Ab dem 26. Mai zeigt die Stiftung Insel Hombroich die Ausstellung FARBE BILD RAUM. Bart van der Leck im Dialog. Sie vereint Werke des niederländischen Künstlers Bart van der Leck (1876–1958) mit Beiträgen internationaler zeitgenössischer Kunst und führt die Fragen nach dem Verhältnis von Farbe, Bild und Raum in die Gegenwart. Gezeigt werden Werke aus dem umfangreichen Stiftungsbestand, der eine der größten Van-der-Leck-Sammlungen weltweit darstellt, zusammen mit Arbeiten von Karina Bisch, Nicolas Chardon, Imi Knoebel, Erik van Lieshout, Florian Meisenberg, Andreas Schmid, Boris Tellegen und Yoana Tuzharova.

Bart van der Leck gehört neben Piet Mondrian und Theo van Doesburg zu den wichtigsten Vertretern der De-Stijl-Bewegung. Der Künstler zeichnete und malte, er entwarf typografische Arbeiten, aber auch kunstgewerbliche Objekte wie Textilien und Keramiken, die er teils selbst umsetze. Intensiv suchte van der Leck nach „dem Wesen der Form“, ging malerisch den Weg von der Figur zur geometrischen Abstraktion und wieder zurück und beschäftigte sich mit weitreichenden Ideen zur Verwendung von Farbe in Architektur und Innenraum. 

Seit den 1980er Jahren besitzt die Stiftung Insel Hombroich den weltweit zweitgrößten Bestand an Gemälden, Skizzen und Entwürfen Bart van der Lecks. Nachdem Karl-Heinrich Müller die anfänglich festgelegten Sammlungsschwerpunkte intensiv verfolgt hatte, formulierte er 1982 den Wunsch, seine Sammlung zu erweitern. Den Ratschlägen der inselnahen Künstler Erwin Heerich und Anatol Herzfeld folgend fokussierte er sich unter anderem auf die Suche nach Werken von Bart van der Leck: Im Oktober 1982 erwarb er mit 74 Zeichnungen einen Großteil seiner Van-der-Leck-Sammlung, bis 1991 folgten weitere vereinzelte Ankäufe. 

Ausgewählte Bilder dieses Konvoluts sind Teil der von Gotthard Graubner im Museum Insel Hombroich eingerichteten Dauerausstellung. Der Großteil, insbesondere Entwürfe für Gemälde, aber auch Farbentwürfe auf Papier und Keramiken, befinden sich im stiftungseigenen Depot. Aufgrund der aktuellen Sanierungsmaßnahmen und der damit verbundenen Schließung der großen Ausstellungspavillons Labyrinth und Zwölf-Räume-Haus bietet sich nun die einzigartige Möglichkeit, die großformatigen Werke der Sammlungspräsentation mit den Depotbeständen zusammenzuführen und in einer ambitionierten Ausstellung neu zu kontextualisieren und zur Diskussion zu stellen.

So thematisiert die Ausstellung Bart van der Lecks künstlerische Beschäftigung mit dem Verhältnis von Bild und Raum, Farbe und Form, Abstraktion und Gegenständlichkeit. Dabei wird deutlich, wie sich der Künstler zu Beginn des 20. Jahrhunderts im spannungsreichen Gefüge traditioneller Darstellungsweisen und innovativer Bildfindungen positioniert. Während der Künstler nach einem universellen (Zeichen-)System suchte – dabei den Grad der Abstraktion bis zur Gegenstandslosigkeit führte und mit sich ändernder Formsprache experimentierte –, intensivierte sich auch seine Beschäftigung mit dem Verhältnis von Farbe und Raum sowie deren Bezüge zur Architektur.

Die Ausstellung im Siza-Pavillon zeichnet die Aktualität dieser Fragen bis in die zeitgenössische internationale Kunst nach. Dialogisch und kommentierend stellen sich die Beiträge der Gegenwartskunst dem Werk van der Lecks: So bewegt sich Karina Bisch (* 1974, F) mit ihrer Kunst zwischen verschiedenen Gattungen und thematisiert das Verhältnis von freier und angewandter Kunst. Nicolas Chardon (* 1974, F) bricht augenzwinkernd mit der akribischen Genauigkeit geometrisch abstrakter Malerei zu Beginn des 20. Jahrhunderts, indem die Umrisse seiner Formen von strikter Rechtwinkligkeit abweichen. Imi Knoebel (* 1940, D) setzt sich in seinem radikal gegenstandslosen Werk mit dem Zusammenspiel von Farb- und Formsprache und dem Spannungsfeld von Malerei und Skulptur auseinander. Die Collagen von Erik van Lieshout (* 1968, NL) greifen künstlerische Elemente von Mondrian und van der Leck auf, die sich auf Ausschnitten niederländischer Tagespresse zu neuen abstrakten Gebilden formieren. 

