Der im Kurfürstentum Köln geborene Jean-Pierre Latz (1691—1754) gilt als einer der wichtigsten Kunsttischler seiner Zeit. Als Abschluss und Höhepunkt eines umfangreichen Forschungs- und Restaurierungsprojekts präsentiert das Kunstgewerbemuseum der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) die erste Sonderausstellung weltweit, die ihm und seinen Arbeiten gewidmet ist. Seine Möbel werden erstmals seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs in den Paraderäumen des Residenzschlosses gezeigt, die eigens für „Fait à Paris. Die Kunstmöbel des Jean-Pierre Latz am Dresdner Hof“ auf ungewöhnliche Weise umgestaltet werden. Mit dieser Präsentation ist zugleich ein weiterer wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der Festetage des Schlosses gemacht. 

In Paris schuf Latz hochkomplexe Meisterwerke, die sich stilistisch zwischen dem schweren, streng symmetrischen Barock und dem Rokoko bewegen, das für Leichtigkeit und Asymmetrie steht. Die technisch exzellent ausgearbeiteten Pendulen und Piedestale, also Pendeluhren und Sockel seiner Werkstätten, waren oft als Serien von bis zu vier baugleichen Exemplaren konzipiert. Sie vereinen hochwertige Einlegearbeiten – sogenannte Boulle-Marketerien – aus Schildpatt, Messing, Ebenholz, Perlmutt, farbig unterlegtem Horn oder edlen Tropenhölzern mit üppig vergoldeten Beschlägen, die Bronzen genannt werden. Das größte Konvolut von Latz‘ Arbeiten befindet sich seit seinem Ankauf in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Dresden und ist in seiner lückenlosen Dokumentation und seinem authentischen Zustand einmalig. 

August III., der Sohn Augusts des Starken, und sein Premierminister Heinrich Graf von Brühl ließen sich die luxuriösen, französischen Kreationen von Latz als Statussymbole direkt aus Paris an den sächsischen Hof liefern, wo sie bis ins 20. Jahrhundert verblieben und sogar Nachahmer wie den Hofkunsttischler Johann August Türpe inspirierten. Im Zweiten Weltkrieg wurden einige der Möbel von Latz im Umkreis von Dresden ausgelagert und nahmen Schaden; andere, die sogenannten Palmstammuhren, verblieben im Schloss und wurden während der Bombardierung der Stadt stark beschädigt. Sie galten später als Kriegsverluste. In der Nachkriegszeit wurden Latz‘ Möbel aufgrund ihres Zustands in den Depots der SKD eingelagert und gerieten in Vergessenheit. Erst die Einführung der Museumsdatenbank Daphne, die ab 2008 eine Inventur des gesamten Bestandes der SKD zur Folge hatte, führte zu ihrer Wiederentdeckung.
Parallel zur Rekonstruktion der Paraderäume initiierte das Kunstgewerbemuseum ein international und interdisziplinär angelegtes Forschungs- und Restaurierungsprojekt, bei dem 30 Einzelobjekte beziehungsweise 20 Ensembles von Latz untersucht wurden, darunter opulente Pendulen mitsamt ihren Piedestalen, ein Cartonnier und eine Kommode. Dabei entdeckten die Restauratorinnen und Restauratoren auch handschriftlichen Signaturen mit den Worten „Fait à Paris“ (dt. gemacht in Paris) im Inneren zweier Uhrensockel, die der Präsentation ihren Namen geben und den hohen Stellenwert verdeutlichen, den die französischen Prachtmöbel an europäischen Höfen genossen. Nun sind die Arbeiten von Latz konserviert und restauriert und kehren in das historische Ambiente des Residenzschlosses zurück.

