Mit der Ausstellung Kathrin Sonntag und Gabriele Münter – Das reisende Auge zeigt das Museum Marta Herford erstmalig die bisher wenig bekannten Fotografien der Expressionistin Gabriele Münter in der Heimatstadt ihrer Familie, in Herford. Die zeitgenössische Künstlerin Kathrin Sonntag wurde eingeladen, ihre Werke mit der gut 100 Jahre zuvor ebenfalls in Berlin geborenen Münter in Dialog zu setzen. In einer eigens für die Lippold-Galerie entwickelten Rauminstallation werden 51 Fotografien, die Münter um 1900 herstellte, korrespondierend mit 43 Arbeiten von Sonntag präsentiert. Die Künstlerin Kathrin Sonntag hinterfragt in der Gegenüberstellung mit Gabriele Münter letztendlich auch das Wesen der Fotografie als Medium und unser aller Bildverständnis.

In der zentralen Rauminstallation Das reisende Auge – Echos (2024), inszeniert die Gegenwartskünstlerin Kathrin Sonntag (geboren 1981 in Berlin) die Fotografien, die Münter (geboren 1877 in Berlin, verstorben 1962 in Murnau) auf einer Reise durch die USA 1898-1900 machte, zusammen mit Aufnahmen aus ihrem eigenen Archiv. Für die 320qm umfassende Ausstellungsetage entwickelte Sonntag ein Farbkonzept, das an die bekannten Malereien Münters angelehnt ist. Bei der Auswahl ihrer Bilder lässt sich Sonntag von Münters Blick leiten und sucht nach ähnlichen Motiven, assoziativen Entsprechungen oder verbindenden Details in ihrem eigenen Fotofundus.

Kathrin Sonntag befragt durch die Erkundung von Münters Fotoarchiv ihren eigenen Umgang mit dem Medium und die Umstände, unter denen Fotografien entstehen. Das Gegenüberstellen und Vergleichen von Bildern, aber auch Objekten ist ein grundlegendes Prinzip in Sonntags künstlerischer Praxis. Sie untersucht visuelle Wahrnehmungs-mechanismen und thematisiert mit einem humorvollen Augenzwinkern nichts Geringeres als das Sehen an sich.

Mit der Projektion am Eingang der Ausstellung The Travelling Eye (2024) nähert sich Kathrin Sonntag den Fotografien Gabriele Münters. Hierfür fotografierte die Künstlerin Aufnahmen von Münter durch eine Lupe und fügte die Einzelbilder zu einer filmischen Diashow zusammen. Durch die runden Ausschnitte wie auch die starke Vergrößerung wird der Blick auf besondere Details gelenkt, die sonst nicht im Bildfokus stehen.

In Anlehnung an die Reise von Gabriele Münter, die diese mit ihrer Schwester Emmy von 1889 bis 1900 wagte, zeigt Sonntag in einem grau gestrichenen Raum eine Dia-Installation, die sie wiederum gemeinsam mit der Künstlerin Nina Hoffmann entwickelte. Die 3-Kanal Produktion Ein Bild (2015) verdeutlicht das Grundprinzip des dialogischen Ansatzes bei Kathrin Sonntag und führt über den Vergleich mit Gabriele Münter hinaus ihre Grundfragen nach den Entstehungs- und Auswahlmomenten von Fotografien fort: Die beiden zeitgenössischen Künstlerinnen stellten dafür 81 Kategorien zusammen, für die sie jeweils eine Abbildung aus ihren Fotoarchiven aussuchten.

In einem dunkelblau gefassten Raum der Ausstellung befindet sich auch das einzige Gemälde von Gabriele Münter in der Ausstellung: Zinnien mit Glücksschiffchen (1931) aus der Sammlung des Städtischen Museum Herford, dessen Inspiration die Künstlerin in Herford fand. Der westfälischen Heimat ihrer Familie war sie verbunden, auch wenn sie hier nur wenige Jahre ihrer Kindheit verbrachte. 1938 schenkte die Künstlerin das Gemälde nach einer Einzelausstellung dem Herforder Heimatmuseum. Kathrin Sonntag stellt diese Malerei mit ihrer ArbeitBlumen für Gabriele (2024) in einen Dialog. Dabei handelt es sich um einen Blumenstrauß, der stetig erneuert wird und sich auf Münters Blumengemälde bezieht. Das gemalte Bild eines Blumenstraußes erhält so eine zeitgenössische Skulptur in Blumenform als Pendant.

Von ihren persönlichen Erfahrungen und der Begegnung mit der Fotografie Münters erzählt Kathrin Sonntag in dem ebenfalls in dem blauen Raum zu hörenden Audioarbeit Das Reisende Auge – Reisebericht (2024). In dem essayistischen Text fragt sie nach der Bedeutung von Fotografie in der Gegenwart und vergleicht diese mit der Zeit, in der Münter das Medium nutzte. Nicht zuletzt reflektiert Sonntag, wie und wann sie selbst die Kamera nutzt und welchen Einfluss andere Bildarchive und -vorstellungen auf den Akt des Fotografierens nehmen.

Die Ausstellung Das reisende Auge wird ab November 2025 im Kunstmuseum Ravensburg gezeigt. Es entsteht ein gemeinsam herausgegebenes Künstlerbuch, das im Spector Verlag erscheinen wird.

Wir danken der Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung.


Öffnungszeiten:
Dienstag: 11:00 - 18:00 Uhr
Mittwoch: 11:00 - 20:00 Uhr
Donnerstag  - Sonntag (Feiertage): 11:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: marta-herford.de