Künstler*innen: Oshin Siao Bhatt, Yevgeniy Fiks, Tore Hallas, Tirdad Hashemi & Soufia Erfanian & Mahsa Saloor, Clara Sika Helbo, Saodat Ismailova, Kyuri Jeon, Aziza Kadyri, Flo Kasearu, Björn Larsson & Carl Johan Erikson, Albina Mokhryakova, Adina Pintilie, Ajla R. Steinvåg, Anna Tereshkina, Anna Uddenberg
Angesichts zunehmender staatlicher Kontrollen in vielen Teilen der Welt – sei es durch den Abbau hart erkämpfter reproduktiver Rechte oder die Erosion von LGBTQ+-Rechten – scheint der Diskurs um den menschlichen Körper als politisch aufgeladenes Terrain dringlicher denn je. Die COVID-19-Pandemie hat eine tiefgreifende Verschiebung in der Beziehung jede*r Einzelnen zu ihrem Körper und damit verbundene systemische Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten zutage gefördert und öffentlich zur Debatte gestellt. Die aktuellen militärischen Konflikte zeigen eine klare Hierarchie zwischen entbehrlichen Körpern und denjenigen, die sich für territoriale und militärische Zwecke als nützlich erweisen. Der kamerunische Historiker und Philosoph Achille Mbembe argumentiert, dass moderne Kontrollgesellschaften auf der „Herstellung eines neuen Subjekts beruhen“, eines neuen Menschentypus, der aus körperlichen, künstlichen und neurobiologischen Teilen besteht und sich so viel leichter manipulieren und kontrollieren lasse.
Das mehrjährige interdisziplinäre Forschungs- und Ausstellungsprojekt The New Subject ist eine Serie von zusammenhängenden Ausstellungen und öffentlichen Veranstaltungen. Die in der Ausstellungsreihe versammelten künstlerischen Arbeiten beleuchten den Körper als umkämpften Ort ideologischer und politischer Machtspiele, erkunden Existenzweisen, die sich den staatlichen Zwängen zu entziehen versuchen, und diskutieren Strategien des Widerstands. Sie untersuchen den menschlichen Körper im Kontext globaler Biopolitik und technologischer Entwicklungen und beleuchten dabei staatliche Kontrollmechanismen und ihre rechtlichen, körperbezogenen und kognitiven Auswirkungen.
Die Ausstellung im KINDL ist die vierte Präsentation des Projekts und vereint 15 Künstler*innen und Kollektive, die sich körper- und politikbezogenen Themen in verschiedenen künstlerischen Medien nähern. Die Ausstellung gliedert sich in vier Bereiche, die sich überschneiden und ergänzen. Den Auftakt bildet das Feld des staatlichen, militärischen Machtapparats, der Leben aufgrund von ethnischer Zugehörigkeit, Gender und sozialem Status klassifiziert und Körper als Kapital behandelt, das verbraucht und ausgetauscht werden kann. Weiter untersucht die Ausstellung, wie neue Technologien Fähigkeiten und Grenzen des Körpers erweitern, gleichzeitig aber auch die Kontrolle über ihn verstärken. So können neue Technologien Geschlechter- und Altersbarrieren überwinden und das Gesundheitswesen revolutionieren und gleichzeitig zu einer Verhärtung bestehender Hierarchien beitragen. Weitere Positionen innerhalb des Projekts befassen sich mit der physischen Dimension von Widerstand und der Gewalt, die Körper durch gesellschaftliche Erwartungen, aber auch durch gesetzliche und staatliche Maßnahmen erfahren. Dabei kann der Körper sowohl als Schauplatz von Ungerechtigkeiten und Unterdrückung als auch als aktives Mittel des Widerstands und der Emanzipation fungieren. Schließlich werden Normativität, Konventionalität und die Abweichung von körperlichen und geistigen Standards untersucht. Die ausgewählten Werke schlagen vor, unser Verständnis des Körpers als ein Zusammenspiel von physischen, emotionalen und spirituellen Erfahrungen zu verstehen, um so seine Handlungsmöglichkeiten zu erweitern.
Die Ausstellung wird von einem Diskursprogramm begleitet, darunter ein Symposium am 23. November 2024.
Zur Ausstellung erscheint eine Publikation im Distanz-Verlag, hrsg. von Anna Bitkina & Maria Veits / TOK und Kathrin Becker.
Das Projekt wurde initiiert von dem kuratorischen Kollektiv TOK und wird 2023 bis 2025 in enger Zusammenarbeit mit vier europäischen Kunstinstitutionen realisiert: Konsthall C (Schweden), Kunsthal NORD (Dänemark), Oksasenkatu 11 (Finnland) und KINDL – Zentrum für zeitgenössische Kunst (Deutschland).
Öffnungszeiten:
Mittwoch: 12:00 - 20:00 Uhr
Donnerstag - Sonntag: 12:00 - 18:00 Uhr
Montag - Dienstag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: kindl-berlin.de