Bis heute ist Florian Merkel in beinahe jeder Übersichtsausstellung zur Fotografie der DDR vertreten, genauso wie in allen größeren Ausstellungen der letzten Jahre, die sich mit der „Wende“ in Ostdeutschland beschäftigten. Da hierfür immer die seinerzeit spektakulären und auch heute noch beeindruckenden handcolorierten Schwarzweissfotografien der 80er und Anfang 90er Jahre herangezogen werden, ist ein Markenzeichen entstanden, dass das Werk des Künstlers als jahrzehntewährende dynamische Entwicklung wesentlich verdeckt.

Unsere Ausstellung setzt hier an. Welche Entwicklungslinien haben sich nach 10 Jahren studieren und arbeiten in der DDR und 30 Jahren Positionierung im internationalen Kunstgeschehen herausgeschält? Das Werk des Künstlers gibt dafür einiges her. Neben der Fotografie etablierte sich sehr schnell auch die Zeichnung, vom Skizzenbuch bis zu wandgroßen Arbeiten. Ausflüge in den Bereich der Musik ergänzen das Portfolio.

Verwandte Strukturen werden trotz der unterschiedlichen Techniken immer wieder sichtbar. Die am Selbstporträt erprobten Figuren der späten DDR-Zeit wandelten sich zu fotografierten Inszenierungen mit Modellen. Das Rollenspiel blieb. Auf Selbstbespiegelung und den Bezug auf Pathosformeln der Kunstgeschichte zu Figuren der Mythologie folgte in den letzten Jahren eine Sammlung von Verhaltenstypen unmittelbar einsichtiger Figurenkonstellationen. Ganz im Geiste der jungen Generation, die heute nicht mehr mit dem Bildungsbestand konfrontiert sein möchte, sucht er ganz unmittelbar ausgedrückte Erfahrungen mit zeitgenössischen Bildfiguren.

Als Thema etablierte sich früh der Widerstand, inszeniert als Aktion des Einzelnen, als Traum nach Filmbildern oder als romantische Phantasie. Es zieht sich als roter Faden von den Anfängen bis heute durch das fotografische Werk.

Daneben läuft, regelmäßig wiederkehrend, die Dokumentarfotografie. Im einfachen Bild das sprechende Bild zu geben, war eine mit dem Studium in Leipzig aufgenommene Haltung, die sich in immer neuen Motiven niederschlägt. Es begann mit Aufnahmen in seiner Heimatstadt Karl-Marx-Stadt und zeigt sich zuletzt in Landschaftsaufnahmen und der Reihe der neueren Bauten, die eine Typologie der Standardarchitektur der letzten Jahrzehnte bereithält.

Diese neueren Fotos, allesamt digital aufgenommen, benutzt Merkel in seiner aktuellsten Arbeit, um auch hier mit colorierenden Eingriffen Steigerungen zu erzielen. Zur Anwendung kommen dabei allerdings Photoshop und Co. als adäquate Mittel der Bildverfremdung im Digitalfoto.
Den Prinzipien der fotografischen Zentralperspektive mit extremen Größenkontrasten in die Tiefe hinein folgend, arbeitet Florian Merkel in der Zeichnung. Von der Colorierung entnimmt er die Formung mit großen, scharf begrenzten Flächen. Mit der Chance zur Reduktion führt ihn die Zeichnung zu gänzlich anderen Erscheinungsformen. Ganz deutlich wird das Spiel mit den linearen Bildtraditionen der klassischen Moderne wie der sozialistischen Wandbildkultur der 50er Jahre, mit dem Konturbild des Cartoons oder der Graphic novel.

Die Ausstellung zeichnet die verschiedenen Entwicklungswege nach und arbeitet heraus, wo und wie größere gesellschaftliche, technologische oder diskursive Bewegungen sich niedergeschlagen haben.


Öffnungszeiten:
Montags: 11:00 - 17:00 Uhr
Dienstag: 11:00 - 19:00 Uhr
Mittwoch: geschlossen
Donnerstag - Sonntag: 11:00 - 17:00 Uhr

Weitere Informationen direkt unter: neue-saechsische-galerie.de

15.01. - 15.05.2022

Florian Merkel: Deutschlandbilder Fotografie und Zeichnung seit 1980

Neue Sächsische Galerie

Moritzstr. 20 – im TIETZ
09111 Chemnitz