Das Museum Folkwang präsentiert mit Deffarge & Troeller. Keine Bilder zum Träumen erstmals die Stern-Reportagen und Dokumentarfilme von Marie-Claude Deffarge (1924–1984) und Gordian Troeller (1917–2003) in einer großen Museumsausstellung. Seit den 1950er Jahren berichteten die Journalist:innen aus mehr als 55 Ländern über Unruhen, Kriege und soziale Missstände. Der Nachlass wird anlässlich des 100. Geburtstages von Marie-Claude Deffarge erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.

Keine Bilder zum Träumen vereint über 300 Werke, darunter Fotografien, Dokumentarfilme, persönliche Dokumente sowie Schriftstücke und bietet einen umfassenden Einblick in die über ein halbes Jahrhundert andauernde Berichterstattung von Deffarge und Troeller. Seit den 1950er Jahren dokumentieren die Reportage-Journalist:innen soziale Nöte, Kriege und politische Konflikte in aller Welt – von Japan über den Jemen bis hin zu Peru. Die Ausstellung präsentiert nicht nur fotografische und filmische Reportagen, sondern richtet den Blick auch auf kapitalismuskritische und feministische Denkmuster, Arbeitsweisen und Arbeitsteilung sowie auf wichtige Mitwirkende. In einer Zeit, in der objektive Berichterstattung im Vordergrund stand, verfolgen Deffarge und Troeller einen bisweilen subjektiven, scharfsinnigen und oft kontroversen Dokumentationsstil.

Anfangs konzentrieren Deffarge und Troeller sich auf Westasien. Sie veröffentlichen Zeitungsberichte und ein erstes Buchprojekt: Persien ohne Maske. 1959–1969 berichten sie für den Stern über Unruhen oder Kriege, doch besonders erfolgreich über Die Frauen der Welt. Ab Mitte der 1960er Jahre produziert das Team parallel zu den Stern-Reportagen erste Dokumentarfilme. Ihre Filme machen sie ab 1973 vor allem durch die Zusammenarbeit mit Radio Bremen im deutschsprachigen Raum bekannt. Die Filmreihen Im Namen des Fortschritts, Frauen der Welt und Kinder der Welt laufen bis 1999 zur Hauptsendezeit und erreichen ein großes Publikum. Die Filme thematisieren unter anderem die verheerenden Folgen der europäischen Kolonialherrschaft und die patriarchalen Strukturen, die weltweit für Unterdrückung und Ausbeutung verantwortlich sind. Die Foto- und Filmreportagen stellen eine wichtige Quelle an Informationen dar, um die Wurzeln und Ursaschen der globalen Folgen von Klimawandel, Umweltzerstörung, Wirtschaftskrisen, Migrationsströmen und politischer Einflussnahme in unserer heutigen Zeit zu verstehen.

Das Museum Folkwang widmet im Jahr des 100. Geburtstags von Marie-Claude Deffarge dem Werk des Journalist:innen-Teams eine erste umfassende museale Retrospektive. Diese basiert auf dem fotografischen Nachlass von Deffarge und Troeller, der 2017 an das Museum Folkwang und in die Filmbestände am Centre national de l’audiovisuel (CNA) in Luxemburg überging. Die Ausstellung beleuchtet nicht nur die Reportagen und Filme, sondern auch die Arbeitsmethoden und die Teamstrukturen, die maßgeblich zum Erfolg der beiden beitrugen. Eine besondere Rolle spielt dabei Ingrid Becker-Ross, die als Tonfrau viele Reisen begleitete und nun auch an der Ausstellung und dem zugehörigen Katalog beteiligt ist. Ergänzend bietet die Ausstellung Perspektiven von Menschen aus den Ländern, über die berichtet wurde. So haben etwa Raika Khorshidian und Heidar Zahedi das umfangreiche Material über den Iran bearbeitet und ihre Sichtweisen in zwei Filmdokumentationen zusammengefasst.

Es erscheint ein 296seitiger Ausstellungskatalog im Verlag Scheidegger & Spiess (Preis 48 €).

Die Ausstellung ist eine Kooperation des Museum Folkwang und des CNA, Luxemburg. Sie wird gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und das Gouvernement Du Grand-Duché de Luxembourg, Ministère de la Culture.