die Jahre um 1980 wurden in Deutschland von tiefgreifenden gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Veränderungen begleitet. Das Land war geteilt, die Bundesrepublik Deutschland (BRD) im Westen und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Osten standen sich im Kalten Krieg trotz zahlreicher Annäherungsversuche argwöhnisch gegenüber.
Im Westen Deutschlands übten technologische und mediale Neuerungen großen Einfluss auf das Alltagsleben aus: Der erste Macintosh-Computer von Apple und das erste Mobiltelefon von Motorola kamen auf den Markt. Die Jugend hörte die Musik der Neuen Deutschen Welle, spielte Pac-Man oder versuchte sich am Rubic‘s Cube. Punks prägten zunehmend die Zentren der Städte, während Serien wie „Dallas“ und „Der Denver-Clan“ bzw. ein neues Format wie „Wetten, dass..?” Millionen vor die Fernsehgeräte lockten. Dieser Pop- und Spaßkultur stand eine allgemeine Untergangs-stimmung gegenüber, hervorgerufen durch das globale Wettrüsten, die immer sichtbarer werdende Umweltzerstörung und eine steigende Arbeitslosigkeit. In Bonn demonstrierten 1982 mehr als 500.000 Menschen gegen den NATO-Doppelbeschluss, der die Stationierung von Mittelstreckenraketen in Westeuropa vorsah, und formierten sich zu Menschenketten für den Frieden. Die Grünen gründeten sich 1980 als neue Partei und Joschka Fischer wurde 1985 in Turnschuhen hessischer Umweltminister.
Die DDR litt seit den ausgehenden 1970er Jahren zunehmend unter wirtschaftlichen Herausforderungen. Versorgungslücken und eine mangelnde Vielfalt an Konsumgütern bestimmten den Alltag vieler Bürger. Die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann im Jahr 1976 löste eine Welle der Empörung und Solidarität unter DDR-Intellektuellen und Künstlern aus und führte zu einer weiteren Verstärkung der inneren Opposition, die vom Staat mit intensivierten Überwachungs- und Repressionsmaßnahmen bekämpft wurde.Inspiriert von den Friedensbewegungen im Westen, formierten sich auch in der DDR Bürgergruppen, die gegen das Wettrüsten demonstrierten. Diese Bewegungen wurden von der Kirche unterstützt und boten eine Plattform für oppositionelle Gedanken und Diskussionen. In den frühen 1980er Jahren entwickelten sich auch im Osten Subkulturen wie die Punk- und Gruftie-Szene, die jungen Menschen eine Flucht aus der staatlichen Normierung ermöglichten und deren Ablehnung gegenüber dem politischen System zum Ausdruck brachten.
Vierzig Jahre später erscheint diese Zeit im wiedervereinten Deutschland wie ein fernes Land, aber viele Entwicklungen, die um 1980 ihren Ursprung hatten, reichen bis in unsere Gegenwart. Die Ausstellung „Deutschland um 1980. Fotografien aus einem fernen Land“, die das Altonaer Museum gemeinsam mit der Stiftung F.C. Gundlach präsentiert, zeigt mit Arbeiten von Angela Neuke, Barbara Klemm, Christian und Helga von Alvensleben, Martin Langer, Ingolf Thiel, Asmus Henkel, Mahmoud Dabdoub, Gerd Danigel, Hans-Martin Küsters und Wilfried Bauer zehn unterschiedliche und prägnante Perspektiven auf die Jahre zwischen 1975 und 1985. Höchst individuell blicken die Fotografinnen und Fotografen auf die damaligen Entwicklungen in beiden Teilen Deutschlands: als freie Akteure, als Reportage-Fotografen im Auftrag von Zeitungen und Magazinen oder als Fotokünstler. Anhand ihrer vielfältigen Motive wirft die Ausstellung zum einen Schlaglichter auf politische und gesellschaftliche Ereignisse dieser Zeit und blickt zum anderen auf die Musik, die Mode und das Design der Jahre um 1980 zurück.
Die Ausstellung wurde ursprünglich vom LVR-LandesMuseum Bonn zusammen mit der Deutschen Fotothek Dresden und der Stiftung F.C. Gundlach Hamburg konzipiert und wird im Altonaer Museum durch drei Hamburger Positionen ergänzt. Neben den Portraits der Hamburger Hells Angels von Christian von Alvensleben aus dem Jahr 1976, mit denen sich die Ausstellung der Problematik von organisiertem Verbrechen und Prostitution auf St. Pauli nähert, werden zum Thema „Häuserkampf“ Arbeiten des in Hamburg tätigen Fotografen Wilfried Bauer gezeigt, auf denen die eskalierende Situation bei Hausbesetzungen in deutschen Großstädten beleuchtet wird. Die Fotos von Asmus Henkel dokumentieren die bereits Anfang der 1980er Jahre beginnenden Strukturwandel des früheren Industrie- und Arbeiterstadtteils Ottensen.
Zusätzlich zu den fotografischen Positionen werden Themen der Zeit anhand von Film, Ton und anderen Objekten präsentiert. Nach einem Auftakt mit Fernsehbildern um 1980 folgen unter anderem Strickkleider der Berliner Modemacherin Claudia Skoda, Lyrik der Dichterin und Aktivistin Semra Ertan und Möbelentwürfe des „Neuen Deutschen Designs“. Am Ende der Ausstellung sind alle Besuchenden eingeladen, ihren Körper mit Aerobic und Popgymnastik in Schwung zu bringen.
Museumstraße 23
22765 Hamburg