Studierende der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe unter Leitung von Sophie Jung

Annika Audu, Alessa Bürgermeister, Yvonne Duttlinger, Lea Göhringer, Julius Hanisch, Michaela Heigl, Madlen Jäger, Michèle Janata, Amelie Kiener, Miji Lee, Yvonne Schlageter, Sabrina Weißinger, Bettina Winter, Carlotta Wirtl mit / with: CAConrad, Carl Gent, Dynasty Handbag, Sophie Jung und weiteren Gäst:innen / and further guests

Ein dunkler Raum. Jemand ist gekommen. Schemenhaft zeichnet sich hinter den Mauern ein schwer süßlicher Duft, um nicht zu sagen Gestank ab. Kleine Spitzen schauen hinter den Steinen hervor. Weißt du, wer das ist, frag ich dich? Die Kugel rollt, wir rollen mit. Ich drehe mich im Kreis, der Kreis dreht sich mit mir. Eine kleine, fast unsichtbare Geste stoppt dich in deinem Fluss, gekrümmter Zeigefinger verheißt Aufmerksamkeit. Alle schauen in die Ecke, in der sich nichts regt. Alle drücken ihre Zehen zusammen. Langsam falten sich die Zehen zu betenden Händen. Was beten sie an? Das Erinnerungsobjekt, das nichts ist. Aufbau ist Abbau. Deine Geister messen sich gegenseitig ab. Ruhige Füße stehen da. Stehen lange da. Wippen hin und her bis sie weitersehen, was du nicht siehst. Die beiden Personen stehen im Türrahmen. Schnell wie ein Rebell, es sind viele. Sie sind beisammen. Es ist, als sei nichts passiert. Was soll denn schon passiert sein? Sehen und gesehen werden, bis dass es nur noch Erinnerung ist, bis dass ich dich ausmesse. Dahin hörend, wo das Ohr nicht hinpasst. Tasche in der Hand Richtung unten, wo das Summen ertönt. Unterschätze jetzt nicht die Magie des Lampenfiebers. Gehalten im Raum, gezeichnet, geheftet, gezeitet, entkräftet. Hast du ein Telefon dabei? Ich muss X anrufen. X ist der Mensch, der helfen kann. Der Raum atmet. Was mache ich hier? Abermillionen von Zeichen. Die Luft steht. Die Farbe macht dein Auge schwer. Alles sieht aus wie ein Foto. Ein Gerät wurde organisiert. Es ist kalt. Es soll toll gewesen sein. Lichthof mit Sonne, Keller mit Echo, wir mit mir, klasse machst du das. Grenzen wurden gezogen, ich habe Gerüchte gehört, es soll auf dem Kopf stehen, jetzt liegt es da und schrumpft langsam wieder in die Geometrie des Raumes rein. Ich sage ein Wort und du mit deinem offenen Mund nimmst es auf. Brichst es auf und ab. Meine Haut speichert deinen Mantel, der eben noch Kostüm war. Es ist schon zu spät. Es gab Bewegungen, doch ich war still. Dann wird alles umgeschmissen. Was siehst du zwischen den Wänden? In 10 Jahren oder beliebig vielen Jahren werden wir uns erinnern. Oder morgen schon. Es ist was es ist, weil es war. Darf ich dich Fest halten? Nur für ein Fest, dieses hier. Offene Augen und hängende Arme. Wir haben etwas gemacht.  

They Take It Seriously, I Think It’s Interesting ist eine Ausstellung um, durch, über und trotz Performance. Die Künstler:innen – Studierende der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe – und ihre Gäst:innen bauen aus Elementen ihrer jeweils eigenen bestehenden Praxis ein Konstrukt an Verheißungen, Spuren, Dokumenten, Requisiten, Materialien, Gesten und „Stillen Agent:innen“, die sich in gegenseitiger Rückendeckung zu syntaktischen und symbiotischen Gesellschaften verbinden, bevor sie sich einsam, lauthals oder wirr ambitioniert performen.
Der Titel ist der Ansage eines Moderators entnommen, der 1960 die Performance Water Walk von John Cage im öffentlich-rechtlichen Fernsehen in der beliebten Spielshow I’ve got a secret auf dem Sender CBS mit genau diesen Worten belustigt einführte.

