Das Institute of Queer Ecology (IQECO) ist ein sich ständig weiterentwickelnder kollaborativer Organismus, der versucht, periphere Lösungen für die Umweltzerstörung in den Vordergrund des öffentlichen Bewusstseins zu rücken. Die Projekte des IQECO sind interdisziplinär, aber dennoch einheitlich und basieren auf dem theoretischen Rahmen einer Queeren-Ökologie, einer adaptiven Praxis, die sich mit Interkonnektivität, Intimität sowie der Beziehung zwischen mehreren Arten beschäftigt. Geleitet von queerer und feministischer Theorie und dekolonialem Denken arbeitet das Kollektiv daran, zerstörerische Hierarchien zu überwinden, indem es sich eine gerechte, artenübergreifende Zukunft vorstellt.

Mit Hysteria präsentiert das Institute of Queer Ecology eine neue MehrkanalVideoinstallation, die in der Kestner Gesellschaft uraufgeführt werden soll. 
Diese Installation ist eine feministische Nacherzählung der mysteriösen tanzenden Seuchen, die Europa vor allem zwischen dem 14. und 17. Jahrhundert heimsuchten. Hierzu werden ein erweiterter Tanzfilm und eine über den Ausstellungsraum verteilte Installation geschaffen, die die Betroffenen auf subtile Weise zu revolutionären Akteur*innen machen und auf ökologische und soziale Ansteckungen als Ausgangspunkt für den manischen Aufstand verweisen.

Die Tanzmanie (auch als Tanzpest, Choreomanie und Tarantismus bezeichnet) war ein soziales Phänomen, bei dem Gruppen von Menschen erratisch tanzen, manchmal Tausende auf einmal. Die Manie betraf Erwachsene und Kinder, die tanzten, bis sie vor Erschöpfung und mit Verletzungen zusammenbrachen. Die Tanzmanie, von der Tausende von Menschen über mehrere Jahrhunderte hinweg betroffen waren, war kein isoliertes Ereignis und ist zwar gut dokumentiert, aber nur unzureichend erforscht. Es wird vermutet, dass es sich um eine psychogene Massenerkrankung handelt, bei der körperliche Symptome ohne bekannte körperliche Ursache beobachtet werden, die eine Gruppe von Menschen betreffen und sich als eine Form der sozialen Beeinflussung ausbreiten. Häufig trat sie in Zeiten extremer Armut und Verzweiflung auf. Oft spielten auch Umweltfaktoren eine Rolle, von denen einige direkt in die Theorien über den Ursprung der Manie einbezogen wurden. Viele der Seuchen traten entlang desselben Flusses auf, was auf einen durch Wasser übertragenen Ursprung schließen lässt. Eine bekannte Theorie geht von einer Pilzerkrankung aus und besagt, dass die Opfer an einer Mutterkornvergiftung litten, die im Mittelalter als Antoniusfeuer bekannt war.

Tanzplagen als Symbol für zeitgenössische und historische Themen
Die tanzenden Plagen verkörpern viele zeitgenössische Themen gleichzeitig. Das IQECO ist daran interessiert, mit dieser Videoinstallation eine mehrdeutige Szene zu schaffen, die einen Ausbruch der Tanzmanie nachstellt und auf mehrere mögliche Umweltursachen hinweist (beispielsweise Wasserverschmutzung oder Pilzinfektionen), während sie gleichzeitig die Möglichkeit offenlässt, dass das Tanzen selbst freiwillig ist, dass die Menschen sich dem Tanz als revolutionäre Geste gegen zunehmend unwirtliche Lebensbedingungen und unterdrückerische soziale Systeme anschließen. Historische Tanzplagen haben auch auf vorhersehbare Weise mit dem Geschlecht zu tun und spiegeln neuere frauenfeindliche Diagnosen von Frauen als „hysterisch“ wider.

Das IQECO ist ein futuristisches Projekt mit der Forderung, dass wir der Klimakrise kollektiv mit Ideen begegnen, die unsere Beziehungen zur Natur neugestalten. Queere Gemeinschaften besitzen dabei eine einzigartige Position, um bei der Klimaanpassung durch verkörperte Strategien voranzugehen. Dabei sind die queeren Erfahrungen bereits inhärent oder vertraut.

Bis heute hat das IQECO mit über 125 verschiedenen Künstler*innen zusammengearbeitet, um ein interdisziplinäres Programm zu präsentieren, das sich zwischen der Entwicklung von Ausstellungen und der direkten Produktion von Kunstwerken bewegt. Das IQECO wurde 2017 von Lee Pivnik gegründet und wird von Nicolas Baird mit geleitet. Das aktuelle Team für dieses Projekt besteht aus Lee Pivnik, Nicolas Baird, Maya Bjornson, Aimee Lin, Gianna Badiali und Nadia Hannan.

Das IQECO hat Projekte mit dem Guggenheim Museum (New York, NY), dem Institute of Contemporary Art (Miami, Florida), der Julia Stoschek Collection (Düsseldorf, Deutschland), dem Medellín Museum of Modern Art (Medellín, Kolumbien), dem Museum für zeitgenössische Kunst Belgrad (Serbien), ASAKUSA (Tokio, Japan), der Biennale von Sydney (Australien), Prairie (Chicago, IL), Bas Fisher Invitational (Miami, FL), Gas Gallery (Los Angeles, CA) und Vox Populi (Philadelphia, PA) realisiert.