Die Videoarbeit von Florian Meisenberg (* 1980, D) wiederum stellt die Verbindung von gegenständlichem Abbild und seiner digitalen Erzeugung und Manipulierbarkeit in den Mittelpunkt. Während er im Quellcode einer Ausstellungsansicht Text hinzufügt, überlagern nach und nach abstrakt-geometrische Formen das ursprüngliche Bild. Mit seiner installativen Intervention aus farbigen Linien greift Andreas Schmid (* 1955, D) direkt in den Ausstellungs-raum ein. In Anlehnung an die Gestaltungsstrukturen des De Stijl macht er die innere Rhythmik und verborgene Struktur der Architektur sichtbar. Die Skulpturen von Boris Tellegen (* 1968, NL) changieren, inspiriert von der Formsprache der Avantgarde, stetig zwischen dekonstruierten menschlichen Körpern und architektonischen Gebilden. Yoana Tuzharova (* 1986, BG) schließlich spielt in ihren Lichtinstallationen mit den Grenzen und der Wahrnehmung von Farbe und Raum. Ihre eigens für den Siza-Pavillon entwickelten Werke setzen Farbe und Form in Bezug zur räumlichen Gesamtsituation. 

Gezeigt werden insgesamt über 40 Werke van der Lecks aus den 1920er bis in die späten 1950er Jahre – Gemälde, Farbenwürfe auf Papier und Keramiken – sowie 17 Werke der zeitgenössischen Kunst, darunter Gemälde, Skulpturen, ortsbezogene Installationen und eine Videoarbeit.

Zur Ausstellung erscheint der zweisprachige Katalog FABE BILD RAUM. Bart van der Leck im Dialog / COLOR IMAGE SPACE. Bart van der Leck in Dialogue.  Er gibt eine Einführung in das Gesamtwerk van der Lecks mit besonderem Augenmerk auf die stiftungseigene Sammlung. Erläuternde Texte stellen die zeitgenössischen Künstler:innen und ihre Anknüpfungspunkte zu Aspekten der De-Stijl-Bewegung vor. 

Ausstellende Künstler:innen
Karina Bisch
wurde 1974 in Paris geboren, wo sie ihr Studium der bildenden Künste an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts de Paris und der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne absolvierte. Die in Paris lebende Künstlerin arbeitete als Artist in Residence unter anderem an der Amsterdamer Rijksakademie van Beeldende Kunsten. Nachdem sie bereits in den 1990er Jahren im Rahmen von Gruppenausstellungen in Italien und Australien vertreten war, wurden ihre Arbeiten 2021 im Musée des Arts Décoratifs, Paris, und 2022 im Museum of Arts and Design, New York, ausgestellt sowie bei einer Einzelausstellung zusammen mit Nicolas Chardon im MAC VAL, Vitry-sur-Seine.

Nicolas Chardon wurde 1974 in Clamart geboren und studierte an der École Nationale Supérieure des Beaux-Arts in Paris. Nach zahlreichen Galerie-Ausstellungen ab 2001 widmeten ihm u. a. das Musée d'Art Moderne et Contemporain in Straßburg, die Kunsthalle Bremerhaven oder das MAC VAL in Vitry-sur-Seine größere Einzelpräsentationen. Er war Stipendiat der Villa Medici in Rom (2008/09) und an thematischen Ausstellungen beteiligt, z. B. im Martin Gropius Bau, Berlin, im Vasarely Museum, Budapest, in der Staatlichen Kunsthalle, Karlsruhe, im Centre Pompidou, Paris, und im Marta Herford. 

Andreas Schmid, geboren 1955 in Stuttgart und heute in Berlin lebend, studierte Malerei an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart (1974–1981) sowie chinesische Kalligraphie, Siegelschneiden, Kalligraphie- und Kunstgeschichte an der Kunstakademie Zhejiang in Hangzhou (1984–1986), China. Neben seiner künstlerischen Arbeit ist er als Experte für chinesische Gegenwartskunst und als Kurator tätig. Seit seiner ersten Einzelausstellung 1981 im Von der Heydt-Museum in Wuppertal stellte er unter anderem 2000 in der Chinati Foundation, Marfa, 2001 im Centre d’Art Passerelle, Brest, sowie im 1a space, Hong Kong, 2010 im MUMOK, Wien, und 2019 in der Dalhousie Art Gallery, Halifax, aus.

