Aus Anlass seines 80. Geburtstags widmet das Hamburger Ernst Barlach Haus dem aus Benin stammenden Installationskünstler Georges Adéagbo eine umfassende Einzelschau.

Seit Jahrzehnten pendelt der 1942 geborene Adéagbo zwischen Cotonou (Benin), Hamburg und Ausstellungsorten auf der ganzen Welt. In den 1990er Jahren wurde die europäische Kunstszene auf ihn aufmerksam, heute zählt er zu den bedeutendsten Künstlern aus Afrika. Er war Teilnehmer der Documenta 11 (2002) und der Biennalen in Dakar (1996), Johannesburg (1997), Sidney (1998), São Paulo (1998), Venedig (1999 und 2009), Lyon (2000) und Shanghai (2016). Zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen in namhaften Institutionen machten ihn in den vergangenen drei Jahrzehnten in Europa, den USA, Afrika, Australien und Japan bekannt; Werke Adéagbos befinden sich in den Sammlungen des Pariser Centre Pompidou und des Kölner Museum Ludwig, in der Bundeskunstsammlung, im Philadelphia Museum of Art, Moderna Museet Stockholm und im Toyota Municipal Museum of Art.

Die Arbeiten von Georges Adéagbo sind raumgreifende, sich über Wände und Böden breitende Assemblagen. In ihnen treffen kunstgewerbliche Gegenstände auf Alltagsobjekte aus verschiedenen Kulturen, Fund- und Flohmarktstücke, Teppiche, Kleidung, Schallplatten, Plakate, Zeitungen, Bücher und selbst verfasste philosophische Texte. Jenseits westlich geprägter Ordnungsmuster und Hierarchien knüpft Adéagbo ein dichtes Beziehungsnetz der Dinge, Bilder und Gedanken. Ihr nicht-lineares, reich verästeltes Miteinander öffnet sich für ein assoziatives Betrachten, das zahllose Zusammenhänge stiften kann.

Dabei sind Adéagbos Arbeiten so persönlich wie politisch. In ihren stets auf den jeweiligen Ausstellungsort bezogenen Arrangements verschränken sie die eigene Geschichte mit gesellschaftspolitischen Themen und Ereignissen von globaler Relevanz. Dem Wissen um weltweite Konflikte setzt Adéagbo eine Utopie universeller Verbundenheit entgegen, die sich in seinem grenzüberschreitenden Leben und Arbeiten spiegelt: Sein interkultureller Transfer ermöglicht die Transformation von Wertigkeit, Bedeutung und Ideen.

In den letzten Jahren hat das Werk des Expressionisten Ernst Barlach (1870–1938) vielfältige Spuren im Schaffen Adéagbos hinterlassen – in Form von Bildbänden, Postkarten oder malerischen und plastischen »Übersetzungen«, mit denen Adéagbo Schildermaler und Kunsthandwerker in Benin beauftragt hat. Aus Anlass seines 80. Geburtstags haben wir Georges Adéagbo eingeladen, diesen Dialog zu vertiefen und die Sammlung des Ernst Barlach Hauses aktiv in seine installative Arbeit einzubeziehen. So sind plastische Hauptwerke Barlachs wie Blinder Bettler, Russisches Liebespaar, Sterndeuter, Moses oder Das Wiedersehen in Adéagbos Parcours eingebunden, außerdem rund dreißig von ihm ausgewählte Zeichnungen. Existenzielle Themen Barlachs wie Krieg und Gewalt, Macht und Ohnmacht, aber auch Nächstenliebe, Achtsamkeit und Spiritualität greift Adéagbo unter dem Motto »In der Schule von Ernest Barlach, dem Bildhauer« auf und verwebt sie mit eigenen Perspektiven, die das Museum auf neue Wege bringen.

Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit Stephan Köhler, Kulturforum Süd-Nord e.V., Hamburg–Cotonou. 

Georges Adéagbo: »La révolution et les révolutions«, 2016, Ausstellungsansicht 11. Shanghai Biennale © Georges Adéagbo / VG Bild-Kunst, Bonn 2022; Foto: Alessandro Wang
30.10.2022 - 19.02.2023

Georges Adéagbo: »À l’école de Ernest Barlach, le sculpteur«. Hommage zum 80. Geburtstag

Ernst Barlach Haus

Baron-Voght-Straße 50a (Jenischpark)
22609 Hamburg