I love CUSTOMERS zeigt neue und jüngste Arbeiten von Jessica Vaughn (*1983 in Chicago, lebt und arbeitet in New York), die auf unterschiedliche Weise von Absenzen und ihren materiellen, verkörperten Existenzen handeln. Vaughns Arbeit, die auf einem materialistischen Ansatz beruht, verhandelt die Beziehungen von Arbeit, Race und Raum und den tiefgreifenden Einfluss von Infrastrukturen auf den arbeitenden Körper. Die Künstlerin entwickelt ihre Arbeiten ausgehend von übriggebliebenen und überschüssigen Materialien aus verschiedenen Arbeitskontexten – etwa Überbleibsel aus der industriellen Produktion oder Möbel, Dokumente und Paraphernalien aus Großraumbüros und Verwaltungsbehörden. Sie schöpfen aus einem negativen und unterschwelligen Moment – aus der gesellschaftlichen Unsichtbarkeit und vermeintlichen Austauschbarkeit bestimmter Formen von Arbeit und der Menschen, die sie ausführen.

Infrastrukturen, die auf vermeintlich indifferenten und demokratischen Organisationsprinzipien basieren (wie Module, Raster, industrielle Serialität und ISO-Standards), die Vaughn oft referenziert in ihrer Arbeit, bilden den Ausgangspunkt, um in die Tiefe ihrer sozialen Verfasstheit zu schauen. Objekte, mit denen wir täglich in körperlichen Kontakt kommen, werden in der Ausstellung als Umgebungen lesbar, die Körper auf bestärkende und wohlwollende oder auf abweisende und feindliche Art und Weise situieren.

Repräsentation ist notwendigerweise instabil und flüchtig in Vaughns Praxis, da die Ready-Mades selber unterschiedliche und widersprüchliche Hoffnungen, Erwartungen und gelebte Realitäten verkörpern – Arbeit ist immer noch ein wichtiger Hoffnungsträger für soziale Aufwärtsmobilität. Der Titel I love CUSTOMERS greift die euphemistische Sprache von Unternehmen auf, die mit der Terminologie von Fürsorge die soziale Diskrepanz zwischen Arbeit und Kapital, Produktion und Konsumption und den Menschen an beiden Enden des Spektrums angeblich überwinden wollen. 

Vaughns neueste Arbeiten befassen sich mit dem überarbeiteten Körper und Erschöpfungszuständen und setzen Industrie, Körper und Institution in ein (ungleiches) Verhältnis. Sie kontrastieren die gegensätzlichen Standards, womit einerseits die Alternativmedizin auf den menschlichen Körper und Fürsorge blickt und andererseits die Ökonomie ihre Gesundheit und ihr Funktionieren bemisst. Gleichzeitig beschreiben sie die Institution als einen Organismus, der sich abwechselnd beherbergend oder abweisend anfühlt. Andere Arbeiten in der Ausstellung verlassen sich auf die non-verbale Präsenz von materiellen Überresten und Ready-Mades.

Die Ausstellung im Kunstverein kommt immer wieder auf den Gedanken der Erschöpfung zurück, um über Handlungs(ohn)macht und soziale Ungleichheit im Kapitalismus nachzudenken, aber auch, um einen vertieften Blick auf die soziale Verfasstheit jener Umgebungen und Objekte zu werfen, die wir täglich berühren, abnutzen, verbrauchen und erschöpfen.

I love CUSTOMERS ist Jessica Vaughns erste institutionelle Einzelausstellung in Europa. Anlässlich der Ausstellung organisiert der Kunstverein im Mai eine Reihe mit Künstler:innen-Talks unter dem Titel What Sculpture Depends On, darunter Beiträge von u. a. Jessica Vaughn und Park McArthur.