Mark Bradford bespielt mit seiner ersten Einzelausstellung in Deutschland die wiedereröffneten Rieckhallen im Hamburger Bahnhof: 20 Gemälde, Skulpturen, raumgreifende Installationen und Videos aus zwei Jahrzehnten thematisieren race, Gender und ökonomische Ungleichheit. In den weitläufigen Rieckhallen binden skulpturale Installationen, Klang- und Videoarbeiten die Besucher*innen physisch in den Ausstellungsraum ein. Neben der 2017 für die Venedig Biennale entstandenen Skulptur „Spoiled Foot“ und der multimedialen Rauminstallation „Pinocchio Is On Fire“ (2010/2015) zur Aids-Krise der 1980er-Jahre hat Bradford das begehbare Bodengemälde „Float“ (2019/2024) für die Ausstellung adaptiert. „Keep Walking“ lädt das Publikum ein, sich der Bewegung des eigenen Körpers im Raum bewusst zu werden und sich mit der Widerstandsfähigkeit marginalisierter Gemeinschaften angesichts systemischer Gewalt und Unterdrückung auseinanderzusetzen.
Mark Bradfords (*1961, Los Angeles, Kalifornien) künstlerisches Werk umfasst Malerei, Skulpturen, Installationen und Videos. Er thematisiert gesellschaftspolitische Fragen, oftmals zur Lebensrealität Schwarzer USAmerikaner*innen. Ausganspunkt sind auch persönliche Erfahrungen des Aufwachsens in Los Angeles. Seine abstrakten Kompositionen bestehen aus Fundstücken oder alltäglichen Materialien wie Plakat- oder Zeitungspapier, zum Teil aus seinem Heimatort Los Angeles. Darunter seine Gemälde zu Bahnhöfen in der Zeit der „Großen Migration“ in den Vereinigten Staaten, die auf die historische Funktion des Museumsgebäudes als Bahnhof zwischen Berlin und Hamburg verweisen. So zieht die Ausstellung eine Parallele zwischen den Reisen, die der US-amerikanische Künstler in seinem Werk beschreibt und der Geschichte des Hamburger Bahnhofs. Der ursprüngliche Bahnhof aus dem 19. Jahrhundert ist Symbol für Ankunft und Abreise, für Körper, die sich begegnen und trennen - Themen, die in Bradfords Oeuvre eine große Rolle spielen.
„Mark Bradford. Keep Walking“ im Hamburger Bahnhof zeigt 20 Werke aus zwei Jahrzehnten. Die beiden Gemälde „You Don’t Have to Tell Me Twice” (2023) am Beginn der Ausstellung beziehen sich auf Zugfahrpläne aus der Zeit der „Great Migration“, als Millionen Schwarze USAmerikaner*innen zwischen 1910 und 1970 aus den Südstaaten flüchteten. Die Ausstellung zeigt auch die monumentale von der Decke hängende Skulptur „Spoiled Foot“, die für den US-Pavillon auf der Biennale in Venedig 2017 entstanden ist. Gleich zwei Räume zeigen „Pinocchio Is On Fire“ (2010/2015) zu HIV/Aids und zur Rolle von Medien bei der Entstehung von Stereotypen. Die Installation umfasst einen Tunnel mit Sound, 27 Vinylplatten und das sechsminütige Video „Spiderman“ (2015). Der Tunnel thematisiert die Reaktion der Medien auf einen Vorfall von 1982 um den Schwarzen R&B Sänger Teddy Pendergrass und einer trans* Tänzerin. Die 27 Vinylplatten mit von Bradford gestalteten Covern stehen für 27 Bekannte des Künstlers, die an AIDS starben.
Von 2006-2010 schuf Bradford die ersten Merchant Posters auf Werbeplakaten aus dem Leimert Park in Los Angeles. Die bunten Werbeplakate richten sich ursprünglich an einkommensschwache Bevölkerungsgruppen. Die für die Ausstellung entstandenen, großformatigen Leinwände der Serie „End Paper“ (2024) bestehen aus den gleichnamigen rechteckigen Papiertüchern, die Friseursalons zum Schutz der Haare vor Hitze nutzen und die Bradford aus der Arbeit als Jugendlicher im Salon seiner Mutter kennt. In der Mitte des nächsten Raums liegt eine Skulptur, die den überlebensgroßen Körper des Künstlers darstellt. Der Titel „Death Drop“ (2023) beschreibt eine Tanzbewegung aus der Ballroom-Szene, die in den 1960er-Jahren in Schwarzen und lateinamerikanischen LGBTQ+- Communities in New York entstand. Um den letzten Raum der Ausstellung zu erreichen, laufen die Besuchenden über das Bodengemälde „Float“ (2019/2024) aus Hunderten Streifen Leinwand, Papier und Seilen.
„Niagara“ (2005) wird auf einer schwebenden Leinwand im letzten Raum der Ausstellung gezeigt. Der Titel bezieht sich auf den längsten Spaziergang der Filmgeschichte der US-amerikanischen Schauspielerin Marilyn Monroe im gleichnamigen Film von 1953. In Bradfords Version folgt die Kamera seinem ehemaligen Nachbarn Melvin, der einen Boulevard in Los Angeles entlangläuft. Trotz möglicher Vorurteile oder Ängste beansprucht Melvin sein Recht, sich frei zu bewegen. Das Video regt an, darüber nachzudenken, wie Melvin, ein junger Schwarzer Mann, in dieser Umgebung wahrgenommen wird und fordert auf, über eigene Vorurteile und die Wahrnehmung von Raum in der Stadt und im Museum nachzudenken.
Bradford ist Absolvent des California Institute of the Arts und hatte Einzelausstellungen u.a. im Tate, Whitney Museum of American Art und Los Angeles County Museum of Art. 2017 vertrat er die USA auf der Venedig Biennale. Bradford ist Mitbegründer der gemeinnützigen Organisation „Art + Practice“ in Los Angeles, die Jugendliche in Pflegefamilien unterstützt und den Zugang zu zeitgenössischer Kunst fördert.
Begleitend zur Ausstellung erscheint eine Ausgabe Katalogreihe des Hamburger Bahnhofs, herausgegeben von Silvana Editoriale Milano. Die Ausstellung wird kuratiert von Sam Bardaouil und Till Fellrath, Direktoren Hamburger Bahnhof – Nationalgalerie der Gegenwart.
„Mark Bradford. Keep Walking“ wandert im August 2025 an das Amorepacific Museum of Art (APMA) in Seoul (7.8.2025 – 4.1.2026) und wird ab Februar 2026 im Kunstmuseum Bern (13.2.2026 – 5.7.2026) gezeigt.
Die Ausstellung wird unterstützt von den Hamburger Bahnhof International Companions e.V.
Am Samstag, 7.9., 15:00 Uhr findet ein Künstlergespräch mit Mark Bradford im Rahmen der Reihe „In Conversation. A series funded by Deutsche Bank“ statt. Der Eintritt ist frei, Anmeldung nicht erforderlich.
Öffnungszeiten:
Dienstag - Mittwoch: 10:00 - 18:00 Uhr
Donnerstag: 10:00 - 20:00 Uhr
Freitag: 10:00 - 18:00 Uhr
Samstag - Sonntag: 11:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: smb.museum