Gefeierter Theater- und Filmstar, politische Aktivistin, Berliner Ikone und wohl eine der meistporträtierten Frauen ihrer Zeit. Die Rollen von Tilla Durieux (1880, Wien–1971, West-Berlin) waren ebenso vielfältig wie auch die Liste der Künstler*innen, denen sie Modell saß: unter ihnen Max Slevogt, Lovis Corinth, Franz von Stuck, Ernst Barlach, August Gaul, Mary Duras, Emil Orlik, Sasha Stone, Oskar Kokoschka, Olaf Gulbransson, Max Oppenheimer, Frieda Riess und Lotte Jacobi – um nur einige zu nennen. Diese Darstellungen in unterschiedlichsten Medien entstanden über einen Zeitraum von rund 70 Jahren und zeigen Durieux im Spiegel ihrer Zeit. Das Georg Kolbe Museum widmet der vielseitigen Persönlichkeit und ihrem bewegten Leben eine umfassende Ausstellung, die auch die Geschichte einer gebrochenen Moderne erzählt.

Anhand zahlreicher Kunstwerke von bedeutenden Künstler*innen, Filmen, Tonaufnahmen, Fotografien und Dokumenten aus dem Nachlass Tilla Durieux‘ – von dem Teile im Georg Kolbe Museum beherbergt sind – zeigt die Ausstellung ein tiefgreifendes Panorama einer künstlerischen Visionärin. Tilla Durieux. Eine Jahrhundertzeugin und ihre Rollen umfasst rund 200 Werke und gibt umfassende Einblicke in die Kultur- und Theatergeschichte ihrer Lebzeit.

Die in Wien geborene Ottilie Helene Angela Godeffroy wollte seit ihrer Kindheit auf der Bühne stehen und änderte dafür ihren Namen in Anlehnung an den Namen der Großmutter zu Tilla Durieux. Nach einer Schauspielausbildung in ihrer Heimatstadt Wien schaffte es Durieux über Stationen in Olmütz und Breslau 1903 auf die Bühne des Intendanten und Regisseurs Max Reinhardt am Deutschen Theater in Berlin. Mit der Rolle der Salomé in Oscar Wildes gleichnamigen Stück gelang ihr der Durchbruch – und der Mythos Tilla Durieux war geboren. Es folgten Engagements in allen wichtigen Häusern Europas.

Neben Künstlern wie Max Liebermann, Lovis Corinth, Max Slevogt, August Gaul, Ernst Barlach oder Leo von König gehörten im Laufe der Jahre ebenso Kulturschaffende wie die Schauspielerin Tilly Wedekind und Theaterautor Frank Wedekind, der Pianist Leo Kestenberg, die Dichterin Else Lasker-Schüler, der Schriftsteller Heinrich Mann, der Sammler Harry Graf Kessler, der Verleger Samuel Fischer, die Kunstschriftsteller Julius Elias, Julius Meier-Graefe, Max Osborn oder der Kritiker Alfred Kerr zum Bekannten- und Freundeskreis von Tilla Durieux. Viele von ihnen porträtierten sie als eigenständige und emanzipierte Frau, die den Aufgaben, die ihr das Leben stellte, mit Haltung begegnete und hierfür bisweilen unkonventionelle Lösungen fand.

Nach Kriegen, Flucht und Exil schrieb Tilla Durieux aus Anlass ihres 75. Geburtstags für ein Berliner Feuilleton über ihr damaliges Leben zwischen Zagreb und Berlin: »In Wien kam mein Körper zur Welt, an einem Tag, wo mit Kanonen und Glockenschlag der 50. Geburtstag des Kaisers Franz Josef (sic!) gefeiert wurde. Berlin gab mir das geistige Erwachen. Wien schenkte mir die Heiterkeit, Berlin Ausdauer und eisernes Wollen.«

Noch im Jahr dieses Rückblicks kehrte die Schauspielerin nach dem 2. Weltkrieg endgültig nach Berlin zurück. Zu den vielen Rollen, die sie auf der Bühne wie im Leben verkörpert hat, kamen noch einige hinzu: Hoteliere, Kaninchenzüchterin, Widerstandskämpferin, Dramatikerin und Kostümbildnerin eines Puppentheaters. Am 21. Februar 1971 verstarb Tilla Durieux 90-jährig in Berlin und wurde auf dem Friedhof Heerstraße begraben, wo schon Paul Cassirer und auch Georg Kolbe ihre letzte Ruhestätte gefunden hatten. Neben zahlreichen Bühnenauftritten, Dreharbeiten, Gastspielen, Lesungen und Vorträgen bis ins hohe Alter ordnete Durieux ihren Nachlass und bestimmte so selbst über das Bild ihrer bemerkenswerten Persönlichkeit, welcher die Ausstellung im Georg Kolbe Museum nachspürt.