Die multimediale, mit Hör- und Taststationen ausgestattete, Präsentation »Ernst Ludwig Kirchner: Stationen seines Lebens. Wege seiner Kunst« dokumentiert die wichtigsten Schaffensphasen, Schlüsselwerke und Stationen – Aschaffenburg, Dresden, Berlin, Fehmarn, Davos – eines außergewöhnlichen Künstlerlebens. Sie zeigt Bezüge zwischen Biografie und Zeitgeschichte auf und ermöglicht zugleich das Erlebnis vor dem Original.

Im Fokus der Ausstellung stehen zwei Ölgemälde des Expressionisten aus dem Jahr 1918, »Stafelalp im Nebel« und »Baumgrenze«, sowie ausgewählte Zeichnungen aus dem Skizzenbuch Nr.146, auch »Aschaffenburger Skizzenbuch« genannt, aus der Sammlung der Museen der Stadt Aschaffenburg. Erstmals im Geburtshaus Kirchners präsentiert, stehen sie vor allem für das in Davos geschaffene Spätwerk des Künstlers.

Ernst Ludwig Kirchner, geboren 1880 in Aschaffenburg, zählt zu den wichtigsten bildenden Künstlern des Expressionismus. Im Jahr 1917 siedelte der physisch und psychisch schwer erkrankte Kirchner vorübergehend, ab 1918 vollständig, in die Schweiz nach Davos
über und blieb dort bis zu seinem Tode im Jahr 1938. Das Erlebnis der imposanten Schweizer Bergwelt veränderte und prägte seine Kunst. Zunächst hielt er alpine Landschaften, die Berge, Tiere und Bauern noch im expressionistischen Stil fest. Ab 1926/27 distanziert sich der »neue Kirchner« vom Stil der Brücke und sucht »eine künstlerische Verbindung von Naturbeobachtung und Phantasiebild« zu erreichen.

»Kunst ist doch stete Verwandlung, und das Altwerden in gewohntem Schema ist Handwerk, nicht Kunst.« Ernst Ludwig Kirchner, 1927

Kirchners »Neuer Stil« – wie er ihn selbst nannte – zeichnet sich durch zunehmende Abstrahierung aus. Figuren und Gegenstände werden auf ein sparsames klares Liniengefüge reduziert, das die Bildfläche gliedert. Hier ist der Einfluss Picassos erkennbar.

Den Anspruch auf die Erneuerung seiner Kunst gab Kirchner bis zu seinem Lebensende nicht auf. So kehren 1937/38 wieder eine stärkere Naturbezogenheit, Ruhe und Ordnung im Bildaufbau und eine Abkehr von abstrahierender Darstellung ein.1937 wurde sein Werk durch die Nationalsozialisten als »entartet« gebrandmarkt. Über 600 dieser Werke wurden daraufhin verkauft oder zerstört. Ein Jahr darauf nahm sich Kirchner das Leben.

180 Skizzenbücher aus allen Schaffensphasen des Künstlers haben sich erhalten. Das im Jahr 1979 von den Museen der Stadt erworbene Skizzenbuch besteht aus 137 Blättern. Es umfasst die gesamte Spätzeit von 1927 bis zu seinem Todesjahr 1938 und unterscheidet sich von den anderen Skizzenbüchern Kirchners auch durch sein größeres Format. Entstanden in der »Ekstase des ersten Sehens« besaßen viele der Skizzen eine essentielle Bedeutung für die Vorbereitung zentraler Bildprojekte. Sie veranschaulichen die Entwicklung einzelner Motive und ermöglichen wichtige Einblicke in die Arbeitsweise.

Weitere Werke repräsentieren die verschiedenen Lebens- und Werkphasen Kirchners, darunter graphische Arbeiten des Künstlers aus städtischen und privaten Sammlungen sowie aus dem Bestand des Kirchnerhaus Museums: Ein Highlight ist die, durch den Kirchnerhaus Verein erst kürzlich erworbene, Tuschfederzeichnung »Nackte und angezogene Frau (Gerda und Erna)« von 1915.

Alle Werke stehen im Dialog zueinander und veranschaulichen die künstlerische Entwicklung dieses Ausnahmekünstlers.


Öffentliche Führungen:
Sonntags, 26.03./30.04./28.05./25.06.2023, jeweils um 14:30 Uhr

Familien-/Kinderführung:
Samstag, 06.05.2023, um 15:00 Uhr