Wie wird man zur Künstlerin, zum Künstler? Zählen Begabung, Vorbilder, Anleitung, Praxis, der Besuch einer angesagten Kunstakademie? Was hat sich verändert, seit Professor Joseph Beuys in den 1960er Jahren die Düsseldorfer Kunstakademie aufmischte und 1972 unter Protest seiner Studierenden entlassen wurde?

Fest steht: Über das Lehren und das Lernen von Kunst wurde und wird bis heute viel diskutiert. Kunsthochschulen sind besondere Orte, die die Entwicklung von künstlerischer Praxis ermöglichen, Orte, an denen Kunst entsteht. Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Studierenden ist ein ganz besonderes, oft ein sehr persönliches. Seit einigen Jahren wird das traditionelle Meister-Schüler-Verhältnis in Frage gestellt und Kunstakademien praktizieren zunehmend andere Modelle. Voneinander lernen, Kollaboration, Gleichberechtigung, Diversität, konkurrierende Auffassungen von Demokratie, Meinungs- und Kunstfreiheit – was gesellschaftlich diskutiert wird, spiegelt sich auch in den Kunsthochschulen. Umgekehrt sind sie selber Impulsgeber und können Orte sein, an denen neue, zukunftsweisende Praxen erprobt werden.

Die Ausstellung Klassenverhältnisse. Lehrende, Lernende, Künstler:innen untersucht die Beziehung zwischen Lehrenden und Studierenden der hiesigen Kunsthochschulen anhand von Werken aus der eigenen Sammlung sowie ausgewählter Leihgaben. Sie erstreckt sich über sämtliche Ausstellungsräume bis in den Garten. In der heute über 5.000 Werke umfassenden Sammlung des Kunsthaus NRW sind einerseits viele Lehrende vertreten, wie Ewald Mataré, Otto Pankok, Joseph Beuys, Julia Scher, Marcel Odenbach, Sabrina Fritsch und Gereon Krebber, ebenso Studierende ihrer Klassen. Zum anderen ermöglichen die seit 1948 kontinuierlich getätigten Förderankäufe des Landes seltene Einblicke in die Frühwerke namhafter Künstler:innen und die Entwicklung von Werkansätzen zu Beginn einer Künstlerlaufbahn.

Im ersten Kapitel rekonstruiert die Ausstellung Genealogien von Lehrenden, die einmal Studierende von Lehrenden waren, die ihrerseits Lehrer hatten. Günther Uecker studierte bei Otto Pankok und unterrichtete seinerseits Horst Lerche. Die berühmte Klasse des Mataré- Schülers Joseph Beuys ist ebenso vertreten wie Bernd und Hilla Becher und die Klasse einer der ersten weiblichen Professorinnen, Irmin Kamp – bei Kamp wiederum studierten Bogomir Ecker und Maik Löbbert. Neben der Kunstakademie Düsseldorf behandelt die Ausstellung die traditionsreiche Folkwang Hochschule, die Kunstakademie Münster und die ehemaligen Kölner Werkschulen/Kölner Fachhochschule als Vorgänger der heutigen Kunsthochschule für Medien.

Das zweite Kapitel der Ausstellung fächert aktuelle Themen auf, die an den heutigen Hochschulen verhandelt werden – Kunsthandel, Globalisierung, Gender, Kollektive und Karrieren, Sehnsüchte und Orte der Sehnsucht. Hier sind u.a. Arbeiten vom anonymen Kollektiv Studio for Propositional Cinema, von Phung-Tien Phan oder Jan Hoeft zu sehen.

Ergänzend befragen Veranstaltungen und Kooperationen, u.a. mit dem AUDIOARCHIV KUNST, dem Verlag strzelecki books sowie mit Lehrenden und Studierenden, den »Kosmos Kunsthochschule« als Lehranstalt, Karrieresprungbrett und Sozialraum. //

MIT WERKEN VON: Bernd und Hilla Becher, Sibylle Berke, Joseph Beuys, Bogomir Ecker, Ulrich Erben, Ayşe Erkmen, Bruno Goller, Katharina Grosse, Erika Hock, Jan Hoeft, Konrad Klapheck, Jürgen Klauke, Norbert Kricke, Mischa Kuball, Horst Lerche, Rosilene Luduvico, Mira Mann, Ewald Mataré, Georg Meistermann, Simone Nieweg, Detlef Orlopp, Sigmar Polke, Studio for Propositional Cinema, Timm Rautert, Albert Renger- Patzsch, Gerhard Richter, Klaus Rinke, Ulrike Rosenbach, Beatrix Sassen, Julia Scher, Corinna Schnitt, Katharina Sieverding, Jörn Stoya, Thomas Struth, Britta Thie, Otto Pankok, Phung-Tien Phan, Rosemarie Trockel, Günther Uecker, Stefan Wewerka, Alex Wissel, Johannes Wohnseifer u.a.

Die Ausstellung ist der erste Teil einer Folge von zwei Ausstellungen. Im zweiten Akt wird 2026 der Schwerpunkt auf der internationalen Vernetzung und der Vernetzung mit anderen Hochschulen in Deutschland liegen.

Kunsthaus NRW Kornelimünster
11.05. - 21.09.2025

Klassenverhältnisse. Lehrende, Lernende, Künstler:innen

Kunsthaus NRW

Abteigarten 6
52076 Aachen – Kornelimünster