»Im Falle von Franziska ist die RRRRReality, wie sie sagt, die volle Dröhnung. Vielleicht ist der Zugang, die RRRRReality künstlerisch eher zu verdauen, sie eher zu ver-schlucken, als in den Griff zu bekommen, ihre einzige Möglichkeit, der überfordernden RRRRReality standzuhalten.«
Olga Hohmann

Mit einem überwältigenden All-over aus Tätowierungen, Papierarbeiten, Videos, Skulpturen bis hin zu Mode verwandelt die Hamburger Künstlerin Franziska Nast (*1981) das Arp Museum in einen dynamischen Kosmos. 

Das Thema der Transformation steht im Mittelpunkt von Franziska Nasts erster großer Museumsausstellung. Empfangen werden die Besucher*innen bereits im Außenbereich mit einer Skulptur am Rhein, die einen ausgestreckten Arm wie eine Willkommensgeste zeigt. Vor dem Museumseingang findet sich dann eine Zeichnung, die sie mittels Hochdruckreiniger auf dem Asphalt eingeschrieben hat. Oben im Neubau angekommen, begegnet man den beiden von Franziska Nast gestalteten hohen Säulen, die sie mit symbolhaften Zeichnungen aus dem Nautikrepertoire ihres Lehrers und Freundes, dem legendären Künstler Herbert Hoffmann , tätowierte und die für die Ausstellung wieder entmantelt wurden.

Diese bestehende und mit der Architektur des Arp Museums verbundene Arbeit bildet den Grundstein von Franziska Nasts einzigartiger Rauminszenierung. Sie kombiniert Zeichnungen, Tätowierungen auf Haut, Papier und Kunststoff, Skulpturen, Fotografien, Videos, textile und keramische Werke sowie Relikte performativer Aktionen zu einem überbordenden, materialreichen Archiv. Ihre Techniken entlehnt sie der Musik, dem radikalen Design und der sozialen Interaktion. Ihre assoziationsreiche Sprache gleicht dem zeichenhaften All-Over des Tattoos, das sie wiederholt als künstlerische Form und Ausgangspunkt wählt. 

Im Werk von Franziska Nast kommt der Sprache eine besondere Bedeutung zu. Umgangssprachen, Wort (Er-)findungen, WhatsApp-Konversationen und Textfragmente werden zu neuen und subversiven Gebilden, Sätzen und Geschichten formiert. Beeinflusst wird sie dabei von Musikstilen wie Hip Hop und Rap, aber auch Texte der Beat-Generation etwa von William S. Burroughs und Allen Ginsberg beschäftigen sie. In der Ausstellung finden sich sprachliche Elemente auf vielen Materialien wieder und stellen die Besucher*innen vor die spielerische Aufgabe einer Entschlüsselung ihrer assoziationsreichen Botschaften.

Die Ausstellungskonzeption, die wesentlich von Franziska Nast entworfen wurde, greift Themen wie Entwurzelung, Pflanzen als Sehnsuchtsmotiv, Architektur, Räume und Körper, Familie, Liebe und Sexualität, Geburt und Tod auf. Diese Themen, die häufig mit ihrer persönlichen Biografie verknüpft sind, finden sich gespiegelt im umfangreichen Ausstellungskatalog wieder, der als Künstlerinnenbuch selbst zum Teil der Präsentation wird. Franziska Nasts Labyrinth aus Zeichen und Verweisen eröffnet einen diskursiven Raum im Museum. 

Über die Künstlerin
Franziska Nast (*1981) ist Designerin, Buchgestalterin und Bildende Künstlerin im Bereich Zeichnung und Multi-Media. Bis 2011 studierte sie Freie Kunst und Kommunikationsdesign an der HBK Braunschweig. Sie ist Mitbegründerin des Kunstverein St. Pauli in Hamburg, mit dem sie seit 2006 experimentelle Ausstellungsformen in urbanen Kontexten erprobt. Als Schülerin und Freundin des Tätowierers Herbert Hoffmann übt sie seit 2007 das Tätowierhandwerk aus. 
Nast lebt und arbeitet mit ihren zwei Kindern und Partner in Hamburg. 

Katalog zur Ausstellung / Künstlerinnenbuch
Zur Ausstellung erscheint ein Katalog in Form eines Künstlerinnenbuches, das Franziska Nast als Grafikerin und Buchgestalterin realisiert hat. Als Werk ist es innerhalb der Ausstellung zu sehen sowie für 48 Euro im Museumsshop erhältlich.