Natascha Sadr Haghighians Environments haben ihren Ausgangspunkt in der politischen Gegenwart. Ziel ihrer Arbeiten ist es, Orte für Kollektivität und gemeinsames Handeln zu schaffen. Eine oftmals gemeinschaftliche Arbeitsweise und verästelte, stellenweise auch bewusst verunklarte Autor*innenschaft sind charakteristisch für ihr Vorgehen. Dahinter verbirgt sich nicht zuletzt das humorvoll umgesetzte Anliegen, den Fokus weg vom Künstler*innensubjekt und seinen repräsentativen Rollen und hin zur Notwendigkeit künstlerischen und poetischen Handelns zu lenken. Im Rahmen ihrer Arbeit für den deutschen Pavillon in Venedig 2019 trug sie außer dem Pseudonym Natascha Süder Happelmann – ein Kondensat der Fehlschreibungen und Autokorrekturen ihres iranischen Namens – einen Stein aus Pappmaché auf dem Kopf, der die nationale Repräsentation konsequent und komisch ad absurdum führte.

Am Lenbachhaus sind zentrale Projekte Sadr Haghighians zu sehen:
In Ankersentrum, einer mehrteiligen Installation, die erstmals in Venedig gezeigt wurde, stehen Migration und moderne Leibeigenschaft im Fokus. Mit dem Titel nimmt Sadr Haghighian Bezug auf die erstmals in Bayern eingerichteten „Zentren für Ankunft, Entscheidung, Rückführung“, ein Euphemismus für einen Prozess der Isolierung und Abschiebung von Migrant*innen. Die 48-Kanal-Klangkomposition Tribute to Whistle, musikalischer Bestandteil der Installation, verweist auf eine verbreitete migrantische Methode: die Warnung vor der drohenden Abschiebung mittels Trillerpfeife. In Videos, Fotografien und Zeichnungen verbinden sich Koordinaten zu einer Landschaft, die von Bayern über Süditalien nach Sizilien reicht und die gekennzeichnet ist durch die Kämpfe der Migration.

Mit Pssst Leopard 2A7+ befasst sich die Künstlerin mit einem Produkt der deutschen Rüstungsindustrie. Die seit 2013 fortlaufende Arbeit – eine Soundinstallation, die auch als Sitzpodest dient – greift Grundriss und Umfang des titelgebenden Kampfpanzers auf, der von der Münchner Rüstungsfirma Krauss-Maffei Wegmann für den militärischen Einsatz gebaut wird. Das Klangarchiv der Installation wächst mit jedem Ort, an dem sie Station macht, und trifft nun in München zum ersten Mal auf den Ausgangsort des Kriegsgeräts, das zuletzt an Ungarn und Qatar verkauft wurde.