Werke von William Brauhauser, Vera Drebusch & Selma Gültoprak, Clemens Botho Goldbach, Amit Goffer, Dirk Gottfriedt, Erwin Heerich, Paul Isenrath, Stefanie Klingemann, Franz Rudolf Knubel, Gereon Krebber, Norbert Kricke, Ansgar Nierhoff, Christian Odzuck, Jochem Pechau, Martin Pfeifle, Heinz-Günter Prager, Silke Schatz, Fari Shams, Ulrike Möschel, Rainer Junghanns u. a
Das Kunsthaus NRW präsentiert zeitgenössische Kunst nicht nur in den prächtigen barocken Innenräumen, sondern auch im Außenbereich der ehemaligen Reichsabtei. Beim Gang durch die Gärten der Klosteranlage sind gleich mehrere Kunstwerke zu entdecken, denen man im wörtlichen Sinne beim Wachsen zusehen kann.
So haben die Pflanzen im Beet Manheim Calling von Silke Schatz neue Wurzeln ausgetrieben. Es sind gerettete Relikte einer Industrielandschaft, denn sie stammen aus Brachflächen und den aufgegebenen Nutzgärten des verlassenen Tagebaudorfs Manheim. Im Zuge der Erweiterung des Braunkohleabbaugebiets wurden Häuser und Höfe abgerissen, Obst- und Gemüsegärten der alteingesessenen Bauernhöfe gerodet. Seit der Hambacher Forst geschützt wurde, ist die endgültige Abtragung des Dorfes zum Erliegen gekommen. Silke Schatz hat vor Ort begonnen, Spuren zu suchen, um die Geschichte des Dorfes zu beleuchten. Die nach Kornelimünster gebrachten Gewächse erweisen sich vor diesem Hintergrund auch als Zeugnisse einer weit zurückreichenden Kultur: der jahrtausendalten Zusammenarbeit zwischen Mensch und Natur in der Landwirtschaft, die in Manheim vorherrschte.
Auch Fari Shams ortsbezogene Installation Some Little Histories of Gardens and Playing thematisiert den Umgang mit der Natur und lädt Besucher:innen ein, den natürlichen Außenraum nicht nur zu genießen, sondern auch kritisch zu prüfen. Das Werk hinterfragt grundlegend den Zusammenhang von pädagogischen Konzepten und Gartengestaltung. Es präsentiert sich zunächst als eine Art Open Air-Naturkundemuseum – nur sind in den großen Vitrinen nicht Naturpanoramen ausgestellt, sondern Szenen der kulturellen Aneignung von Natur: Vom persischen Paradiesgarten über den gemaßregelten Barockgarten bis zum Schrebergarten. Shams fand heraus, dass Dr. Moritz Schreber die Gärten ursprünglich nicht als reine Nutzgärten konzipierte, sondern auf Wiesen Kindern einen gesunden Freiraum für das Spiel in der Natur bieten wollte. So wurde die Gartenhütte auch von Kindern im freien Spiel errichtet und kein Fertigprodukt aufgestellt. Im Zentrum dieser Installation findet der/die Besucher:in einen niedrigen Tisch für gemeinsame Gespräche und Picknick vor. Drum herum sind runde Plattformen arrangiert, die sowohl an Roman Herzbergers moderne, skulpturale Spielplätze als auch an Spielsteine erinnern. Denn am Ende sind Fari Shams moderne »Mustergärten« doch vor allem eins: eine subversive Aufforderung zum freien Spiel.
Als Treffpunkt für Besucher:innen bietet sich auch die monumentale Skulptur KIOSK (for G.T.) von Christian Odzuck an. Der Entwurf beruht auf der längeren Beschäftigung des Künstlers mit dem Ort, dem historischen Gebäude und der Geschichte des Kunsthauses als Museum moderner Kunst. Entstanden ist eine »Folie«, eine architektonische Phantasie; eine Collage von Kolonnade, Pavillon, Kiosk und romantischem Ruinenprospekt. Hierfür verwendete der Künstler eine Spoliensäule aus dem Abteigebäude: eine gusseiserne Säule des 19. Jahrhunderts. Vortäuschungen und Bedeutungen in der Architektur sind immer wieder Thema in Odzucks Installationen. In diesem Fall spielt er mit der »hohlen« Bedeutung von Säulen in repräsentativer Architektur.
Ein besonderer Gast der diesjährigen Ausgabe des Skulpturengartens ist das Mombasa Shipping Project des Künstlers Rainer Junghanns: ein afrikanisches Boot aus Mangoholz, das am Kunsthaus in Kornelimünster festgemacht hat. Junghanns begreift Kunst als etwas, das in der Verbindung zwischen Orten und Beziehungen, zwischen Menschen in Raum und Zeit entsteht. In diesem Prozess werden Bilder und Geschichten erzeugt, von denen das Objekt erzählt. Der Künstler erwarb das in uralter handwerklicher Tradition von heimischen Fischern und Bootsbauern gefertigte Einbaumboot in Mombasa. Per Container ließ er es nach Hamburg überführen und an verschiedenen Kulturinstitutionen Halt einlegen. Als Process Sculpture schafft das Einbaumboot eine Verbindung nach Afrika, zu einem Strand hinter einem Dschungel, einem Fischer, der mit diesem Boot auf das Meer hinausgefahren ist. Kornelimünster bildet die letzte Station der filmisch dokumentierten Reise, die mit der Rückkehr des Einbaums in sein Herkunftsland enden wird.
Letztes Jahr befasste sich die vom Kunsthaus NRW veranstaltete gartenakademie mit der Frage, wie ein Skulpturengarten »jenseits von Betonplatten und Teppichrasen« nachhaltig gestaltet werden kann. In Folge dieser Gespräche werden künftig weitere Pläne zur naturnahen Entwicklung der Gärten rings um das Kunsthaus umgesetzt, etwa ein Feld zur Aussaat alter Weizensorten oder eine lange Tafel mit nützlichen Küchenpflanzen.
Abteigarten 6
52076 Aachen – Kornelimünster