Fünf raumgreifende Arbeiten des renommierten Lichtkünstlers Daniel Hausig (*1959 in Kreuzlingen, CH), werden im Rahmen der Ausstellung Sunset Guest House vom 22. Juni bis 13. Oktober 2024 im Erweiterungsbau der Modernen Galerie präsentiert. Die Besucher*innen erwartet u. a. die 17 m lange und 5 m hohe Lichtinstallation „Sunset View“, die eigens für die Werkschau in der Modernen Galerie geschaffen wurde.
Wer sich auf die Installationen von Daniel Hausig einlässt, taucht ein in eine Welt, in der das Licht die Regie übernimmt – und das nicht nur in seiner klassischen Funktion, um Farben, Bildflächen und Räume zum Leuchten zu bringen, sondern um selbst zu leuchten und selbst zur Kunst zu werden. Hausig arbeitet mit dem Licht in fast malerischer Manier, schafft mit seinen LED-Schläuchen Interventionen und Zeichnungen im Raum, oder lässt mittels seriell angeordneter Leuchtröhren assoziative Farblandschaften entstehen, die ganze Wände überziehen. Dabei lotet Hausig nicht nur die gestalterischen Möglichkeiten des Lichts aus, sondern konfrontiert uns mit der unmittelbaren Erfahrung von Zeit, Licht und Bewegung. In den Werken, die er für die Ausstellung Sunset Guest House entwickelt hat, zielt er dabei auf existenzielle Fragen der Selbstwahrnehmung und ihre Vergegenwärtigung in der Welt.
Den bereits seit Beginn der 2000er-Jahre an der Hochschule der Bildenden Künste Saar lehrenden Künstler beschäftigt Licht seit seiner Studienzeit an der Hochschule der Bildenden Künste Hamburg als (Mal-)Werksto? und künstlerisches Medium. Die Moderne Galerie des Saarlandmuseums präsentiert in dieser Ausstellung die gesamte Bandbreite seiner Licht-, Foto-, und Installationskunst.
Ausgangspunkt der Ausstellungsidee ist der Begri? des Erinnerns in seiner komplexen Bedeutung, die den Dialog zwischen unterschiedlichenFormen von Erinnerung, Struktur, Räumlichkeit und Objekten auslotet. Das Ausstellungskonzept Sunset Guest House gruppiert die unterschiedlichen Werke um das Narrativ eines imaginären Urlaubsquartiers oder Fremdenzimmers – ein Ort des Handelns, an dem das Ephemere und das Monumentale, das Alltägliche und das Vergängliche sowie der Versuch des Zurückerinnerns als Ereignis aufeinandertreffen.
Folgende 5 Arbeiten sind in der Ausstellung zu sehen:
X-Ray-Fehlschuss, 2024
Ausgangspunkt dieser neuen Arbeit war die Frage, wie wir uns erinnern und wie Vergangenheit durch historische Zeugnisse und ihre Materialität in die Gegenwart geholt werden kann.
In seiner Installation "X-Ray-Fehlschuss" bezieht sich der Künstler auf Ereignisse aus der Zeit nach der Gründung des Deutschen Reichs 1871, als der Begriff Antisemitismus etabliert und für die politische Debatte instrumentalisiert wurde. Um die Antisemitismus-Diskussion der Vergangenheit in die Gegenwart zu holen und dafür ein künstlerisches Bild zu entwerfen, hat Daniel Hausig auf Fotografien zurückgegriffen, die 1939 in einem radiologischen Lehrbuch in England veröffentlicht wurden. Diese Bilder zeigen Modelle, mit denen die optimale Positionierung des menschlichen Körpers für die Anfertigung von Röntgenaufnahmen dargestellt wird. Indem der Künstler das Fotomaterial als hinterleuchtete Bilder in Schießkästen präsentiert, werden die Modelle nicht als individuelle Personen, sondern stärker in ihrer anonymen Funktion als Demonstrationsobjekte in Kombination mit Zielscheiben inszeniert. Die Arbeit "X-Ray-Fehlschuss" basiert auf Funden, die der Künstler im eigenen familiären Nachlass machte. Zwei der gezeigten Objekte bestimmen den historischen Kontext der Installation wie eine zeitliche Klammer: Zum einen zeigt Hausig eine Fotografie, die sein Großvater 1939 als Soldat während der Deportation der jüdischen Bevölkerung in Lodz (Polen) ins Ghetto Litzmannstadt gemacht hat. Zum anderen zeigt er eine Publikation seines Ur-Ur-Großonkels Ferdinand Hausig (1831-1895), der seinen Vortrag »Christ und Jude – wider den Judenhass« im Jahr 1878 in Berlin veröffentlichte.
Sunset View, 2024
Der Titel dieser zentralen, Raum greifenden Arbeit bezieht sich auf das Erleben eines Sonnenuntergangs aus dem Blickwinkel eines Hotelgasts: Dabei werden die Besucher*innen in einen Zustand konzentrierten, meditativen Schauens versetzt, der ihnen ihre sinnliche Erfahrung bewusst macht und Gefühle von Freiheit und Entgrenzung hervorruft. Zugleich weist das klischeehafte Motiv auf den Umstand, dass unsere »Erinnerung« vergangene Ereignisse immer aus der Gegenwartsperspektive rekapituliert und entsprechend einfärbt. Für dieses Sonnenuntergangs-Szenario arbeitet der Künstler mit zahlreichen, selbst aufgenommenen Zeitraffervideos von Sonnenuntergängen, abstrakten Sunset-Simulationen und generativen Farbabläufen.
Unterwegssein, 2015—2017
Die fotografischen Bilder von Hausig haben die Aura stiller Momentaufnahmen. Häufig handeln sie vom Unterwegssein, zeigen vorgefundene Situationen im Innen- oder Außenraum, geben Orte und Räume wieder, die er auf seinen Reisen oder nächtlichen Streifzügen angetroffen hat. Mit der Kamera gewährt der Künstler Einblicke in vorübergehend bezogene Quartiere, mal sind es komfortable Hotelzimmer, mal einfache, abgewohnte Absteigen.
Wetterleuchten #7, 2022
Hausig kombiniert seine digitalen LED-Lichtstreifen (stripes) mit satinierten Acrylröhren (tubes) und neutralweißen Hintergründen auf Sperrholz, auf die das farbige Licht abstrahlt. Da die Lichtpunkte vom Betrachter nicht direkt gesehen werden können und das Farblicht gleichzeitig nach vorne in die Röhren und nach hinten auf die Wand strahlt, werden komplexe Farbstrukturen auf mehreren räumlichen Ebenen möglich. Dabei spielt der Künstler mit assoziativen Bezügen, etwa zu Landschaften oder Wetterphänomenen.
Voice.Decoder #2, 2009
In dieser audiovisuellen Lichtinstallation geht es ums Telefonieren ohne konkrete Gesprächsthemen und die Stille am Telefon. Es ist der atmosphärische Moment, in dem keiner mehr etwas zu sagen hat und Stille einsetzt, bis das Gespräch irgendwie zu Ende gebracht wird. Der Künstler hat mit aufgezeichneten Telefongesprächen, besonders mit den Begrüßungsritualen und den Verabschiedungen ein Hörstück komponiert, das im Raum aufgestellte Farblichttische ansteuert.
Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr
Mittwoch: 10:00 - 20: Uhr
Montag: geschlossen
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