Erstmalig steht das Bode-Museum selbst im Mittelpunkt einer Ausstellung. Geschichte und Gegenwart des traditionsreichen Hauses sind aufs engste mit Berlin verwoben: Die großen Ereignisse der Zeitgeschichte – die beiden Weltkriege, der Nationalsozialismus, die deutsche Teilung – sind nicht spurlos am Museum vorübergegangen und prägen das Haus und die Objekte in den Sammlungen bis heute. Ziel der Sonderausstellung ist es, das Bode-Museum und seine historische Rolle in der Gesellschaft und der Stadt besser zu verstehen. Die kritische Reflexion der eigenen Vergangenheit bietet neue Perspektiven für die Zukunft des Museums. Zum Teil noch nie ausgestellte Objekte geben exemplarische Einblicke in bisher nicht beleuchtete Themen und machen Museumsgeschichte nachvollziehbar. Der Rundgang der Ausstellung gliedert sich in vier zentrale Schwerpunkte, die das Bode-Museum definieren: Die Sammlungen, das Gebäude, die Forschung und das Publikum.
Sammlungen
Was gibt es im Bode-Museum zu sehen und was nicht? Wie sind die Werke ins Museum gekommen? Und wer sind die Menschen hinter den Sammlungen? Im Laufe der Geschichte wurden Objekte aus verschiedenen Kulturen und Epochen im Bode-Museum gezeigt. Heute vereint das Haus drei Sammlungen: Die Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst sowie das Münzkabinett. Die Sammlungen gehören weltweit zu den bedeutendsten ihrer Art. Die im Bode-Museum verwahrten Objekte sind zu unterschiedlichen Zeiten und unter verschiedenen Bedingungen in die Sammlungen gelangt – nicht immer nach unseren heutigen ethischen Maßstäben. Daher überprüft die Provenienzforschung die Herkunft und Erwerbung der Objekte, insbesondere zur Zeit des Nationalsozialismus. Die Geschichte der Objekte kritisch zu hinterfragen und transparent zu machen, ist ein zentrales Ziel der Museumsarbeit.
Die Zusammensetzung der Sammlungen spiegelt persönliche und politische Motive wider: Für den Aufbau der byzantinischen Sammlung waren die guten Beziehungen zwischen Kaiser Wilhelm II. und dem osmanischen Sultan Abdulhamid II. entscheidend. Französische Kunst wurde hingegen kaum erworben, entsprechend dem Versuch Otto von Bismarcks, Frankreich politisch zu isolieren. Auch spanische und englische Kunstwerke sind in der Sammlung kaum vertreten.
Das Münzkabinett sammelt weltumspannend von der Antike bis zur Gegenwart. Schwerpunkte liegen unter anderem auf den Münzen der griechisch-römischen Antike und des Mittelalters, Brandenburg-Preußens, sowie den Medaillen seit der Renaissance.
Gebäude
Was hat das Bode-Museum mit Berlin und den Berliner*innen zu tun? Etwa eine viertel Million Menschen besuchen jährlich das Bode-Museum, dessen imposante Fassade zu den Wahrzeichen der Stadt zählt. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und bis zur Sanierung von 1998 bis 2006 nur provisorisch instand gesetzt. Die Jahre 1948/49 markieren eine historische Zäsur für Berlin und Deutschland: Von der Teilung der Stadt Berlin Ende 1948 wurden auch die Berliner Museen erfasst. Es folgte 1949 die deutsche Teilung und die Gründung der BRD und DDR. Fortan waren die Bestände der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst getrennt: Je nach den Auslagerungsorten der Werke während des Krieges befanden sie sich die folgenden 45 Jahre teils im Bode-Museum in Ost-Berlin und teils in Dahlem in West-Berlin.
