Der Portikus zeigt die erste institutionelle Einzelausstellung von Ximena Garrido-Lecca in Deutschland, die sich aus verschiedenen Perspektiven mit Mais, als eine der wichtigsten Kulturpflanzen in der Weltwirtschaft, beschäftigt.

Während Mais in der präkolumbianischen Mythologie eine zentrale Rolle einnahm und eine wesentliche Nahrungsquelle darstellte, wurde sein Ursprung als in Amerika heimische Pflanze weitgehend unterschlagen. Der Anbau des Getreides, der von den Azteken und Maya als Ursprung der Menschheit angesehen wurde, hat Jahrtausende lang alle Aspekte des Lebens geprägt – von sozialen Strukturen bis zur Zeitmessung. In Ximena Garrido-Leccas Ausstellung Inflorescence im Portikus thematisiert die Künstlerin die vielschichtigen Bedeutungen des Maisanbaus in Bezug auf antike Glaubensvorstellungen, die koloniale Aneignung von Wissen und Ressourcen und die Prozesse der Modernisierung.

Konzipiert im Herbst – der Erntezeit von Mais in Europa – verbindet die Ausstellung traditionelle Techniken des Aufschichtens und Dreschens von Mais in Lateinamerika mit Telekommunikationssystemen, welche die heutigen Felder prägen. Eine Serie von Skulpturen aus Maispflanzen von hessischen Äckern ist mit Antennen und Megaphonen versehen, die Funkstörungen sowie im Morsecode verschlüsselte Maya-Mythen aussenden. Zusammengesetzt aus Maismodulen, Vasen und Steinen, dient eine kreisförmige Dreschfläche als Ort für Versammlungen und regelmäßige Aktivierungen zur Herstellung des traditionellen peruanischen Getränks Chicha de Jora (Maisbier). Von antiken Zivilisationen als Getränk der Götter angesehen, steht Chicha de Jora noch heute als Sinnbild für Gastfreundschaft.

Indem alte Rituale im Zusammenhang mit Mais und der gemeinschaftliche Wert des Sendens hervorgehoben werden, schafft Garrido-Lecca einen Ort, an dem kulturelle Übertragungen und sozialer Austausch stattfinden können. In dem Verständnis, dass ein Ausstellungsort nicht nur Wissen produziert, sondern auch über- und vermittelt, fungiert der Portikus während der Ausstellung als Radiostation. Radio Inflorescence bietet ein zweiwöchiges Programm, das eine Reihe von in Auftrag gegebenen Podcasts, Material aus dem Archiv der Fonoteca Nacional de México und Radiosendungen umfasst, die in Zusammenarbeit mit dem in Frankfurt ansässigen EOS Radio (www.eosradio.de) und Radio X (FM 91,8 MHz) entwickelt wurden.

Inflorescence widmet sich den radikalen Veränderungen in unserer Beziehung zur Natur, verursacht durch industrielle Revolutionen, soziale Paradigmen und die aktuelle Konfiguration des Informationszeitalters. Sowohl die Heuhaufen als auch die Antennen verweisen auf den ländlichen Raum, dessen Vernachlässigung und Verfall durch den Kapitalismus seit vielen Jahren im Mittelpunkt der Arbeit der Künstlerin steht.

Inflorescence wird unterstützt durch das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main und Städelschule Portikus e.V.. Besonderer Dank gilt der Galerie Gisela Capitain, Köln. Weitere Unterstützung erfolgt durch Feuerlord.de.


Eröffnung: 11.11.2022 um 18:00 Uhr

© Grafikdesign: Iván Martínez
12.11.2022 - 12.02.2023

Ximena Garrido-Lecca: Inflorescence

Portikus

Maininsel
60594 Frankfurt am Main