Eröffnung: 19. Oktober 2023, 18 Uhr
Der Film Los Huesos (2021) von Joaqui?n Cocin?a und Cristo?bal Leo?n erzählt mit klassischen Stop-Motion-Effekten von der Vergangenheit Chiles. Im Film werden eine Puppe und zwei ‚Leichen‘, ein Vertreter der Oligarchie, Diego Portales, und Jaime Guzmán, Gefolgsmann des Diktators Pinochets zum Leben erweckt. Ihre Körper liegen nun in der Hand eines kleinen Mädchens, das ihnen mittels ritueller Beschwörung die autoritäre Ordnung auszutreiben versucht.
Cocin?a und Leo?n greifen dabei auf eine bereits im 19. Jahrhundert bekannte und Anfang des 20. Jahrhunderts immer populärer gewordene Filmtechnik zurück, bei der die Illusion von Bewegung durch die Aneinanderreihung von unbewegten Motiven erzeugt wird, angelehnt an W?adys?aw Starewicz Trickfilmexperimente mit Insekten. Mit seinen klassischen schwarz-weißen Aufnahmen und der groben Körnung knüpft Los Huesos (2021) an diese ersten Stop-Motion-Animationen an. Die Erzählung gibt sich unheimlich und alptraumhaft, wenngleich sie die Zuschauer:innen durch ihre Skurrilität fasziniert. Rollende Köpfe, brennende Knochenberge und beklemmende Beschwörungen prägen den arrangierten Animationsfilm, dessen musikalische Untermalung von dem amerikanischen Geiger und Komponist Tim Fain stammt, der durch die Spielfilm-Soundtracks zu Black Swan, 12 Years a Slave oder Moonlight bekannt wurde. Angesichts des düsteren Charakters des Filmes verwundert es kaum, dass neben Adam Butterfield und Lucas Engel der Horrorfilm-Regisseur Ari Aster zu den Executive Producers gehört, der sich mit Filmen wie Hereditary – Das Vermächtnis (2018) und Midsommar (2019) einen Namen gemacht hat.
Dass Diego Portales Palazuelos (1793-1837) und Jaime Guzmán (1946-1991) dem Ritual unterliegen – entscheidende Protagonisten in der Errichtung des autoritären und oligarchischen Chile –, ist kein Zufall. Während Portales als chilenischer Innenminister praktisch diktatorisch regierte und 1833 die stark zentralistische Verfassung Chiles mitbestimmte, die bis heute in Chile nachwirkt, wurde Guzmán nach dem Militärputsch 1973 enger Berater des Diktators und Generals Augusto Pinochet und einflussreicher Gestalter der neuen politischen Ordnung des südamerikanischen Landes. Mit dem fiktiven Austreiben ihrer politischen Ideale knüpft der Film an die Forderungen der jüngsten Protestbewegung in Chile 2019/2020 an, in der eine neue, demokratische Verfassung gefordert wird.
Über die Künstler /
Joaquín Cociña (*1980 in Conceptión, Chile) studierte Design und Kunst an der Pontificia Universidad Católica de Chile und ist als Autor, Illustrator und Bühnenbilddesigner aktiv. Im Jahr 2007 gründete er zusammen mit Cristóbal León und Niles Atallah in Santiago die Produktionsfirma Diluvio. Seither arbeiten Cociña und León, der ebenfalls an der Universidad Católica studierte, zusammen. Ihre gemeinsamen Kurzfilme Lucía und Luis haben mehrere internationale Preise gewonnen. Im Jahr 2011 produzierten Cociña und León drei weitere Kurzfilme El arca, El templo und Padre. Madre, alle mit Figuren aus Pappmaché. Ihren Horror-Stop-Motion-Animationsfilm La casa lobo stellten sie im Februar 2018 bei den Filmfestspielen Berlin vor.
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