Boris Tellegen wurde 1968 in Amsterdam geboren, wo er bis heute lebt und arbeitet. An der Technische Universiteit Delft studierte er in den Jahren von 1988 bis 1994 Industrial Design Engineering. Ebenfalls in den 1980er Jahren nahm er unter dem Pseudonym Delta seine künstlerische Arbeit auf und wirkte zunächst als Graffiti-Künstler. Seither sind seine Werke nicht nur in weiten Teilen Europas, sondern auch in Nordamerika und Australien zu sehen. Er war im Rahmen von Gruppenausstellungen unter anderem im Amsterdam Museum und im Grand Palais, Paris, vertreten und zeigte zuletzt in der backlash gallery in Paris eine große Einzelausstellung.

Imi Knoebel wurde 1940 in Dessau geboren, besuchte von 1962 bis 1964 die Werkkunstschule in Darmstadt und wechselte 1964 mit seinem Künstlerfreund Imi Giese († 1974) zur Düsseldorfer Kunstakademie in die Klasse von Joseph Beuys. Eine erste Einzelausstellung richtete ihm 1968 die Galerie René Block aus, anschließend waren große Übersichtspräsentationen u. a. im Bonnefantenmuseum, Maastricht, im Stedelijk Museum Amsterdam, in der Kestner Gesellschaft Hannover, der Neue Nationalgalerie, Berlin, oder im Kunstmuseum Wolfsburg zu sehen. Er war viermal nacheinander Teilnehmer der Kasseler documenta (5, 6, 7, 8) und nahm u. a. 1985 an der 18. Biennale von São Paulo teil. Imi Knoebel lebt in Düsseldorf.

Geboren 1968 in Deurne studierte Erik van Lieshout von 1987 bis 1990 an der Academie voor Kunst en Vormgeving in ’s-Hertogenbosch und bis 1992 bei De Ateliers '63 in Amsterdam. Er lebt heute in Rotterdam. Nach einer ersten großen Einzelausstellung 2002 im Groninger Museum war er unter anderem im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, im Museum Ludwig, Köln, bei der Manifesta 10, Sankt Petersburg, bei der Thessaloniki Biënnale, der Emscherkunst in Essen oder in der Bundeskunsthalle Bonn vertreten.

Florian Meisenberg wurde 1980 in Berlin geboren und studierte von 2004 bis 2010 an der Kunstakademie Düsseldorf. Seitdem wurden seine Werke international gezeigt: Unter anderem war er im Rahmen von Gruppen- und Einzelausstellungen in der Kunsthalle Düsseldorf, dem Kunstpalais Erlangen, dem Museum of Contemporary Art Kiasma (Helsinki), dem Kunstmuseum Bonn, den Deichtorhallen in Hamburg, der Zabludowicz Collection, London, dem Hardspace, Basel, sowie dem Museum der Bildenden Künste in Leipzig vertreten.

2005 absolvierte Yoana Tuzharova zunächst ihren Abschluss im Fach Malerei an der Nationalen Schule der Künste in Russe in Bulgarien, wo sie 1986 geboren wurde. Anschließend studierte sie an der Fakultät für Bildende Künste in der bulgarischen Stadt Weliko Tarnowo und schließlich an der Kunstakademie Münster Freie Kunst und Kunst im öffentlichen Raum bei den Professoren Maik und Dirk Löbbert, die sie 2017 als Meisterschülerin annahmen. Zurzeit lebt und arbeitet Tuzharova in Köln. Neben verschiedenen Gruppenausstellungen wie im KIT, Düsseldorf, oder der Galerie & Kunststiftung Credo Bonum, Sofia, war sie 2022 im Rahmen von Einzelausstellungen unter anderem im Gustav-Lübcke-Museum in Hamm vertreten.

Katalog:
FABE BILD RAUM. Bart van der Leck im Dialog
COLOR IMAGE SPACE. Bart van der Leck in Dialogue
Hrsg. von Maren Klinkhamer und Roland Nachtigäller für die Stiftung Insel Hombroich
Textbeiträge von Kaja Boelcke, Jana Crone, Maren Klinkhamer, Alexander Markschies, Bas Mühren und Roland Nachtigäller
Deutsch/Englisch
ISBN 978-3-9817303-9-5
144 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen
25,00 Euro


Öffnungszeiten:
Montag - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr

Weitere Informationen direkt unter: inselhombroich.de

Boris Tellegen, Number 3, 2022, Geschweißter Stahl, Autolack / Welded steel, car paint, 28 x 16 x 78,5 cm, © Boris Tellegen Foto: Boris Tellegen
26.05.2023 - 25.02.2024

Farbe Bild Raum. Bart van der Leck im Dialog

Siza-Pavillon, Raketenstation Hombroich

Raketenstation Hombroich 4
41472 Neuss