Mit „Transzendenz“ setzt das Museum Kronberger Malerkolonie seine Reihe zeitgenössischer Kunst aus Köln und Düsseldorf fort. Die Ausstellung zeigt abstrakte und figürliche Positionen von Kai Hackemann, Kim Reuter, Monika Lioba Lang und Hans Christian Rüngeler und knüpft zugleich an die traditionsreiche Verbindung der Kronberger Künstlerkolonie zur Düsseldorfer Malerschule an. Ab den 1830er Jahren bis ins späte 19. Jahrhundert galt Düsseldorf als eines der führenden Zentren für Landschaftsmalerei in Deutschland. Zahlreiche Frankfurter/Kronberger Künstler, darunter Jakob Fürchtegott Dielmann und Philipp Franck, hatten in Düsseldorf studiert. Das Studium in der freien Natur bildete die Grundlage für die Landschaftsmaler, die im Freien ihr Auge schulten und das Erlebte in Skizzen festhalten sollten, um es dann im Atelier ins Bild umzusetzen.
Wenngleich sich der Zugang der Künstler zu dem sie umgebenden Lebensraum seither stark gewandelt hat, zählt die Hinwendung zur Natur und Landschaft bis heute zu den fundamentalen Pfeilern der Kunst, die in der Malerei die uns umgebende Welt immer wieder neu erfindet. Dabei wechseln die bildlichen Strategien zwischen einer subjektiven Darstellung der vor Augen stehenden Landschaft und einem eher objektivierenden visuellen Angebot an den Betrachter. Die hier gezeigten Landschaften, Raumfantasien und Installationen sind jeweils Spiegel innerer Gefühlslagen vor dem Hintergrund einer gleichzeitigen Autonomisierung des Subjekts. 

Die 1971 in Thurrock/Essex geborene Kim Reuter hat von 1993 bis 1999 an der Kunstakademie Düsseldorf studiert und ist Meisterschülerin von Alfonso Hüppi. Aktuell lebt sie mit ihrer Familie in der Eifel und hat ein zweites Atelier in dem nahegelegenen Köln. „Der Mensch braucht so etwas wie Heimat, Landeplätze - frei von Schmalz und Nostalgie -, um bodenständig und zugleich universell sein zu können.“ Folglich wechseln sich in ihren Arbeiten Motive der tiefen Mischwälder und vulkanischen Hügellandschaft der Eifel mit urbanen Szenen aus der belebten Großstadt ab. Hinzu gesellen sich Porträts und Darstellungen aus ihrem familiären Umfeld, welches ihr Werk durchzieht und ihr die Möglichkeit zur notwendigen Selbstreflexion und Freiheit bietet. Die Landschaften von Kim Reuter sind geprägt vom virtuosen Spiel mit dem Licht in all seinen Facetten. Hierfür wählt sie häufig große Formate und suggeriert dem Betrachter das Gefühl, mitten im Bild zu stehen.

Der 1958 in Bad Homburg geborene Kai Hackemann hat von 1978 bis 1986 Kunsterziehung und -geschichte an der Universität in Mainz studiert, bevor er 1986 in eine Klasse für Freie Malerei an die Akademie in Düsseldorf wechselte und dort Meisterschüler von Prof. R. Crummenauer wurde. Hackemann, der in Kronberg seine Kindheit und Jugend verbracht hat, lebt in Düsseldorf und in Neroth/Eifel. In seinen neuesten Arbeiten löst sich Hackemann fast gänzlich vom Gegenstand und widmet sich im großen Format raumgreifenden, abstrakten Farbkompositionen. „Für meine Arbeit ist es entscheidend, dem Bild Autonomie bei seiner Entstehung zuzubilligen. Ein solches Vorgehen führt zu ungeahnten, weil ungeplanten und daher überraschenden Lösungen. Meine Rolle als Künstler ist die eines Mediators, der Farben und Formen ordnet und wie ein guter Freund das Kunstwerk auf seinem Weg in die Welt begleitet, in der es seine eigene Wirkungsgeschichte haben soll“, fasst Hackemann seine neue künstlerische Vorgehensweise zusammen. 

Der 1957 in Paderborn geborene Hans Christian Rüngeler hat von 1980 bis 1987 Freie Kunst an der Universität in Düsseldorf studiert. Zuvor absolvierte er ein kunstpädagogisches Studium in Mainz, wo er auch Kai Hackemann kennengelernt hatte. Auch er ist Meisterschüler von Prof. R. Crummenauer. Rüngelers Landschaftsbilder entstehen gleichermaßen aus einer intensiven Naturbeobachtung wie aus einem analytischen Bildverständnis. Sie ergeben sich aus dem Ausgleich zwischen Erlebnis und Reflektion. So wird das die Landschaften erfüllende Licht zum kompositorischen Baustoff, zur dramaturgischen Leitidee, deren Regie sich die Dinge zwischen Himmel und Erde unterordnen. Seine Bilder erheben keinen Anspruch auf topografische Genauigkeit oder impressionistisches Abbilden, sondern sind „ideale“ Landschaften, in denen weitere Bedeutungsebenen entdeckt werden können. 

Die Ausstellung runden zwei Installationen der 1974 in Bottrop geborenen Monika Lioba Lang ab. Lang studierte von 1997 bis 2002 an der Kunstakademie Münster und war zuletzt Meister-schülerin von Katharina Fritsch. Lang greift in ihren Installationen auf bekannte Märchen und Mythen zurück und setzt diese in neue, mitunter irritierende Zusammenhänge. Bei „Spieglein, Spieglein …“ spielt sie auf Grimms Märchen „Schneewittchen“ an. Das Spiegelmotiv dient seit jeher zur Hinterfragung des eigenen Ichs und weist auch bei Lang über seine ursprüngliche Bedeutung hinaus. Doch anstelle des zu erwartenden Spiegelbildes des Betrachters zeigt der Spiegel hier ein gesticktes Mädchenporträt, das an Vermeers Mädchen mit dem Perlohrring erinnert, und lässt so das altdeutsche Märchen mit kunsthistorischen Bezügen verschmelzen. Mit einem Augenzwinkern transferiert Lang die Geschichte ins Hier und Jetzt und setzt mit ihrer Installation einen verblüffenden Kontrapunkt zu unserer mitunter narzisstischen Selfiekultur. Rückseitig ergießen sich lange bunte Kunststoffbänder zu einem angedeuteten Haarschweif und lassen die Grenzen zwischen klassischem Porträt, Plastik und Installation verschwimmen. 


Öffnungszeiten:
Mittwoch: 15:00 - 18:00 Uhr
Samstag: 12:00 - 18:00 Uhr
Sonntag (Feiertage): 11:00 - 18:00 Uhr

Am 29. März (Karfreitag), 1. April 2024 (Ostermontag) und 1. Mai 2024 bleibt das Museum geschlossen.

Weitere Informationen direkt unter: kronberger-malerkolonie.com

Kim Reuter, Fahrradfahrer 202107 2021, Eitempera auf Leinwand
10.03. - 02.06.2024

Transzendenz

Museum Kronberger Malerkolonie

Heinrich-Winter-Straße 4 a
61476 Kronberg im Taunus