Ab dem 19. Februar 2022 zeigt die Kunsthalle zu Kiel unter dem Titel Wildes, Wüstes, Wunderschönes. Natur im Fokus der Sammlung eine neue Sammlungspräsentation, die insbesondere anhand von Pflanzen- und Landschaftsdarstellungen die Natur in den Fokus rückt. Im konzeptionellen Zentrum der Ausstellung steht die Künstlerin und Autorin Anita Albus, die im Jahr 2022 ihren 80. Geburtstag feiert. Ein Großteil ihres künstlerischen Werks befindet sich durch einen Ankauf der Karl-Walter und Charlotte Breitling-Stiftung im Jahr 2016 im Sammlungsbestand der Kunsthalle.

Die Ausstellung beleuchtet mit rund 100 Werken aus Malerei, Grafik und Skulptur die vielfältige künstlerische Auseinandersetzung mit der Natur sowie den Umgang mit natürlichen Materialien. 

Die Ausstellung ist in Themenbereiche gegliedert, die sich auf die Natur und Naturbeobachtung fokussieren. Das große Konvolut an Werken von Anita Albus liefert dafür den Ausgangspunkt. Ihr Werk zeichnet sich durch minutiös gemalte Darstellungen von Vögeln, Schmetterlingen und Pflanzen aus. Anita Albus hält ihre Beobachtungen mit großer Präzision und Leuchtkraft in ihren Werken fest. Die Arbeiten entstehen zumeist in Zusammenhang mit ihren natur- und kunsthistorischen Forschungen und Schriften sowie aus der Auseinandersetzung mit kulturhistorischen Phänomenen. Zu ihren Vorbildern gehören die Naturforscher*innen sowie Maler*innen der frühen Neuzeit, die sich unter anderem auf Stillleben mit Naturmotiven spezialisiert haben.

Die Sammlungspräsentation greift auch die Stilllebenmalerei auf, die ihre Blütezeit am Anfang des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden erreicht. Die Motive sind sorgfältig arrangierte Gegenstände wie Früchte, Blumen oder Dinge des alltäglichen Lebens, die bis ins kleinste Detail naturrealistisch ausgestaltet und von den Künstler*innen zueinander in Beziehung gesetzt sind. Das Schöpferische der Natur ist vor allem im 17. Jahrhundert ebenso Motivation wie die Freude an der Wiedergabe von Dingen um dieser selbst willen.

Weitere Schwerpunkte der Ausstellung sind die für die Kunsthalle wichtigen Bestände der Landschaftsmalerei und des Expressionismus. Erst das Malen im Freien seit dem 19. Jahrhundert führt zu einer exakten Naturbeobachtung unabhängig von akademischen Zwängen. Im 20. Jahrhundert nehmen Künstler*innen die landschaftlichen Motive auch zum Anlass für Farbexperimente. Neben doppelseitigen Gemälden von Ernst Ludwig Kirchner und Erich Heckel findet auch Emil Noldes Interesse an den Kräften der Natur und an Gartenanlagen Einzug in die Ausstellung. Emil und Ada Nolde legen an allen Wohnorten einen prachtvollen Garten nach ihren Vorstellungen an. Die Vielzahl von Noldes Gemälden zeugt von seiner Freude an Blumen und Pflanzen.

Die Ausstellung Wildes, Wüstes, Wunderschönes präsentiert nicht nur Pflanzen- und Landschaftsdarstellungen, sondern auch Werke aus organisch-vergänglichen und ausgefallenen Materialien. Bis in die 1960er Jahre gelten unübliche Werkstoffe wie Fett, Filz oder Gewürze als kunstfern. Künstler wie Joseph Beuys und Dieter Roth öffnen durch ihr besonderes Interesse am Material das Bewusstsein für die Wirkung von natürlichen Stoffen in der Kunst. Die ureigenen Materialeigenschaften prägen die Bedeutung ihrer Werke.

Räumlich und thematisch schließt sich an die Werke von Anita Albus auch eine Sektion zu Künstlerinnen an, deren Gemälde und Plastiken zwischen 1890 und 1933 entstehen. Frauen bleibt bis 1919 eine akademische künstlerische Ausbildung verwehrt, sodass sie Aufenthalte in Künstler*innenkolonien fernab der Großstädte nutzen, um Privatunterricht insbesondere bei Landschafts- und Genremalern zu nehmen. Ihre Werke und deren Provenienz zeugen auch von ihren Strategien, die eigene Präsenz in der Öffentlichkeit zu verstärken. 

In einem weiteren eigenen Bereich werden im temporären Wechsel empfindliche Arbeiten auf Papier in vier monografischen Präsentationen zum Thema Naturdarstellungen bis in das Jahr 2023 hinein gezeigt. Den Auftakt bilden die Scherenschnitte von Philipp Otto Runge. Es folgen Radierungen mit Pflanzendarstellungen von Arthur Illies, Blumenzeichnungen von Christian Rohlfs und von Lili Fischer eine Werkgruppe aus ihrer Feldforschung.

Künstler*innen (Auswahl): Anita Albus, Ernst Barlach, Joseph Beuys, Peter Doig, Christoffer Wilhelm Eckersberg, Teude Grönland, Erich Heckel, Jan Davidszoon de Heem, Axel Hütte, Alexander Kanoldt, Georg Friedrich Kersting, Lina Kim, Ernst Ludwig Kirchner, Peder Severin Krøyer, Paula Modersohn-Becker, Emil Nolde, Max Pechstein, Gerhard Richter, Pieter de Ring, Christian Rohlfs, Dieter Roth, Philipp Otto Runge, Gertrud Wiebke Schröder, HA Schult, Bernard Schultze, Renée Sintenis, Michael Wesely, Julie Wolfthorn.