In der Sonderausstellung ermöglichen die vorausgehenden kunsthistorischen und wissenschaftlich-technologischen Untersuchungen einen Blick unter die Oberfläche der Möbel. Filmische Animationen der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden zerlegen die Kreationen etwa virtuell in ihre Einzelteile und veranschaulichen die Arbeitsweise von Latz’ Werkstätten, während die Geschichte der Möbel von ihrer Entstehung über ihren Verfall bis hin zu ihrer Restaurierung an den Originalen aufgezeigt werden. Latz selbst rückt als Mensch, Künstler und Unternehmer in den Fokus. Leihgaben aus Rom, Potsdam und Dresden verdeutlichen seine diplomatischen, dynastischen und wirtschaftlichen Netzwerke und geben zusätzliche Einblicke in die stilistische Bandbreite des Kunsttischlers. 

François Delattre, Botschafter der Republik Frankreich in Deutschland: „Zu keiner Zeit kannte die Kunst Grenzen. Zu jeder Zeit erzählt die Kunst eine Geschichte, unsere Geschichte. „Fait à Paris“ liefert einen faszinierenden Einblick in den sächsisch-französischen Handwerks- und Kulturaustausch am Dresdner Hof. Die Ausstellung der Werke von Jean-Pierre Latz, einem der bedeutendsten Pariser Ebenisten der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, führt uns die abwechslungsreiche Geschichte der letzten drei Jahrhunderte vor Augen. Als Schirmherr möchte ich den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden für ihr Engagement und ihre Expertise sehr herzlich danken. Mein großer Dank gilt außerdem allen Restauratorinnen und Restauratoren sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern für ihre bemerkenswerte Restaurierungs- und Forschungsarbeit sowie der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg und dem Palazzo Del Quirinale, deren wertvolle Leihgaben den in Umfang und Zusammensetzung einzigartigen Bestand des Kunstgewerbemuseums ergänzen.“

Marion Ackermann, Generaldirektorin der SKD: „‚Fait à Paris‘ ist eine ganz besondere Premiere, denn zum allerersten Mal werden die Paraderäume im Residenzschloss als Sonderausstellungsfläche genutzt, um der vielschichtigen Wiederentdeckung von Jean-Pierre Latz und seinen Prunkmöbeln Raum zu geben. Die Ausstellung steht symbolisch für den Austausch zwischen Deutschland und Frankreich, der bereits zu Latz‘ Zeiten so bedeutsam war und bis heute wegweisend bleibt. Deshalb freut es uns umso mehr, dass der französische Botschafter in Deutschland, François Delattre, die Schirmherrschaft für dieses Projekt übernommen hat. Auch dem Engagement vieler weiterer Sponsoren und Partner ist es zu verdanken, dass die Ergebnisse jahrelanger Forschungs- und Restaurierungsarbeit nun so glanzvoll präsentiert werden können.“

Thomas A. Geisler, Direktor des Kunstgewerbemuseums: „Mit ‚Fait à Paris‘ gelingt es uns, den Gästen des Dresdner Residenzschlosses einen Einblick in die umfangreiche Sammlung des Kunstgewerbemuseums zu geben und die Möbel von Jean-Pierre Latz in ein neues Licht zu rücken. Die Anfertigung seiner Meisterstücke benötigte allerhand Zeit, Geschick und Ressourcen, wie auch die Restaurierung und Erforschung dieser einzigartigen Stücke. Umso dankbarer sind wir, dass das Projekt die Begeisterung so vieler Beteiligter wecken konnte. Gemeinsam ist es uns gelungen, die Langlebigkeit von Latz‘ Arbeiten zu erhöhen, ihnen zu neuem Glanz zu verhelfen und sie nun, nach fast 80 Jahren, an den Ort zurückzubringen, an dem sie schon einmal die Betrachtenden verzauberten.“ 


Öffnungszeiten:
Montag, Mittwoch - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr
Dienstag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: www.skd.museum

Ausstellungsansichten "Fait à Paris" © Kunstgewerbemusem, SKD, Foto: Carina Sonntag
19.10.2024 - 02.02.2025

Fait à Paris. Die Kunstmöbel des Jean-Pierre Latz am Dresdner Hof

Staatliche Kunstsammlungen Dresden — Residenzschloss

Taschenberg 2
01067 Dresden