Die Kunsthalle Mannheim zeigt mit der Ausstellung „Von der Fläche zum Raum“ die besonderen Charakteristika von Bildhauerzeichnungen. Die eigene Sammlung der Kunsthalle zeichnet sich unter anderem durch ein umfangreiches Konvolut an Zeichnungen und Druckgrafiken von Bildhauerinnen und Bildhauern aus, das analog zur Sammlung der Plastiken und Skulpturen besteht. So veranschaulicht die Ausstellung Gemeinsamkeiten und individuelle Qualitäten verschiedener zeichnerischer und druckgrafischer Verfahren ab 1945.

Bildhauerzeichnungen
Der Begriff der Bildhauerzeichnung selbst ist seit dem 20. Jahrhundert einem stetigen Wandel unterworfen. Bedingt durch die Erweiterung tradierter Gattungen, ebenso wie durch den unterschiedlichen Umgang der Künstler*innen mit dem Medium Zeichnung entstehen hier in der Zweidimensionalität dreidimensionale Wirkungen. So stehen Bildhauerzeichnungen einerseits in einem direkten Zusammenhang zu bildhauerischen Arbeiten, die auf diese Weise vor- oder nachbearbeitet werden. Andererseits lassen sich an den Zeichnungen selbst bildhauerische Fragestellungen ablesen.

„In der Herangehensweise an die künstlerischen Verfahren lassen sich entsprechend einige Gemeinsamkeiten benennen: große Formate, die Farbe Schwarz, die oft den gesamten Bildraum besetzt, aber auch die Einbindung plastischer Körper in den Raum, ihr Bezug zu Boden, deren Materialität und Gewicht. Auch die Fläche wird in spezifisch bildhauerischer Weise bearbeitet: Schichten von Papier werden in raumschaffender Absicht übereinander geklebt und -gesteckt, in das Papier wird hineingedrückt oder -geschnitten.” so Dr. Thomas Köllhofer, Kurator der Ausstellung.

Neue Tendenzen nach 1945
Insbesondere Fragestellungen hinsichtlich des Körperlichen verändern sich in der Bildhauerzeichnung nach 1945 deutlich. Geht etwa Henry Moore noch wie die vorhergehende Generation von der Darstellung plastisch im Raum positionierter menschlicher Körper aus, findet beispielsweise Richard Serra zu Formen, die nicht allein als Abbild oder Dokumentation seiner Stahlarbeiten funktionieren, sondern als Landschaft oder als eine eigenständige Werkform. Wie einige seiner Künstlerkolleg*innen arbeitet Serra bei Radierungen mit besonders tiefen Ätzungen, weil sich so die Haptik von Stahl treffend verbildlichen lässt. Mit seinen Drucken entwickelt der Künstler eine Plastizität, die den Werken eine geradezu körperhafte Wirkung verleiht. So werden Drucke ebenbürtig zur Zeichnung, weil nur durch sie die gewünschte dreidimensionale Wirkung erzeugt werden kann.

Andere Künstler*innen dieser Zeit, wie Fred Sandback, reduzieren den Raum auf ein Spiel nebeneinandergestellter Linien. Durch die Entdeckung neuer Materialien für die Bildhauerrei des 20. Jahrhunderts verändert sich die klassische Form des geschlossenen Körpers. Sandback arbeitete mit Wollfäden, Fabrizio Plessi mit Fernsehbildschirmen und John Cage mit Musik. Solche Erweiterungen des Plastischen spiegeln sich eben auch in den Bildhauerzeichnungen nach 1945 wider.

Gezeigt werden Werke von Edgar Augustin, Franz Bernhard, Reg Butler, John Cage, Lynn Chadwick, Eduardo Chillida, Christo, Arnold D´Altri, Madeleine Dietz, Jean Dubuffet, Helga Föhl, Lucio Fontana, Henry Moore, Alberto Giacometti, Robert Graham, Wilfried Hageböllig, Werner Haypeter, Magdalena Jetelová, Zoltán Kemény, Werner Knaupp, Francois Lafranca, Alfred Lörcher, Christoph M. Loos, Wilhelm Loth, Bernhard Luginbühl, Ben Muthofer, Hans Nagel, Ansgar Nierhoff, Fabrizio Plessi, Werner Pokorny, Heinz-Günther Prager, David Rabinowitch, Ulrich Rückriem, Fred Sandback, Martin Schmidt, Michael Schoenholtz, Richard Serra, Jens Trimpin, Jean Tinguely, Günter Uecker, Hannsjörg Voth, und Andrea Zaumseil.