsraum der öffentlichen Institution, in der die Besucher*innen zunächst sich selbst gegenüberstehen. In diesem Setting stellt der Titel der Ausstellung All dressed up and nowhere to go die Frage nach Zugehörigkeit, der Position, die man einnimmt, und dem eigenen Blick und dem der Anderen. Ideen von Kleidung als Kostüm, An- und Auskleiden, Bühne und Backstage ziehen sich wie ein roter Faden durch die Installation und die vor Ort entstandene Fotoserie. Performance wird hier zeitlich und räumlich seziert und als Installation und als Ort eines zeitlich versetzten Geschehens erfahrbar.

Die Ausstellung zeigt chronologisch anhand früher bis aktueller Performance-, Foto- und Filmarbeiten das multimediale Werk des Künstlers der letzten 20 Jahre und legt ein Netzwerk aus immer wiederkehrenden Themen offen. Im Fokus stehen dabei Körper, Blick und Raum. Meist ist es der eigene Körper, den der Künstler immer wieder in Bezug zu diesen äußeren Strukturen setzt, sich daran anpasst und sie nacherzählt. Dadurch werden die Dynamiken von Sichtbarkeit und Zuschreibung erst bewusst: Welche Geschichte und Sozialisierung haben Blicke, welche Orte? Wie strukturieren der Blick und der Ort das Sein?

Für Robert ist der Körper der Ort, an dem Innen und Außen aufeinandertreffen. Er ist sowohl den Politiken des Blickes von außen ausgesetzt, als auch ein politischer Körper, der auf Gender, Race und Sexualität hin beurteilt wird. Performance- und Filmarbeiten wie Brown Leatherette (2002), Vanishing Point (2014) und Imitations of Lives (2019) zeigen diesen Zusammenfluss von sozialem Raum, Architektur und Körper. Sie konstruieren das Gefüge von Akteur*in und Betrachter*in, Raum und Bewegung in Bezug zu dem Ort und seiner Geschichte.