In der Ausstellung zeigt das Picasso-Museum im Herbst Meisterwerke der deutschen Druckgrafik von Künstlerinnen und Künstlern wie Erich Heckel, Karl Schmidt-Rottluff, Ernst Barlach, Otto Dix, Käthe Kollwitz, Jeanne Mammen, Gerhard Marcks, HAP Grieshaber und Horst Janssen. Die Leihgaben stammen aus der in Hannover beheimateten Sammlung Ernst-Joachim Sorst, dem Käthe Kollwitz Museum Köln, dem Horst-Janssen-Museum Oldenburg sowie dem Ernst Barlach Haus Hamburg.

Ausgestellt sind über 70 Exponate, darunter Holzschnitte, Radierungen, Lithografien und Skulpturen. Die Schau versucht anhand der expressiven Avantgarden des 20. Jahrhunderts von den Brücke-Künstlern, über die Vertreter der Neuen Sachlichkeit bis in die Nachkriegsmoderne hinein, eine deutsche Kunst- und Mentalitätsgeschichte der existentiellen Gefährdung, der Trauer, Angst und Hoffnungslosigkeit zu erzählen, die nicht zuletzt in Anbetracht derzeitiger weltpolitischer Entwicklungen in unsere Gegenwart hineinwirkt.

Mystische, ekstatische und visionäre Erfahrungen, die von der Nachtseite der menschlichen Seele künden, bilden weitere Themen der Ausstellung. „Der Titel der Ausstellung „Boten der Nacht“ ist einer Zeile des Gottfried Benn-Gedichts „Sieh die Sterne, die Fänge“ aus dem Jahr 1927 entlehnt und beschreibt in der von Benn im Kontext des Gedichtes intendierten Vielstimmigkeit zwischen Unheilsverkünder, Erlöser, Komplize, Weggefährte und Medium die Heterogenität der in der Ausstellung vertretenen künstlerischen Positionen,“ erläutert Kurator Alexander Gaude.  

Den Auftakt des Ausstellungsparcours bilden die expressionistischen Holzschnitte der beiden Brücke-Künstler Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff, die im direkten Umfeld des 1. Weltkriegs oder in der Nachwirkung dessen entstanden sind. Auch Käthe Kollwitz, deren jüngster Sohn Peter im Alter von 18 Jahren 1914 bei der Ersten Flandernschlacht fiel, setzte sich intensiv mit den Kriegsschrecken auseinander. In ihrem Holzschnitt „Die Freiwilligen“ aus der 1921-1922 entstandenen Folge „Der Krieg“ stellt die Künstlerin in der Tradition mittelalterlicher Totentänze den Tod symbolisch als Heerführer einer Gruppe von jungen Männern dar, deren Gemütszustände zwischen Trance, Todesfurcht und ekstatischer Begeisterung changieren.

In seinen zu Beginn der 1970er-Jahre entstandenen Radierfolgen „Totentanz“ und „Hanno’s Tod“ setzte sich Horst Janssen intensiv mit der eigenen Sterblichkeit auseinander. Ausgehend vom Tode Hanno Buddenbrooks, dem jüngsten Spross der von Thomas Mann in seinem Jahrhundertroman beschriebenen Lübecker Kaufmannsfamilie, erkundet Janssen in expressiven, teilweise die eigene Physiognomie völlig entstellenden Selbstporträts seine psychische Verfasstheit.

Der Ausstellungsparcours endet mit den in den 1960er-Jahren entstandenen farbenprächtigen Holzschnittfolgen des politisch engagierten HAP Grieshaber, in denen der Künstler mittelalterliche Totentänze ins Atomzeitalter transponiert.