Ab sofort zeigt das Albertinum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) 17 Gemälde von Rudolf Bergander aus dem eigenen Bestand. Eine Ausleihe von Carl Lohses Werken nach Ravensburg und Cottbus bietet die Chance, die Gemälde von Bergander bis zum 18. Juni 2023 im zweiten Obergeschoss des Albertinum zu zeigen.

Die kleine Bestandspräsentation „Im Dienst von Kunst und Ideologie“ umfasst Werke aus den Jahren 1931 bis 1968, darunter das sozialkritische Frühwerk „Mädchen im blauen Kleid (Schwindsüchtige)“ von 1931. Zwei Werke aus den 1930er- und 1940er-Jahren sind im Kontext von Berganders Ausstellungsaktivitäten in der NS-Zeit und seiner Mitgliedschaft in der NSDAP zu diskutieren.

Dem Werk des 1909 in Meißen geborenen Dix-Schülers kann man sich nicht nähern, ohne Fragen nach dem Verhältnis von Kunst, Politik und Propaganda, nach Anpassung, Indienstnahme und der Rolle des Künstlers in Diktaturen zu stellen.

Vor 1933 schuf Bergander noch als Student in der Malklasse von Otto Dix – ausgeführt in altmeisterlicher Lasurtechnik – sozialkritische Typenbildnisse. Nachdem Dix 1933 aus dem Professorenamt an der Kunstakademie Dresden entlassen wurde, studierte Bergander dort noch ein weiteres Jahr. Seine Mitgliedschaft in der KPD und der Assoziation Revolutionärer Bildender Künstler Deutschlands waren bekannt. Was bisher kaum publik war, belegen Dokumente im Bundesarchiv: Wenige Tage nach Kriegsbeginn hatte Bergander am 12. September 1939 seine Aufnahme in die NSDAP beantragt. 1940 stellte er in der Großen Deutschen Kunstausstellung erstmals im Haus der Deutschen Kunst München das heute verschollene Gemälde „Trommel und Fahne“, ein formal-ästhetisch und motivisch eindeutig propagandistisches Bild, aus. Zwei Hitlerjungen sind dynamisch in Szene gesetzt, die Fahne schwenkend, die Trommelschlägel wirbelnd. Trieb ihn politisches Denken, der Wunsch, mit der Zeit zu gehen, war es Überzeugung, Ehrgeiz, Opportunismus, Angst, Not? Dazu ist nichts bekannt, die Spuren sind verwischt, eine wissenschaftlich systematische Quellenerschließung steht noch aus. Im gleichen Jahr wird der Maler zum Kriegsdienst einberufen.

Nach Kriegsende trat der Maler 1946 der SED bei, wurde 1949 Dozent an der Dresdner Akademie für Bildende Künste (ab 1950 Hochschule für Bildende Künste), 1951 Professor für Komposition und Tafelmalerei, von 1953 bis 1958 und 1964/65 Rektor der Hochschule. Es war seine Aufgabe in diesem Amt, der Kunst „die Marschrichtung des politischen Kampfes“, so Otto Grotewohl, damals Ministerpräsident der DDR, vorzugeben. Es galt, die jungen Künstlerinnen und Künstler zu Engagement für Gesellschaft, Partei und Staat zu erziehen und den so genannten bürgerlichen Formalismus in der Kunst zu bekämpfen.

Bergander war als Künstler vor allem mit dem 1952 gemalten „Hausfriedenskomitee“ bekannt geworden, das als richtungsweisendes Werk des sozialistischen Realismus hoch gelobt, in Details allerdings ebenso als formalistisch kritisiert worden war. Neben Demonstrationen, Industriearbeit und Aufbaubildern malte Bergander in Folge oft Spazierende, Kinder und junge Frauen: Zeichen des Glaubens an eine bessere Zukunft in einer für die 1950er- und 1960er-Jahre typischen, damals modernen Figurensprache. Zudem entstanden Landschaften und Porträts, deren Malweise von einer Kenntnis modernster Tendenzen figurativer Malerei in Europa zeugen. Rudolf Bergander starb 1970 in Dresden. Seine Werke werden im "Focus Albertinum" auch als ein Beitrag zu laufender und künftiger Forschung zugänglich gemacht.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: skd.museum

Rudolf Bergander, Selbstbildnis, 1947 Öl auf Leinwand, 90,5 x 65 cm, Albertinum © VG Bild-Kunst, Bonn 2022, Foto: Foto: SKD, Estel/Klut
12.11.2022 - 18.06.2023

Focus Albertinum: Im Dienst von Kunst und Ideologie

Staatliche Kunstsammlungen Dresden - Albertinum

Tzschirnerplatz 2
01067 Dresden