Amorphe Röhren, wulstige Objekte, Lichtpunkte, nebelige Flächen und wellenförmige Objekte formieren sich in der Bildwelt von Andreas Schulze (*1955 in Hannover, lebt und arbeitet in Köln) zu surreal anmutenden Landschaften und Interieurs. Auf der Baseler Art Unlimited zeigte der Künstler im vergangenen Jahr gigantische Gemälde verschiedener Automobile, die in einem klassischen Bilderfries angeordnet sind. Stoßstange an Stoßstange drängen sich die Karosserien in einem raumfüllenden Stau. Die seltsam freundlich erscheinenden Autos sind nicht der Realität verpflichtet: Keines dieser skurrilen Beförderungsmittel, weder die Familienkutschen noch die Wohnmobile, weder die Sportwagen noch die Laster, wären in der Lage uns von A nach B zu transportieren. Jedoch nutzen diese „Porträts“ unser kollektives bildnerisches Verständnis des Alltagsgegenstands „Automobil“ und destabilisieren zugleich mit viel Ironie die gerade in Deutschland verbreitete Fetischisierung des Industrieprodukts. Mit seinem Baseler Stau entwickelte Andreas Schulze ein Projekt weiter, auf das er bereits seit Ende der 1990er-Jahre immer wieder zurückgreift.

Die Malerei von Andreas Schulze ist nicht auf die Zweidimensionalität eines planen Bildträgers beschränkt: Seit Mitte der 1980er-Jahre wird sie immer wieder auch volumenhaft, dehnt sich aus und greift in die dritte Dimension. Es entstehen malerisch-plastische Environments, die die Möglichkeiten der Malerei als Tafelbild, Wandbild, Raumbild, Bild im Raum und Raum im Raum erproben. Aus einem komplexen Zusammenspiel von Gemälden, Wand- wie Bodenarbeiten, Mobiliar und Objekten ergeben sich eigentümlich-surreale Wohnwelten und ein bildnerischer Mikrokosmos, der hintersinnigen Humor mit Abgründigkeit verbindet. Andreas Schulze besitzt einen besonderen Blick für die Absurditäten unseres Alltags, für all diese banalen Objekte, mit denen wir uns umgeben und die er mit einem amu?sierten Achselzucken zu malen scheint.

In einem Interview äußert Andreas Schulze 1989, die Avantgarde-Kunst bewege sich zwischen den Extremen Intellektualität und grober Banalität, jedoch ginge es ihm um das bürgerliche Mittelmaß. Tatsächlich erinnern seine neodadaistischen Wohnlandschaften bisweilen an ein gutbürgerliches Arkadien aus Eckbank, Häkeldeckchen, Gummipalme und Nippes. Klug spielt er mit diesen Repräsentanten einer banal-alltäglichen Idylle und inszeniert seine „Kuriositätenkabinette“ als pointierte Satire auf bürgerlich Dekoratives. Dabei wird die Trennung zwischen Bildraum und architektonischem Raum und damit auch zwischen Werk und Betrachter aufgehoben: Dieser wird zum Akteur und kann es sich in den gemalten Wohnlandschaften gemütlich machen. Jedoch wird bei aller Gastfreundlichkeit ein unterschwelliges Unbehagen bleiben, vielleicht, weil diese verwirrend-vertraute Heimeligkeit zu sehr an die eigene kulturelle Prägung erinnert.

Andreas Schulze, seit 2008 Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf, gehört zu der Generation von Künstlern, die sich im Übergang zu den 1980er-Jahren erneut zur Malerei bekannten. Nachdem die Minimal- und Concept-Art der vorangegangenen Jahrzehnte eine Intellektualisierung der Kunst forderten, führte Anfang der 1980er-Jahre der „Hunger nach Bildern“ zu einer Renaissance der Malerei. In den vergangenen 40 Jahren hat Andreas Schulze eine unverwechselbare Bildsprache entwickelt, unabhängig von kurzlebigen Strömungen und Paradigmenwechseln.


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