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Margaret Raspé, Automatik, 1970

Im Frühjahr 2023 präsentiert das Haus am Waldsee die erste umfassende Retrospektive der Berliner Künstlerin Margaret Raspé (*1933 in Breslau), die über die letzten fünf Jahrzehnte hinweg in der unmittelbaren Umgebung des Hauses am Waldsee ein bedeutendes künstlerisches Werk geschaffen hat, das von einer eigenwilligen künstlerischen Sprache charakterisiert ist, die Leben, Kunst und Arbeit in ihren alltäglichen Bedingungen zusammendenkt.

Die Untersuchung von Wahrnehmungsprozessen ist zentral in Raspés Werk, das sich neben bedeutenden filmischen Arbeiten aus den frühen 1970er Jahren aus Performances, Fotoserien, Soundarbeiten und großformatigen Installationen im Innen- wie Außenraum konstituiert. Mittels ephemerer Herangehensweisen, die gezielt auf ihre Umwelt reagieren werden in den Arbeiten gelebte Realitäten konsequent zum Ausgangspunkt ihrer Kunst gemacht, um so gegebene soziale und gesellschaftliche Strukturen zu analysieren. 

Bereits 1971, bevor diese industriell verfügbar waren, entwickelte Raspé den so genannten „Kamerahelm“: Ein Baustellenhelm ausgestattet mit einer Super-8-Kamera, die genau die Zentralperspektive des Blickes der Künstlerin einnahm und ihr ermöglichte, ihren Alltag zu filmen. Die so entstandenen Filme zeigen die Künstlerin bei automatisierten Alltagsabläufen, unter anderem bei der Hausarbeit. Klinisch genau kann man Raspé beim Schlagen von Sahne zu Butter in Der Sadist schlägt das eindeutig Unschuldige (1971), beim Backen eines Kuchens Backe backe, Kuchen (1972) oder beim Abwasch Alle Tage wieder – let them swing! (1974) beobachten. Sie verleihen den häufig unsichtbaren, alltäglichen Verrichtungen nicht nur Sichtbarkeit, sondern bezeugen gleichzeitig die zumeist unbewussten körperlichen Vorgänge beim Arbeiten. Diese automatisierten Handlungen, die die Künstlerin immer wieder anhand ihres eigenen Körpers nachvollzieht, sind in ihren Transformationen sowohl gewaltsam als auch banal. Das Automatische wird als ein Prozess zwischen dem Bewussten und Unterbewussten, zwischen Kopf- und Handarbeit untersucht; der Körper als programmierbare Mensch-Maschine, oder als Frautomat, in der der Kamerahelm als prothetische Erweiterung des Körpers die Perspektive der Künstlerin universal erfahrbar macht.

Die Ausstellung bringt die frühen Filme mit späteren Werken der Künstlerin zusammen, die sich mit Fragen der Ökologie, Nachhaltigkeit, Wahrnehmungstheorien, Spiritualität und Heilung auseinandersetzen. Ihnen gemeinsam ist die Suche nach dem Erschließen anderer Wahrnehmungsformen und einem Wissen, das sich in den Körpern, Lebewesen und Objekten unserer alltäglichen Umwelt abbildet. Ihr Haus und den daran anschließenden Garten im Rhumeweg in Berlin-Zehlendorf erschloss Raspé schon früh als Ort für einen diskursiven künstlerischen Austausch. So waren Künstler*innen, Theoretiker*innen, Autor*innen und Aktivist*innen, besonders aus dem Umfeld des Wiener Aktionismus und der Wiener Gruppe sowie aus der Berliner Fluxus-Szene eng mit dem Haus verbunden und kamen regelmäßig für von Raspé gestaltete künstlerische und soziale Formate zusammen.

Margaret Raspé studierte zwischen 1954 und 1957 Malerei und Mode an der Kunstakademie München und an der Hochschule für Bildende Künste, Berlin. In den frühen 1970er Jahren entwickelte sie den Kamerahelm und begann mit der Produktion der Kamerahelmfilme. 1978 schloss der subjektiv-ethnographische Film über das Ritual der griechischen Anastenaria (Feuerläufer) an. Raspés experimentelle Arbeiten wurden in Deutschland bislang nur fragmentarisch institutionell rezipiert, ihre Filme fanden jedoch schon früh internationale Aufmerksamkeit und wurden u.a. in den Anthology Film Archives, New York und der Hayward Gallery, London gezeigt. Ihre filmischen Arbeiten befinden sich in den Sammlungen der London Filmmakers‘ Coop und in der Deutschen Kinemathek, Berlin.


Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 11:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen

Weitere Informationen direkt unter: hausamwaldsee.de