Erst nach dem Mauerfall konnten die Sammlungen, Objekte, Forschungsarbeiten, aber auch die Mitarbeiter*innen aus Ost und West wieder im Bode-Museum zusammengebracht werden. Seit den 1990er- Jahren gab es Pläne für die Zusammenführung der Gemäldegalerie und der Skulpturensammlung, die allerdings nie verwirklicht wurden. Bis heute befindet sich die Gemäldegalerie am Kulturforum, wenngleich 200 Gemälde in die Dauerausstellung des Bode-Museums integriert sind.
Forschung
Was passiert hinter den Kulissen des Bode-Museums? Und was bedeutet Forschung im musealen Kontext? Zu vielen Objekten liegen keine oder kaum gesicherte Informationen vor. Um sie zu erforschen, bedarf es einer engen Zusammenarbeit von Kurator*innen und Restaurator*innen. Neue Erkenntnisse beeinflussen dabei oft die Bewertung der Kunstwerke. Sie werfen die Frage auf, ob Objekte weniger bedeutend und wertvoll sind, wenn sie nicht mehr einem berühmten Künstler*innennamen zugeschrieben werden. Auch die Frage nach dem konservatorischen und restauratorischen Umgang mit Werken, die historische Veränderungen erfahren haben, steht immer wieder im Zentrum von Diskussionen: Soll das Werk seine Geschichte vermitteln oder so aussehen, wie es einst erschaffen wurde?
Während des Zweiten Weltkriegs wurden viele Werke aus dem Bode- Museum im Flakbunker Friedrichshain eingelagert, wo ein Großteil im Mai 1945 durch verheerende Brände zerstört wurde. Zahlreiche Objekte wurden nach Ende des Krieges in die Sowjetunion abtransportiert, so etwa die gesamten Bestände des Münzkabinetts. Noch heute finden sich in den Sammlungen des Bode-Museums Fragmente, von denen die ergänzenden Gegenstücke fehlen. Einige lagern in Museumsdepots in St. Petersburg und Moskau. Um die geteilten Objekte erforschen und sie der Öffentlichkeit präsentieren zu können, stehen das Puschkin-Museum in Moskau und das Bode-Museum in einem engen Austausch.
Publikum
Wer zählt zu unserem Publikum und wie sollte dessen Beziehung zum Museum beschaffen sein? Diese Fragen werden nicht erst seit den jüngeren Debatten zur gesellschaftlichen Relevanz von Museen gestellt. Das Publikum und sein Erleben von Kunstwerken in ihren ursprünglichen Kontexten waren schon beim Bau des Bode-Museums ein zentrales Anliegen. Dass dieses museumspädagogische Konzept und die Überlegungen zu der Vermittlung von Werken von Anfang an verfolgt wurden, lässt das Bode-Museum zu einem Pionier auf diesem Gebiet werden. Welche Mittel nutzt das Museum heute, um den Besucher*innen die Vielfalt der Sammlungen näher zu bringen und sie an seinen Forschungen und Aktivitäten teilhaben zu lassen?
Auch im Jahr 2021 stehen die Besucher*innen – ob physisch anwesend oder digital vernetzt – im Mittelpunkt der Museumsarbeit: Alle sollen erreicht werden. Um die Interessen unseres diversen Publikums zu berücksichtigen, gestalten wir Dauer- und Sonderausstellungen, veröffentlichen Bestandskataloge, Artikel und populäre Museumspublikationen, veranstalten künstlerische Interventionen und bieten niederschwellige Bildungs- und Vermittlungsprogramme an. Mit der Ausstellung „Klartext: Zur Geschichte des Bode-Museums“ schlägt das Haus im Herzen der Stadt eine Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Wir laden Sie dazu ein, das Bode-Museum neu kennenzulernen: Das Gebäude und die Kunstwerke, und darüber hinaus auch seinen Platz in Berlin und Deutschland.