They Take It Seriously, I Think It’s Interesting 
ist explizit keine Dokumentation gewesener Performances, sondern lebt als vielstimmige Verkörperung verschiedenster Performativitäten durch unterschiedliche lebenserhaltende Strategien während der zweimonatigen Laufzeit im Atrium des Badischen Kunstvereins. Der gesamte Entstehungsprozess der Ausstellung – vom Konzept über das Performanceprogramm bis hin zum obenstehenden Pressetext – basiert auf performativen Gruppenimprovisationen, in denen jedoch die einzelnen, höchst diversen Herangehensweisen an das Lebendige in der Kunst nicht vereinheitlicht werden. Auch die kuratorische Entwicklung der Ausstellung wird durch eine einwöchige, kollaborative Improvisation geleitet – ein Prozess, dessen Spanne und Bewegung sich an der kollektiven Zufriedenheit an dem Gesamtkonstrukt orientiert.
Die so entstehende Raum-Komposition wird zum Lebensraum aller schon-gewesenen, dauernd-passierenden und noch-kommenden Performances. Aus dieser Installation treten einzelne Arbeiten zu unterschiedlichen Momenten in ihrer materiellen und medialen Vielfalt heraus und können in veränderter Form wieder zurückkehren.

They Take It Seriously, I Think It’s Interesting 
ist sowohl im Inneren des Kunstvereins als auch im urbanen Außenraum Karlsruhes ein pulsierender Moment, der die vermeintlich starren Grenzen zwischen Performance und Ausstellung freudig ignoriert.Die Ausstellung lotet auf vielfältige Weise aus, wie sich Performances im Ausstellungsraum und Ausstellungsobjekte in der Performance selbstbestimmt präsentieren können, indem sie aus sich heraus sprechen, anstatt dass über sie gesprochen wird.

Neben intimeren und langfristigeren Aktivierungen einzelner Arbeiten ist der zentrale Moment des Projektes das umfangreiche Performance-Festival, das am Eröffnungswochenende stattfindet. Von Freitagabend, 21.7. bis Sonntag, 23.7. aktivieren die Künstler:innen ihre Arbeiten und entfalten diese auf unterschiedliche Weisen vor dem Publikum.

They Take It Seriously, I Think It’s Interesting 
hat Gäst:innen eingeladen, deren Arbeiten für die Konzeption der Ausstellung von Bedeutung waren. Wir freuen uns, unter anderem auf einen Workshop von CAConrad (USA) die: seit 1975 mit Techniken der Poesie und des Rituals arbeiten, einen Artist Talk von Dynasty Handbag (Los Angeles, USA), die für ihre Kabarett-Performances bekannt und der Alter Ego der Künstlerin Jibz Cameron ist, und eine Arbeit von Carl Gent (Wales, UK), die: als bildende Künstler:in Performance als Bindemittel in all ihren: Arbeiten benutzt.

They Take It Seriously, I Think It’s Interestingist ein Projekt von Studierenden der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe unter Leitung von Sophie Jung im Rahmen des Seminars „Performance und künstlerische Forschung“ in Begleitung von Carolin Meister und Julia Müller und mit Unterstützung vom Black Forest Institute of Art.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Freitag: 11:00 - 19:00 Uhr
Samstag - Sonntag: 11:00 - 17:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: badischer-kunstverein.de

Jibz Cameron als Dynasty Handbag, Weirdo Night, Performance , 202 1, Foto von Courtesy of Sundance Institute
22.07. - 17.09.2023

They Take It Seriously, I Think It´s Interesting

Badischer Kunstverein

Waldstraße 3
76133 Karlsruhe