Rebecco Ann Tess (geb. 1980 in Annweiler am Trifels, lebt und arbeitet in Berlin) setzt sich mit Ausbeutungs- und Herrschaftsstrukturen in den Städten, in der Natur und dem menschlichen Körper in globalen Zusammenhängen auseinander. 

In Heilbronn wird Tess die bereits 2012 begonnene fotografische Serie »Alpha++ Models« präsentieren und zugleich fortführen. Ausgangspunkt sind Global Cities wie Dubai, Hongkong, London, New York, Seoul, Shanghai oder Singapur.

Die Bilder nehmen dabei die Ästhetik der ökonomischen Zentren auf. Die Perspektive und der Maßstab wechseln schnell, von Luftaufnahmen der Innenstadt Dubais über akribisch gebaute Modelle futuristischer Planstädte im Informationszentrum der Smart City Songdo bis hin zu zweidimensionalen Versprechungen noch nicht realisierter Luxuswohnungen auf gigantischen Plakatwänden in Hongkong. Die goldverspiegelten Glas- und Metallfassaden teilen sich den urbanen Raum mit verschiedenen Formen der Natur, die sich in geometrische Strukturen einfügt, mal als grüne Wand oder als akkurat gestutzte Hecke. An den Rändern der geplanten Städte mündet bisweilen ein fein gesäumter Weg plötzlich im Gestrüpp. Oder die unbeschrifteten Straßenschilder der Smart City weisen als leere Platzhalter in die unbekannte Zukunft. Hier und da tauchen Fragmente menschlicher Körper auf, die in der Kulisse zwischen sich wiederholenden Wohn- und Bürohochhäusern deplatziert wirken. Die städtischen Aufnahmen sind gerahmt von Yachthäfen und schnellen Motoryachten, die unter verschiedenen Flaggen fahren, oft unter denen von Steueroasen. Die engen Grenzen der Nationalstaaten scheinen plötzlich aufgeweicht. Die Boote als Fahrzeuge des Meeres werden hier zu symbolischen Verbindungen der geografisch weit entfernten Orte. Das Meer ist Bindeglied verschiedener Orte der Welt und das nicht nur durch einen scheinbar unaufhaltsamen Kapitalismus. Fortgeführt wird »Alpha++ Models« seit 2024 u. a. von der Serie »Expanding Landscape«. Hier konzentriert sich die Künstler*in auf die Beobachtung von Landschaften und Infrastrukturen, untersucht die grundlegenden menschlichen Bedürfnisse nach Wasser, Nahrung, Energie, Transport und Erholung und beschäftigt sich mit deren Auswirkungen. Dabei wird auch thematisiert, ob und wie sich die Menschheit mehr und mehr auf eine posthumane virtuelle Identität verlagert, und wie sich die extensive Nutzung physischer Ressourcen beschleunigt und ihre verheerenden Auswirkungen auf weite Gebiete verdeutlicht.

Rebecco Ann Tess findet dabei in den Arbeiten einen faszinierenden und für die künstlerische Thematik äußerst schlüssigen Grad zwischen anziehender Bildästhetik und kühler Distanz.