Um die Inhalte der Ausstellung allen Interessierten zugänglich zu machen, stehen die Infoblätter zu ausgewählten Werken und ein chronologischer Überblick zur Geschichte des Museums kostenlos auf der Website zur Verfügung: www.smb.museum/klartext
„Klartext: Zur Geschichte des Bode-Museums“ wurde als Inreach- Projekt unter Gesamtleitung von María López-Fanjul y Díez del Corral konzipiert. Alle Mitarbeiter*innen der Skulpturensammlung und des Museums für Byzantinische Kunst haben sie gestaltet, in Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen des Münzkabinetts, des Zentralarchivs und der Abteilung Bildung, Vermittlung und Besucherdienste der Staatlichen Museen zu Berlin. Wichtige restauratorische Maßnahmen und kunstechnologische Untersuchungen, die in der Ausstellung präsentiert werden, wurden durch die großzügige Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung ermöglicht.
Falschmünzen für den Geldumlauf untergraben das Vertrauen in die Währung und sind abzugrenzen von den seit der Renaissance hergestellten Münzfälschungen speziell für Sammler*innen. In der Ausstellung werden Originale und Fälschungen einander gegenübergestellt, Werkzeuge geben Aufschluss über die Techniken der Fälscher*innen.
Im Kern widmet sich die Ausstellung Falschmünzerei und Münzfälschungen. Falschmünzen werden von Privaten, aber gelegentlich auch von staatlichen Stellen angefertigt. Vor allem in Zeiten, in denen Münzen die einzigen Zahlungsmittel waren, stellten Fälschungen ein ernsthaftes Problem dar, das im schlimmsten Fall zu einer Destabilisierung der Wirtschaft führen konnte. Ob Friedrich der Große ein Falschmünzer war und wo die Grenzen zwischen entwertetem Geld und Fälschung liegen, wird in der Ausstellung thematisiert.
Mit der abnehmenden Bedeutung des Münzgeldes sind Falschmünzen heute eine eher marginale Erscheinung, Dafür bereitet die Erkennung von immer raffinierteren Fälschungen von Münzen für Sammler*innen zunehmende Schwierigkeiten. Breiten Raum in der Ausstellung nehmen die Techniken der Falschmünzer*innen und Münzfälscher*innen ein. Historische und moderne Fälscher*innenwerkzeuge aus dem Besitz des Münzkabinetts, der Deutschen Bundesbank, der KfW Bankengruppe und privater Leihgeber*innen illustrieren das kriminelle Vorgehen. Dem werden die Methoden der Fälschungserkennung samt der Möglichkeit zu interaktivem Selbstversuch gegenübergestellt. Welche Strafen Falschmünzer*innen im Laufe der Zeit erhielten, wird anschaulich illustriert.
Das Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin beherbergt aktuell rund 540.000 geldgeschichtliche Objekte. Dazu gehören auch einige tausend Falschmünzen und Münzfälschungen, die seit dem 19. Jahrhundert gezielt gesammelt werden. Von einigen der berühmtesten Münzfälscher, darunter Nicolaus Seeländer (1682–1744) und Carl Wilhelm Becker (1772–1830) bewahrt das Münzkabinett einzigartige Archivalien und Bestände, die auch Werkzeuge von Fälscher*innen umfassen.
Gestreift werden in der Ausstellung auch andere Verbrechen im Zusammenhang mit Münzen. Diebstahl, Raub und Vergehen gegen den Kulturgutschutz sind kein spezifisch numismatisches Problem. Die Handlichkeit der Objekte macht Münzen und Medaillen allerdings besonders anfällig für diese Verbrechen. Auch die Sammlung des Münzkabinetts war seit dem Dreißigjährigen Krieg (1618–1648) bis zum Diebstahl der Big Maple Leaf im Jahr 2017 immer wieder von Verlusten betroffen.
Zur Ausstellung erscheint im Battenberg-Gietl Verlag die Begleitpublikation „Falschgeld und Münzfälschungen“ mit 15 Beiträgen namhafter Wissenschaftler*innen zur Ausstellungsthematik.
Öffnungszeiten:
Mittwoch - Freitag: 10:00 - 17:00 Uhr
Samstag - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr
Montag - Dienstag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: smb.museum