Monströs wie Medusa, schön wie Aphrodite, treu wie Penelope – viele Frauen der antiken Mythologie sind vor allem durch Stereotype weiblicher Rollenbilder bekannt. Inspiriert von einem Boom aktueller Lesarten der Mythen wirft die Antikensammlung im Alten Museum auf der Museumsinsel Berlin einen neuen Blick auf Göttinnen und Heldinnen.
Antike Mythologie fasziniert bis heute: Medusa, Kirke, Medea und Persephone – Neuerzählungen der Geschichten mythologischer Frauen sind in Romanen für Jugendliche und Erwachsene zurzeit beliebt. Die vorwiegend weiblichen Autor*innen geben den mythischen Frauengestalten eine eigene Stimme. So entsteht ein Perspektivwechsel auf Geschichten, die bislang vor allem durch Autor*innen der männlich geprägten antiken Gesellschaft überliefert sind. Mythen können an das gesellschaftliche Umfeld angepasst werden: Die Deutung antiker Objekte ist so immer von unserem eigenen Blick abhängig. Die Sonderausstellung nähert sich ihren Protagonistinnen daher bewusst aus zwei Perspektiven: der antiken und der modernen. Im Zentrum stehen zwölf Frauenfiguren von den berühmtesten Göttinnen wie Aphrodite bis hin zu weniger bekannten Heldinnen wie Atalante. Lebensgroße Statuen, detaillierte Vasenbilder und kleine Schmuckstücke zeigen, wie man diese Frauen in der Antike darstellte und welche Geschichten ihre Bilder erzählen.
Die Bilder und die Mythen werden vor dem Hintergrund der antiken Lebenswelt betrachtet. Sie entstanden in einer grundsätzlich binär gedachten und männlich geprägten Gesellschaft mit entsprechenden Rollenbildern. Für Frauen bedeutete dies oft eine Unterordnung. Die mythologischen Frauenfiguren halten sich jedoch nur teilweise an diese Normen. In drei Themenbereichen geht die Ausstellung der Einordnung berühmter weiblicher Figuren in der Antike nach. Welche wurden als ‚Vorbilder‘ wahrgenommen und warum? Einige verhalten sich ‚wie es sein sollte‘ und verkörpern Treue, Sittsamkeit und Fruchtbarkeit. Doch drei der am meisten verehrten Göttinnen – Athena, Aphrodite und Artemis – überschreiten jede auf ihre Art bestimmte Normgrenzen und sind diesen offenbar nicht unterworfen. Was bedeutet es, wenn die nackte ‚Liebesgöttin‘ Aphrodite ein Schwert mit sich trägt? Handeln die Frauen jedoch zu weit jenseits weiblicher Rollennormen, werden sie zu negativen Gegenbildern gesellschaftlichen Verhaltens. Ein bekanntes Beispiel ist Medusa. Doch war sie wirklich nur das ‚Monster‘?
Die Ausstellung zeigt über die antiken Objekte hinaus auch deutungsgeschichtliche und zeitgenössische Perspektiven. Medusa wurde beispielsweise ab den 1980er-Jahren vom männermordenden Monster zu einem feministischen Vorbild. Die Ausstellung erlaubt einen aktuellen Blick auf Frauen im Mythos. Die antiken Bilder sind vielschichtig und haben bis heute eine hohe Aktualität.
„Göttinnen und Gattinnen. Frauen im antiken Mythos“ wird kuratiert von Annegret Klünker, Antikensammlung.
Zur Ausstellung erscheint eine Begleitpublikation im Kadmos Verlag.
Öffnungszeiten:
Dienstag - Sonntag: 10:00 - 18:00 Uhr
Montag: geschlossen
Weitere Informationen direkt unter: smb.museum