Die Entdeckung: ein alter Holzkoffer, gefüllt mit Bildern der Vergangenheit. Fotografiert hat sie der in Hamburg geborene Fide Struck (1901–1985), zunächst Anhänger der Jugend- und Wandervogelbewegung und seit 1926 Mitglied der Künstler- und Handwerkersiedlung Gildenhall/Neuruppin. Ende der 1920er-Jahre verschrieb er sich der Arbeiterfotografie. Struck interessierte der Alltag der sogenannten „kleinen Leute“ in Altona, Hamburg und an der Westküste: Werftarbeiter, Krabbenfischer, Menschen auf dem Markt und spielende Kinder. Er fotografierte das Treiben auf dem Fischmarkt, in den Straßen und an der Börse, die Arbeit im Hafen und in der Fischräucherei. Nach 1933 verboten die Nationalsozialist*innen diese Art sozialkritischer Arbeiterfotografie. So zog sich Fide Struck als Fotograf ins Private zurück, um nicht selbst ins Visier zu geraten. 3.000 Glas- und Filmnegative versteckte er in einem Holzkoffer, gut getarnt und eingewickelt in Seiten der NSDAP-Parteizeitung Völkischer Beobachter aus dem Jahr 1941. Erst 2015 – nach 74 Jahren – wurde dieser Koffer wieder geöffnet ? von Fides Sohn, dem Berliner Filmemacher Thomas Struck.

Die Ausstellung präsentiert rund 65 der erstmals entwickelten eindrucksvollen Schwarz-Weiß-Fotografien, aufgenommen vielfach aus ungewöhnlichen Blickwinkeln inspiriert vom Stil der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Sehens. Es scheint, als suchte Struck in seinen Fotografien eine Welt festzuhalten, die politisch wie gesellschaftlich an der Schwelle des Untergangs stand.